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Andreas Denzel (mitte links) übergibt an seinen Nachfolger Philipp Bürkle.

Ochsenhausen – Glücklicherweise steht die Stadt nicht Kopf, weil kein Kandidat Ende Juni den Einzug ins Rathaus geschafft hätte. Dem ist nicht so. Aber dafür wird die Nackenmuskulatur beim Betrachten der Bilder gefordert, die für die diesjährige Große Sommerausstellung im Fruchtkasten zu bestaunen sind. Alle stehen Kopf!

Zur Politik: Bei der Bürgermeisterwahl am 25. Juni wurde Philipp Bürkle (CDU) mit 68,44 Prozent der Stimmen bereits im ersten Wahlgang zum Nachfolger von Andreas Denzel gewählt. Der 32-Jährige gebürtige Bad Wurzacher hat Kommunalpolitik von Kindesbeinen miterlebt als Sohn des ehemaligen Bürgermeisters von Bad Wurzach und der amtierenden Landrätin in Sigmaringen Stefanie Bürkle. Auf seine Mitbewerber Samuel Kneer entfielen 22,65 Prozent und Rupert Metzler erreichte 8,62 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 50,38 Prozent, was bei Bürgermeisterwahlen überdurchschnittlich hoch ist. Ochsenhausen, in dem mit seinen Teilorten 9.350 Menschen leben, wurde 24 Jahre vom parteilosen Bürgermeister Andreas Denzel geleitet. Der 62-Jährige war nicht mehr angetreten und wird Ende August sein Amt übergeben.
Doch so eindeutig wie das Wahlergebnis ausfiel, verlief die Wahl dann offenbar doch nicht. Ein paar BürgerInnen schüttelten den Kopf. Und die Schwäbische Zeitung wusste von einem Bewohner des Ortsteils Laubach zu berichten, bei dem die beantragten Briefwahlunterlagen zur Bürgermeisterwahl in Ochsenhausen nicht angekommen seien, ebenso wie bei Bekannten von ihm. Von 6987 Wahlberechtigten hatten 1211 Personen die Briefwahl beantragt. 1087 Personen haben Gebrauch von ihrem Wahlrecht per Briefwahl gemacht und die Unterlagen fristgerecht ans Rathaus zurückgeschickt. 27 Personen haben beim Rathaus gemeldet, dass angeforderte Wahlscheine nicht angekommen seien, wie Hauptamtsleiterin Ulrike Bosch bestätigt. Die Stadt hatte den Briefdienst Südmail von Schwäbisch Media mit dem Versand beauftragt. Dessen Leiter wird zitiert: „Alle Sendungen, die nicht zustellbar sind, laufen mit Bar-code wieder zurück ins Briefzentrum.“ Natürlich habe es durch die Briefwahl eine gewisse Häufung gegeben, die an manchen Tagen dazu geführt hätte, dass Zusteller viel zu tun hatten. Was er mit großer Wahrscheinlichkeit – jedoch nicht zu 100 Prozent – ausschließen könne, seien Fehleinwürfe. Eine eindeutige Erklärung gibt es für die fehlenden Unterlagen nicht, Aufklärung tut Not.

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London – New York – Ochsenhausen

