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Mit Spruchbändern und Sprechchören protestierten über 600 Menschen friedlich gegen Israels Krieg im Gaza. Foto: Martin Lang

Ravensburg – Laut ging es bei der Demonstration gegen den Krieg in Gaza in Ravensburg am 20. September zu, initiiert von Menschen christlichen, islamischen, jüdischen Glaubens und ohne Religionsbindung. 

Über 600 meist junge Teilnehmer, viele aus den arabischen Nachbarländern Israels, prägen die Stimmung. Manchmal etwas beängstigend. Doch sie alle haben Eltern, Verwandte in den Nachbarländern Israels, erfahren über sie von der täglichen Gewalt der israelischen Armee. „Unsere Eltern kämpfen seit 1948 gegen ihre Vertreibung, gegen den Raub ihres Landes durch die militanten Siedler“, erzählt einer. Das gab der Demonstration eine wutgeladene, manchmal auch hasserfüllte Stimmung, die sich auch in den Transparenten niederschlug: „bombing kids is not self-defence  / ‚nie wieder‘ geschieht in Gaza /  stoppt den Völkermord in Gaza / Deutschland finanziert  Israel bombardiert“. Als der Versammlungsleiter Slogans vorliest, die nicht erlaubt sind, wie „Tod den Juden, Tod Israel“ ruft einer „Warum?“. Was Martin Lang vom Gaza-Bündnis fordert, wäre für ein bürgerlich-konservatives, ja auch liberales Publikum, vermutlich eine Provokation. Bei den jungen Teilnehmern mit Migrationshintergrund aber hat diese Sprache jene Authentizität, jene moralische Empörung, die sie in der Politik vermissen. Beim Autor dieser Zeilen, politisiert in der rebellischen 68er Studentenbewegung, ruft sie Reminiszenzen wach. Damals war es das Schweigen zum entsetzlichen Vietnam-Krieg, der unseren Aufschrei brauchte. 

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Im Stadtbach, der durch die Altstadt von Ravensburg fließt, stehen etliche Paare Kinderschuhe – es fehlen die Kinder. Eine stille, berührende Kunstaktion eines Menschen, der, wie er sagt, seit vielen Jahren in diesem Land lebt, aber aus einem anderen Kulturkreis kommt. Seinen Namen möchte er nicht nennen, weil er Repressionen fürchtet. 

Martin Lang sagte: „Ihr mit euren feinen Anzügen verratet täglich alle Werte, die die Menschen sich nach den letzten Kriegen erstritten haben. Ihr dient nur dem Kapital. Wir bitten nicht, wir fordern Mitgefühl. Wir fordern die konsequente Verfolgung der Kriegsverbrecher. Das Mindeste ist ein Waffen- und Rüstungsembargo. ‚Der Tod darf nicht länger ein Meister aus Deutschland sein.‘“ Paul Celans „Todesfuge“ als ganze rezitiert, hätte der Demonstration Momente der Trauer, der Tiefe gegeben. Martin Lang fordert, die Einfuhr israelischer Produkte zu verbieten bzw. sie zu boykottieren, die unter unsäglichen Bedingungen in den besetzten Gebieten hergestellt werden. 

Wieder und wieder aber das kollektive Gebrüll von „free free Gaza / free free Palestine“ und, auf Arabisch: „Israel Mörder“. Es wird ein eindimensionales, ein quasi dämonisiertes Bild von Israel präsentiert. Doch in diesem Israel gibt es Soldaten und Soldatinnen, die den Kriegsdienst verweigern und ins Gefängnis gehen, eine kluge, eine vehemente Opposition, in der viele ihren Job riskieren, ja mit dem Tod bedroht werden. In der jüdischen Diaspora gibt es Stimmen wie den US-amerikanischen linken Politiker Bernie Sanders, einen der wichtigsten Köpfe der amerikanischen Intelligenzia wie Noam Chomsky, die die Netanjahu-Regierung mit ihrem Traum von einem groß-israelischen Reich bekämpfen. Und sie kamen nicht vor in dieser Demonstration.

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Doch dann noch ein berührender Moment. Der 16. Oktober ist Weltkindertag.
Majeed aus Syrien (auch er möchte seinen Nachnamen aus Angst vor Repressionen nicht nennen) zitiert Kinderwünsche aus Gaza. „Ich möchte sterben und in den Himmel kommen, weil es dort immer etwas zu essen gibt.“ Sieben Kinder sterben an einem Tag in Gaza. Die Zahlen haben Namen, fügt Majeed hinzu. Muhamed und Hakima, Aleyna und Aliya …
Vor wenigen Tagen ging ein Video aus Gaza durchs Netz. Ein Bulldozer räumte mit den Trümmern zerbombter Häuser zwei Kinderleichen weg, die darunter lagen.

Autor: Wolfram Frommlet



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