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Dr. Susanne Kimmig-Völkner bei ihrem Vortrag in Baltringen. Foto: Reck

Baltringen / Mühlhausen – Welche Rolle spielte der Kirchenkritiker Martin Luther beim „Bauernkrieg“ vor 500 Jahren? Das ist noch immer eine kontrovers diskutierte Frage. Zweifelsfrei ist, dass seine „Lutherbibel“ in deutscher Sprache durch die technische Revolution des Buchdrucks eine immense Verbreitung und enorme Wahrnehmung erfuhr. Nicht anders seine Schrift „Von der Freyheith eines Christenmenschen“, erschienen 1520. Darin heißt es: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan.“ Eine Feststellung, die sich auch in den Zwölf Artikeln der Bauern wiederfindet. Dennoch: Luther nutzte die „Bluttat von Weinsberg“, wo aufständische Bauern am 17. April 1525 den Grafen Ludwig von Helfenstein und einige seiner Gefolgsleute durch die Spieße jagten – was ein einmaliges Vorkommnis darstellte im Unterschied zu den tausenden zu Tode malträtierten Bauern – zu einer blutrünstigen Verbalattacke gegen die „mörderischen Rotten der Bauern“. Luther untersagte dem Landvolk, sich bei seinem Aufstand auf ihn zu berufen, und forderte den Adel auf, mit aller Härte gegen die Bauern vorzugehen. „Man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss.“ Das ist harter Tobak! Darüber sprach BLIX mit der promovierten Historikerin Susanne Kimmig-Völkner, die Direktorin der Mühlhäuser Museen war Gastrednerin am 16. November letzten Jahres zur Eröffnung der Ausstellung „Köpfe des Bauernkriegs“ in Baltringen.

Martin Luther wie ihn Lucas Cranachs des Älteren 1528 porträtiert hat. Sammlung Lutherhaus Wittenberg.

Frau Kimmig-Völkner, welche Rolle spielte Martin Luther und welche Bedeutung hatte er bei der Erhebung der Bauern?

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Martin Luthers Rolle ist die, dass er die Reformation in Gang setzte. Er selbst positionierte sich deutlich gegen die Aufstände der Bauern und verurteilte sie scharf.

Welche Bedeutung hatte Luthers Bibelübersetzung?

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Diese hatte für den Bauernkrieg nur eine indirekte Bedeutung. Er übersetzte die Bibel erstmals aus dem Griechischen und Hebräischen ins Deutsche. Durch den Buchdruck war diese Bibelausgabe für eine große Zahl an Menschen zugänglich geworden.

Luthers Schrift „Von der Freyheith eines Christenmenschen“ erschien 1520. Darin heißt es unter anderem: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan“. Das findet sich wieder in den „Zwölf Artikeln“. Kann Luther nicht als geistiger Vater für die Bauern gelten?

Das ist vielleicht zu weit gegriffen. Auch Zwingli arbeitete mit der Idee von der christlichen Freiheit, hatte aber sicherlich direkteren Kontakt zu den Aufständischen als Luther. Außerdem macht Luther im Nachgang klar, dass sein Freiheitsbegriff das Tun der Bauern nicht meint. Er fordert von ihnen vor allem Gehorsam gegenüber den Herrschenden. 
Nach der „Weinsberger Bluttat“ distanzierte sich Luther nicht nur von den Bauern, sondern forderte brutale Gewalt gegen sie, damit machte er sich zum Handlanger des „Bauernjörg“. Warum?

Handlanger ist vielleicht zu scharf formuliert. Tatsächlich gilt aber Luthers Position zum Bauernkrieg als grundsätzlich den Herrschenden zugeneigt. Er rechtfertigte zugleich die gewaltsame Niederschlagung der Bauernaufstände durch die Truppen des Adels.

Wie viel Theologie und wie viel Machtopportunimus wegen seiner Abhängigkeit vom Adel steckt in Luthers Positionierung?

Das ist eine Frage, die in der Forschung nach wie vor diskutiert wird. Grundsätzlich sind Luthers Schriften natürlich theologischer Natur. Er argumentiert immer unter Berücksichtigung der Bibel. Daraus nimmt er auch seine Ansicht, dass die Machtposition des Adels unantastbar ist. Die weltliche Ordnung sei eine von Gott gegebene und kann daher nicht angezweifelt und einfach geändert werden. Inwiefern Opportunismus zur den Ausführungen führte, kann nur gemutmaßt werden. 

Wie sehr hat Luthers Haltung zur Schwächung der Bauern beigetragen?

Wahrscheinlich wäre der Bauernkrieg nicht wesentlich anders abgelaufen. Die Bauernvereinigungen waren grundsätzlich materiell und personell im Nachteil. Die Argumente wären vielleicht andere gewesen. Grundsätzlich sollte nicht vergessen werden, dass es vor allem um Fragen der Macht und der Ökonomie ging. Die Reformation begünstigte das Zustandekommen der Aufstände, sie war aber nur teilweise Gegenstand der Forderungen.

Autor: Roland Reck



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