Zur Kultur: Im Fruchtkasten, Ochsenhausens renommierten Ausstellungsort, stehen die Figuren Kopf. Ihr noch immer für Provokationen aller Art zu habender Schöpfer will es so. Ein „Junger Wilder“ war er mal. In diesem Jahr wurde Georg Baselitz 85 Jahre alt, doch von Altersmilde keine Spur. Nachdem bei der 25. Großen Sommerausstellung 2022 mit Chagall, Miró und Picasso die klassische Moderne gefeiert wurde, nun ein Kontrastprogramm. Während sich nach dem Zweiten Weltkrieg viele Künstler der Pop Art und der Arte Povera zuwandten, belebte Baselitz den von den Nationalsozialisten ausgegrenzten deutschen Expressionismus wieder und gab der menschlichen Figur ihre zentrale Stellung in der Malerei zurück. Geboren als Hans-Georg Kern wuchs Georg Baselitz in Deutschbaselitz in der späteren DDR als Sohn eines Lehrers auf. Im Jahr 1950 zog die Familie nach Kamenz, wo der Sohn das Gymnasium besuchte.
In einem Interview beschreibt Baselitz 2017, wie er in seiner Jugend den Drang verspürte aufzufallen, nachdem er sich von seinen Gleichaltrigen außen vor gelassen fühlte. Zunächst probierte er sich in der Musik am Klavier, dann in der Dichtung, bevor er schließlich die Malerei für sich entdeckte. 1956 begann Baselitz sein Studium der Malerei an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Ostberlin. Nach zwei Semestern wurde er wegen „gesellschaftspolitischer Unreife“ von der Hochschule verwiesen. Er setzte sein Studium in West-Berlin an der Hochschule für Bildende Künste (heute Universität der Künste Berlin) fort. Bei seiner ersten Einzelausstellung 1963 wurden seine Gemälde „Der Nackte Mann“ und „Die große Nacht im Eimer“ von der Staatsanwaltschaft als obszön bezeichnet und beschlagnahmt. Sechs Jahre später malte Baselitz sein erstes auf dem Kopf stehendes Gemälde mit dem Titel Der Wald auf dem Kopf.
Von 1975 bis 2006 lebte Baselitz im niedersächsischen Schloss Derneburg. Er arbeitete als Dozent für Malerei an den Kunstakademien Karlsruhe und Berlin. Das Image vom unbeugsamen Rebell behielt Baselitz und gefiel sich in Provokation. So wiederholte er mehrfach, Frauen könnten nicht malen, was sich an den niedrigen Preisen widerspiegle, die ihre Gemälde auf dem Kunstmarkt erzielten. Die Documenta bezeichnete er einmal als „Paralympics“. Georg Baselitz schuf neben Gemälden auch gigantische Figuren aus Holz. Weltweit werden seine Werke ausgestellt. Seite zehn Jahren lebt der Sachse mit seiner Frau in Salzburg.
Wie üblich in Ochsenhausen war die Vernissage am 2. Juli sehr gut besucht. Für den scheidenden Bürgermeister Andreas Denzel, war es die 123. Ausstellung, die er in verschiedenen Einrichtungen Ochsenhausens eröffnen durfte. Und seine letzte, was für gemischte Gefühle sorgte, wie er gestand.
Die Einführung bestritt Winfried Haid von der Galerie Signum in Heidelberg, der die Ausstellung realisiert hatte. „Anlässlich des 85. Geburtstags von Georg Baselitz 2023 finden in diesem Jahr Ausstellungen statt in Wien, München, London, New York – da darf Ochsenhausen nicht fehlen“, betonte der Experte. Er sei recht schwierig gewesen, so viele hochkarätige Werke in den Fruchtkasten zu bekommen. Er dankte daher den internationalen Leihgebern, die es ermöglichten, Bilder aus unterschiedlichen Schaffensperioden zu zeigen. Besonders hob er die Mappe Adler, Baum und Frau am Fenster hervor sowie die 2018 entstandene Mappe Devotion Suite, die so umfangreich in Deutschland noch nicht gezeigt wurde. Baselitz bearbeitete hier Selbstportraits von Kunstschaffenden wie Kirchner, Heckel und Dix. Baselitz, von dem auch einige Aufnahmen der renommierten Fotografin Barbara Klemm ausgestellt sind, ging es Heid zufolge nicht nur um Konfrontation. Er arbeitete stets an neuen kreativen Einsichten und Techniken. „In der Motivumwandlung hinterfragt Baselitz unsere Sehgewohnheiten“, erklärt Heid die auf den Kopf gestellten Motive. In der Serie Remix reflektiere er seit Mitte der 2000er Jahre sein eigenes Werk und beschäftige sich in den letzten Jahren verstärkt mit dem Thema Alter.
Kathrin Käppeler, neue Leiterin des Amts für Bildung, Betreuung und Kultur bei der Stadt Ochsenhausen, die ihrem anwesenden Vorgänger Schmid-Sax und dem ganzen Team dankte, will neue Impulse setzen, kündigte sie bei ihrer ersten Eröffnung einer Ausstellung an. Sie freue sich, dass ihr Weg und der von Bürgermeister Denzel sich noch gekreuzt haben und überreichte ihm eine symbolische Dauereintrittskarte für den Fruchtkasten.
Für die musikalische Begleitung hatte Kihang Lee, ein junger Gitarrist von der Städtischen Jugendmusikschule, Variationen eines italienischen Komponisten zu einem Werk Goyas gewählt.
Ein wenig rätselhaft bleibt die Gestaltung des Flyers. Wer das vielschichtige Werk Baselitz‘ nicht kennt, dürfte sich durch die Abbildungen nicht unbedingt zu einem Besuch im Fruchtkasten animieren lassen.
Info: www.tourismus-ochsenhausen.de. Die Ausstellung läuft bis 8. Oktober. Eintritt 7.50 €.

Autorin: Andrea Reck

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