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Koch und Küchenmeister Julius Reisch (links) und sein Küchenteam.

Schwendi – Auf dem Land ist der Sternenhimmel besonders schön zu sehen. Und nun gibt es auch ein Sternelokal im Landkreis Biberach. In diesem Jahr erhielt Julius Reisch für seine Kochkunst im „Esszimmer“ den begehrten Michelin-Stern. Ein Besuch in Schwendi beim Sternekoch und seiner Familie auf dem Land.

Während ich im Foyer des Hotels Oberschwäbischer Hof ein paar Minuten auf den Interview-Termin warte, höre ich noch die letzten Bestellungen mit, die der Küchenmeister für die nächsten Tage aufgibt. Es geht vor allem um Fisch aber auch um Spargel. Freundlich, in ruhigem Ton bestellt Julius Reisch kiloweise Muscheln und andere Meeresfrüchte und präzisiert seine Wünsche. „Ja, es muss Wildspargel aus den Pyrenäen sein“, beharrt er. An der Rezeption sitzt Vater Elmar, der seit 1998 mit seiner Frau das Hotel an der Hauptstraße des 6700-Einwohner-Ortes betreibt und der noch immer für die Führung des Hotelbetriebs zuständig ist.
Seit drei Jahren arbeitet Julius Reisch wieder in heimischen Gefilden. „Zuvor war ich im Schwarzwald“, erzählt der Dreißigjährige beiläufig und kommt dann zum Wesentlichen. Der Koch und Küchenmeister erklärt die beiden Restaurant-Konzepte im Haus: „In der Lazarus-Stube gibt es gutbürgerliche, regionale Küche. Zum Beispiel Kutteln oder den berühmten Zwiebelrostbraten meines Vaters. Das ‚Esszimmer‘ ist mein Baby. Es heißt zwar schon immer so, aber ich biete nun von Mittwoch bis Samstagabend zwei Menüs an. Eines mit Fisch oder Fleisch und ein vegetarisches. Wobei das vegetarische Menüs ganz eigenständig ist, nicht wie oft üblich die abgespeckte Version des anderen.“ Rund ein Drittel der zwanzig Gäste, die im klassisch-schlicht eingerichteten Raum Platz finden, entscheiden sich für das vegetarische Menü. Die Leidenschaft des Kochs gehört, da lässt er keine Zweifel zu, Fisch, Krusten- und Schalentieren. Das mag den dreieinhalb Jahren geschuldet sein, die er auf Sylt gearbeitet hat. „Meerestiere koche ich extrem gerne. Es ist großartig, so ein komplettes Tier auf dem Brett liegen zu haben und zubereiten zu können.“ Bei diesen Tieren handelt es sich um Kaisergranaten von den Faroer-Inseln, französische Bouchon-Muscheln, aus dem Rhein geangelten Zandern oder in Dietenbronn groß gewordenen Forellen.

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Das Esszimmer bietet ein zugleuch uriges als auch stilvolles Ambiente.

Schon früh half er im elterlichen Betrieb mit, um das Taschengeld aufzubessern. Schule war nicht sein Ding, er ist Praktiker. Anders als sein Bruder, der in Paris lebt und bei der OECD arbeitet. Nach seiner Ausbildung und zehn Jahren in Sterneküchen beschäftigt, kehrte Julius Reisch nach Schwendi zurück und übernahm die kulinarische Leitung. Der Vater stellt das klassische weiße KPM-Porzellan und die edlen Salto-Gläser.
Reischs Frau Anna-Maria (27) kommt aus dem Münsterland und ist gelernte Hotelfachfrau und Sommelière. Das Paar hat in Schwendi ein altes Haus gekauft. „ Der Sonntag ist unbedingt frei“, erklärt Reisch. Was für ihn heißt, dass er sonntags im Garten arbeitet.
Er ist zielstrebig und arbeitete auf den Michelin-Stern hin. Die Tester reservieren unter anderem Namen, um unerkannt zu bleiben. Die Freude war groß, als Anfang des Jahres eine Mail des Guide Michelin nach Karlsruhe zur Sternevergabe einlud. Sein Sous-Chef Johann Seiringer, ein Österreicher, erfuhr als erster davon. Als der Küchenmeister zusammen mit seiner Frau mit dem Stern zurückkam, wurde zusammen mit dem Team eine schöne Flasche Champagner getrunken. Das Team besteht aus vier Festangestellten, drei Azubis, vier Personen im Zimmerservice, Julius und Anna-Marie sowie den Eltern.

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Julius Reisch mit Michelin-Stern auf der frisch bestickten Kochjacke. Foto: Andrea Reck

Es war nicht die erste Auszeichnung für den jungen Koch, 2021 ernannte ihn der Gusto Gourmet-Führer zum Newcomer des Jahres. Der Restaurantführer der jungen Spitzenköche „Jeune Restaurateurs“ nahm ihn 2022 auf. Aber jenseits der Auszeichnungen drücken ihn wie viele seiner Kollegen auch ganz banale Sorgen. Er bedauert, dass seit acht Jahren im Betrieb keine Bewerbung einer Servicekraft mehr eingegangen ist. Dabei stecke so viel Potenzial in diesem Beruf, der früher als „Teller-Taxi“ betrachtet wurde. Es gibt verschiedene Zusatzausbildungen, etwa zum Sommelier. Fachwissen sei schon notwendig erklärt Reisch: „Wir haben immerhin 400 Positionen Wein auf der Karte.“ Die teuerste Flasche kostet übrigens 1800 Euro.
Erwartungsgemäß hat ein Abend im „Esszimmer“ seinen Preis. 250 Euro für ein volles Menu inklusive Amuse Gueule, dem appetitanregenden Häppchen, Aperitif und Café. Auch eine Wein Begleitung ist inkludiert. „Wenn Sie in ein Konzert gehen, suchen Sie sich ja auch den Künstler aus“, erklärt Reich. „Wenn wir ein Gericht erschaffen, kommen Geruchs- und Geschmackssinn voll auf ihre Kosten.“ Kochkunst eben! Die Gäste genießen den Aufenthalt üblicherweise von halb sieben bis halb elf.
Der ambitionierte Koch, der sich zum preisgekrönten Küchenchef entwickelt hat, ist ganz bodenständig geblieben. Gefragt nach seinem Lieblingsgericht antwortet er ohne zu zögern: „Linsen mit Spätzle“.
www.oberschwaebischer-hof.de. Unbedingt reservieren! 

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Autorin: Andrea Reck



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