Bad Waldsee – Warum empfiehlt der „Regional-verband Bodensee Oberschwaben“ bisher keine Windtürme in der Adelegg? Nur eine von vielen Fragen, auf die die Planungsfachleute des Verbands am 22. November im „Haus am Stadtsee“ in Bad Waldsee antworteten, bevor beschlossen wurde. Diesen Vorschlägen soll die Verbandsversammlung dann am 8. Dezember zustimmen. Ab Januar 2024 stehen dann Bürger-Informations-Veranstaltungen an. Etwa am 17. Januar in Weingarten. Das Ziel: Rechtsverbindlichkeit der Planung bis September 2025.
„Regionalverband Bodensee-Oberschwaben“. Dazu gehören 87 Gemeinden in den drei Landkreisen Sigmaringen, Bodensee und Ravensburg. Laut Bundesregierung sind absehbar 1,8 Prozent der Landesfläche für Windkraftwerke frei zu geben. Wo? Das soll der Regionalverband festlegen. Der teilt jetzt mit: Auf 89 Prozent der Landesfläche im Verbandsgebiet mag er keine Windkraftwerke. Die restlichen elf Prozent dampften die Fachleute inzwischen auf 2,4 Prozent ein. Wo, erfuhr der Planungsausschuss des Regionalverbands am 22. November in Bad Waldsee. Öffentlich.
Schwierige Aufgabe. „Meist haben wir Kritik geerntet“, berichtete Verbandsdirektor Wolfgang Heine. Damit am Ende aber tatsächlich nicht weniger als die vorgeschriebenen 1,8 Prozent übrigblieben, hatten die Planungsbüros des Verbands bis 22. November noch zwei weitere „Vorrangflächen“ in ihre Vorschlagsliste aufgenommen: 235 Hektar im Wald „Aitrach West“ und rund 26 Hektar bei Alttann. Der leitende Planer Rainer Beuerle begründete dies auch mit der dort eher zustimmenden Bevölkerung. Wolfgang Heine bat denn auch darum „jetzt nicht ohne Not die Kulisse der Vorranggebiete herunter zu schrauben.“ Heine: „Was wir Ihnen heute zeigen, ist die Offenlage“ für den 8. Dezember. 62 Prozent der „Vorrangflächen“ für Windkraft sollen sich im Kreis Sigmaringen ausbreiten, 35 Prozent im Kreis Ravensburg und vier Prozent im Bodenseekreis.
Streichungen aus der Liste der „Vorranggebiete“ gab es bei Leibertingen im Kreis Sigmaringen und im Kreis Ravensburg, etwa die „Grabener Höhe“ bei Bad Wurzach, nahe Haisterkirch, Molpertshaus sowie der „Hummelukenwald“ zwischen Arnach, Eintürnen und Ziegelbach. Begründung: das Wurzacher Ried. Die stellvertretende Verbandsdirektorin Nadine Kießling erklärte: „Wir haben eine Abgrenzung entlang des Wurzacher Beckens vorgenommen.“ Zu Recht? Dazu wurde der Europarat gefragt. Die Antwort von dort soll im Frühjahr 2024 vorliegen.
Ulrich Walz (Grüne) wollte wissen, „weshalb die windstärksten Gebiete so schwach drin sind“. Walz: „Das reicht nicht für das Potenzial, das wir brauchen.“ Isny Bürgermeister Rainer Magenreuter stimmte seinem Ausschusskollegen Ulrich Walz zu. „Ich kann den Antrag der Grünen verstehen“, denn „es geht ja um das Grundsatzziel der Energiewende“. Deshalb müsse die Frage beantwortet werden: „Wie können wir mehr Vorrangflächen ins Verfahren nehmen? Weniger werden‘s ja sowieso.“
Isnys Bürgermeister sprach dabei die Adelegg an. Dort gäbe es zwar „starke Verwirbelungen“, aber ein Experte habe Magenreuter wissen lassen, das schließe Windtürme auf der Adelegg nicht ganz aus. Leutkirchs Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle bestärkte Magenreuter. Henle riet, dort „vertieft zu untersuchen“. Widerspruch von der stellvertretenden Verbandsdirektorin Nadine Kießling. Die Adelegg habe „ein schwieriges Relief“, was die Erschließung erschwere. Auf der Adelegg befinde sich auch ein „europäisches Vogelschutzgebiet“, Kießling warnte deshalb vor einer „Kumulation von Konflikten“.
Warnende Worte ebenso von Alt-Bürgermeister Roland Bürkle aus Bad-Wurzach: „Wir haben uns Kriterien gegeben“, diese könnten „eine gewisse Akzeptanz bei der Bevölkerung“ schaffen. Bürkle: „Wir sind ja nicht im rechtsfreien Raum“, würden die Kriterien aufgeweicht, „haben wir vielleicht am Schluss gar nix“.
Schließlich stimmten die Ausschussmitglieder einstimmig für die Vorlage der Regionalverbands-Verwaltung. Also für die Empfehlung zur Annahme an die Verbandsversammlung am 8. Dezember 2023. Versammlungsleiter Thomas Kugler (Pfullendorf) nannte das ein „gutes Zeichen“. Kugler: „Wir haben im neuen Jahr im ersten Quartal die Offenlage“ mit noch etlichen Beratungsmöglichkeiten bis September 2025. Das Ziel: „Flächen mit vielen Anlagen schaffen“, wie es Rainer Beuerle beschrieb.
Oben und Unten
Nirgendwo im Ländle sollen mehr Windräder gebaut werden als im Altdorfer Wald, nach aktuellem Planungsstand sind es 39. Was sagen die Planungs-Fachleute im Regionalverband Bodensee-Oberschwaben derzeit dazu? Nadine Kießling, die stellvertretende Verbandsdirektorin, erklärte dem Planungsausschuss am 22. November in Bad Waldsee, sie erkenne zwischen Wasser-Schutz und Windkraft keinen wirklichen Widerspruch. Denn Trinkwasserquellen befänden sich meist unten im Tal, Windtürme dagegen oben auf den Höhenrücken. Wie lassen sich aber Gefahren fürs Trinkwasser durch Windkraft vermeiden? Da verwies Kießling auf die Antragsteller von Windkraftanlagen: „Die Projektierer müssen die Unbedenklichkeit nachweisen.“
Autor: Julian Aicher