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Für sein beispielhaftes Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit erhielt der Vereinsvorsitzende Erich Reck, begleitet von seiner Frau und zwei Vertretern der burkinischen Partnerorganisation, 2014 von der burkinischen Botschafterin den höchsten Orden ihres Landes verliehen.

Ochsenhausen/Piéla – Es begann in einer anderen Welt vor über 40 Jahren: mit einer Spende und dem Ziel, eine Primarschule zu finanzieren, initiiert von der evangelischen Kirche vor Ort, mit evangelischen Missionarinnen und Krankenschwestern, die ein Krankenhaus in einem kleinen afrikanischen Ort namens Piéla unterhielten, das einzige weit und breit, in einem Ort mit einigen Tausend Einwohnern und vielen Tausenden im Buschland drumrum ohne Strom, fließend Wasser und Schulen. Das sollte sich ändern.

Es begann in einem Land in Westafrika, das Obervolta hieß, bitterarm aber friedlich war, trotzdem, dass rund 60 Ethnien in der ehemaligen französischen Kolonie zusammenleben, in einem Staat, der in den 80er Jahren nach einem Militärputsch in Burkina Faso, Land der Aufrechten, umbenannt wurde. Jetzt erhielt in diesem Ort diese Schule, mit der ein beispielhaftes Projekt begann, den Namen von Erich Reck, der vor 42 Jahren in Ochsenhausen Mitbegründer des Vereins „Schulen für Piéla“ war und vor vier Jahren mit 89 Jahren starb. Es ist die Ehrung eines Lebenswerks.

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Vor 40 Jahren hatte die Welt eine Ordnung. Sie war bipolar. Es gab Ost und West in gegenseitiger Abschreckung. Und es gab den reichen Norden und den armen Süden – und Menschen, die sich damit nicht abfinden wollten. Erich Reck war einer davon. Als der Förster 1980 von einem Besuch bei seinem Sohn, der mit dem Deutschen Entwicklungsdienst in einem Aufforstungsprojekt arbeitete, aus dem Sahel zurückkehrte, hatte ihn nicht nur das „Afrikafieber“ gepackt, sondern er war beseelt von der Idee, die wenige Jahre später als „Revolution der Barfüßigen“ erschien, jener Bericht an den Club of Rome, der Bildung als wichtigste Voraussetzung für Entwicklung beschrieb und Entwicklungshilfe als Kooperation von Basisorganisationen forderte, „die Barfüßigen“ sollten Akteure werden. 1982 war es so weit: Mitglieder der SPD Ochsenhausen und der Evangelischen Kirche gründeten den Verein „Schulen für Piéla“. Erich Reck wurde Vorsitzender eines Vereins, der sich alle zehn Jahre selbst auflöste, um dann mit erneutem Bekenntnis zum gemeinsamen Ziel seine Arbeit tatkräftig fortzusetzen. Bis heute.

Die Freude ist immer noch groß. Die evangelische Primarschule in Piéla, die für Kinder jeder Konfession zugänglich ist, ist der Anfang einer beeindruckenden Entwicklung, an der Erich Reck maßgeblich mitgewirkt hat. Nun wurde diese Schule postum nach dem Oberschwaben benannt. Fotos: privat

Vor zwei Jahren feierte der Verein, der inzwischen „Förderverein Piéla-Bilanga e.V.“ heißt, 40 Jahre ehrenamtliche Arbeit für „eine Welt“ und zog Bilanz: In den vier Jahrzehnten wurden weitere 30 Schulen in der Region und eine zentrale Wasserversorgung in Piéla gebaut, inzwischen eine Kleinstadt mit rund 15.000 Einwohnern. Mit weiteren unzähligen Kleinprojekten wie Gemüseanbau und Imkerei, die vorrangig Frauen fördern, summiert sich die Spendensumme in all den Jahren auf 2,5 Millionen Euro. Und weitere zwei Millionen Euro akquirierte der Verein für seine Projekte vom Ministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ).
Als Folge der Hilfe aus Oberschwaben konnten weit über 10.000 Kinder in der Region um Piéla-Bilanga zur Schule gehen, manche davon barfüßig. Eine gewaltige Leistung.

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Erwin Wiest, Bauingenieur und damals SPD-Ortsvorsitzender und heute Vorsitzender des Vereins, war Gründungsmitglied und erinnert sich an die Anfänge. In Piéla gab es zu Beginn eine windschiefe Mädchenschule aus Stroh, und in Ochsenhausen gingen Menschen in den Wald, um „Papierholz“ zu schlagen, um mit dem Erlös die Strohschule durch ein wetterfestes Schulgebäude aus Lehmziegeln zu ersetzten. Es gelang. Und es folgte die Primarschule, nach französischem Muster eine Art Hauptschule, die mit sechs Schuljahren abgeschlossen wird. Es begann mit drei Klassenräumen für rund 200 Mädchen und Buben. Als Erwin Wiest mit Erich Reck und weiteren Begleitern 1987 nach Piéla reisten, erlebten sie die unbändige Freude der Menschen über ihre Schule. Die Motivation war groß und das Engagement nicht minder. Und an Stelle der evangelischen Schwestern in Piéla, die anfangs die Partnerinnen vor Ort waren, organisierte sich zum Verein in Oberschwaben das afrikanische Pendant als Association Piéla-Bilanga (APB),  die Partnerorganisation wickelt ab, was gemeinsam beschlossen wurde. So wurde die Primarschule in Piéla kontinuierlich ausgebaut und erweitert. Inzwischen besuchen rund 600 Kinder die Privatschule, ausgestattet mit Lehrerwohnungen, einem eigenen Brunnen und einem Schulgarten. Die acht LehrerInnen werden vom Schulgeld und mit staatlicher Förderung bezahlt. Der Zeit und dem Bedarf folgend gibt es seit 2021 auch drei Vorschulklassen. Die Räumlichkeiten für 100 Kinder und die Anschaffung von Spielgeräten wurden ebenfalls aus der Vereinskasse finanziert. Insgesamt investierte der Verein bisher rund eine Viertelmillion Euro in sein Vorzeigeprojekt. Die Schule sei „ein kleines Paradies“, schwärmt Erwin Wiest. Es ist ein Erfolgsmodell, dessen Früchte bedroht sind. Denn die Welt hat sich dramatisch verändert.

Afrikanischer Alltag: Frauen bewältigen den Großteil und wenn nötig mit akrobatischer Anstrengung. Erdbeeren für den Markt.

Burkina Faso war über Jahrzehnte ein Land, das wenig Schlagzeilen lieferte. Die gelegentlichen Putsche waren Sache des Militärs, das Leben ging weiter. Es gab die Toleranz zwischen den Ethnien und den Religionen. Die Menschen und das Land waren friedlich. Der Staat war schwach, aber stabil. Davon kann keine Rede mehr sein. Die staatliche Macht ist auf einem Drittel des Landes nicht mehr existent, davon betroffen sind die ländlichen Regionen so auch die Region Piéla-Bilanga. Es herrschen bewaffnete Banden, die motorisiert auftauchen, Angst und Schrecken verbreiten, und wieder verschwinden. Sie werden als „nicht identifizierbare“ Gruppen bezeichnet, ebenso diffus ist die Situation und von Region zu Region auch unterschiedlich. Im Norden des Landes, das in etwa so groß ist wie Deutschland, infiltrieren marodierende Dschihadisten aus Mali die Grenzregion, brutal und blutig fordern sie das Militär heraus, das schlecht ausgerüstet Verluste zu beklagen hat und demotiviert erscheint. Im Osten, wo Piéla und Bilanga sich befindet, grenzt Burkina Faso an Niger an. Große Gebiete sind „Busch“, das Rückzugsgebiet für die Banden, deren Zusammensetzung „nicht identifizierbar“ ist. Aber es sollen, laut offizieller Einschätzung, 80 Prozent der Bandenmitglieder sich aus dem Land selbst rekrutieren. Was auf Armut, soziale Unzufriedenheit und fehlende Perspektiven schließen lässt. Der Weg durch die Wüste und übers Mittelmeer wäre die Alternative. Die Forderungen der „Unidentifizierbaren“ greifen zwar islamistische Inhalte auf, wie die Verschleierung der Frauen, was aber nicht konsequent durchgesetzt wird, ebenso fehlt ein politisches Programm und es fehlen auch erklärte Führer als mögliche Verhandlungspartner. Und während in Bilanga und Piéla weiterhin Schulunterricht stattfindet, sind die Schulen im Umland verwaist, die Lehrer und Schüler sind geflohen. Die Zahl der Binnenflüchtlinge ist immens, in Piéla übersteigt ihre Zahl die der Einwohner. Hunger droht und es fehlt vor allem an Trinkwasser. Es ist latenter Terrorismus, der die Menschen einschränkt und verängstigt, aber dennoch hoffen sie und bleiben. Und die Mitglieder der Association (APB) wollen auch an ihren Projekten weiterarbeiten. Wie kann das gehen?

Viele kleine Leute 
in viele kleinen Orten,
die viele kleine Dinge tun,  
können das Gesicht
der Welt verändern.

Es ist das Motto des Fördervereins Piéla-Bilanga e.V. in Ochsenhausen, der vor zwei Jahren sein 40-jähriges Bestehen feierte. Das Motto beschreibt eine beispielhafte Erfolgsgeschichte, deren Fortsetzung vom Vorstand hier und dessen afrikanischen Partnern dort gewollt wird – trotzdem, dass viele kleine Orte in Burkina Faso, in Westafrika, von Banden bedroht werden, und viele kleine Leute deshalb um ihr Leben fürchten. „Wir lassen unsere Freunde nicht im Stich“, sagte Erwin Wiest, Vorsitzender des Vereins, bei der Jubiläumsveranstaltung in Ochsenhausen. Eine Botschaft, die die beiden Gäste aus Piéla Esther Tiabonou und Josue Ouoba erfreut mit nach Hause nahmen. Eine Geschichte über eine Vision, die Hilfe brachte und Freundschaft schuf – in einer Welt, die vieles in Frage stellt. Erich Reck suchte nach Antworten – und handelte.

„École primaire privée EE/SIM Hambili Erich Reck de Piela“ lautet das Namensschild der Schule: Erich-Reck-Primarschule Piéla der Evangelischen Kirche. „Hambili“ entstammt der lokalen Sprache und bedeutet: „aus der Gnade Gottes“. 

Zum Interview mit Erwin Wiest

www.piela-bilanga-ochsenhausen.de

Autor: Roland Reck



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