Skip to main content
Langjähriger geistlicher Begleiter

Die Blutreitergruppe Michelwinnaden-Lippertsweiler trauert um Diakon Klaus Maier



Foto: RR-Archiv
Unser Archivbild stammt aus dem Jahre 2009. Es zeigt Diakon Klaus Maier inmitten „seiner“ Blutreitergruppe. Gruppenführer war damals Hermann Lemmle (mittlere Reihe, Fünfter von rechts). Der heutige Gruppenführer Paul Hepp ist auf dem Bild in der oberen Reihe rechts zu sehen. Die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründete Gruppe besitzt zwei Standarten und zwei Fahnen. Die Standarte aus dem Gründungsjahr zeigt auf der Vorderseite die Michelwinnader Pfarrkirche St. Johannes Evangelist. Auf der Standarte aus dem Jahre 1977 ist die Michelwinnader Burg zu sehen. Bei der Beerdigung von Diakon Klaus Maier war die Blutreitergruppe mit Standarten und Fahnen am Grab vertreten.

Michelwinnaden (rei) – Diakon Klaus Maier, der am 14. Juni im Alter von 76 Jahren gestorben ist, war über drei Jahrzehnte der geistliche Begleiter der Blutreitergruppe Michelwinnaden. 31 Mal – von 1982 bis 2012 – nahm er am Blutritt in Weingarten als Vorbeter der Gruppe hoch zu Ross teil. 2013 wurde Klaus Maier zum Ehrenmitglied der Blutreitergruppe Michelwinnaden-Lippertsweiler ernannt.

„Er war mit dem Blutfreitag und mit unserer Blutreitergruppe eng verbunden und als unser Geistlicher Begleiter auch bei unseren Gruppenversammlungen stets dabei, betend und die Toten ehrend”, schreibt Gruppenführer Paul Hepp im Nachruf, den die Blutreitergruppe hier in der Bildschirmzeitung veröffentlicht hat. „Am 20. Juni haben wir uns mit Standarten und Fahnen am Grab von unserem Klaus verabschiedet. Wir sind Diakon Klaus Maier zu großem Dank verpflichtet und werden ihn stets in Ehren halten.“

ANZEIGE

Als die „Huiza“ Schnee-Hauben hatten

Michelwinnadens Blutreitergruppe, gegründet nach dem Zweiten Weltkrieg, zählt zu den jüngsten derartigen Vereinigungen in Oberschwaben. Am 10. Juni 2001 hatte die Gruppe ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. Den Festgottesdienst in der Pfarrkirche St. Johannes Evangelist zelebrierten Weihbischof Thomas Maria Renz, einst Vikar in Michelwinnaden, und Pater Martin Rieger von den Benediktinern in Weingarten. Auch Bad Waldsees Stadtpfarrer Richard Schitterer und selbstverständlich Diakon Klaus Maier, seinerzeit schon seit zwei Jahrzehnten geistlicher Begleiter der Michelwinnader Blutreiter, standen am Altar. „Durch Sein Blut haben wir die Erlösung“, schrieb der Diakon damals im Grußwort der Festschrift.

In der Michelwinnader „Burg“ war eine liebevoll gemachte Fotoausstellung zu Geschichte und Wirken der Michelwinnader Blutreiter zu besichtigen. Wenige Tage vor dem Fest besuchte Gerhard Reischmann als SZ-Redakteur die Ausstellung. Sein Bericht erschien am 9. Juni 2001 in der „Schwäbischen Zeitung“ (Ausgabe Bad Waldsee-Aulendorf). Den Artikel nahm er in sein 2007 erschienenes Buch „Menschenskinder – Notizen aus Oberschwaben“ auf (S. 187 ff.). Das Buch ist in der Stadtbücherei Bad Waldsee und in der Pfarrbücherei Aulendorf ausleihbar. Nachstehend der Text, den wir aus Anlass des Todes von Diakon Klaus Maier erneut veröffentlichen:

ANZEIGE

Noch drei Tage bis zum Fest: Karl Keller legt letzte Hand an; die Blutreiterausstellung ist so gut wie fertig. Gerade kommt noch Maria Laux, die Schwiegertochter des Gründungsgruppenführers Josef Laux, und bringt die auf Gilbpapier („Elefantenhaut“) gezogene Kopie des Gründungsprotokolls (das sorgfältig gehütete Original des Gründungsbeschlusses vom Frühjahr 1951 will man nun doch nicht an der Ausstellungswand anbringen). Auf einem Dutzend Stellwänden dokumentieren Karl Keller, Lehrer in Bad Saulgau und kein Pferdehalter („mein Gaul isch bloß geleast“), Markus Brauchle, Kassier des rührigen Vereins, Hermann Lemmle, Gruppenführer seit 1992, und andere Helfer das 50-jährige Vereinsleben. Gekommen sind auch zwei Gründungsmitglieder: Josef Laux aus Lippertsweiler und Karl Maucher vom Allgaierhof. Es habe damals, kurz nach dem Krieg, eine spürbare Aufbruchstimmung geherrscht, auch eine religiöse Aufbruchstimmung, berichtet der 79-jährige Josef Laux. „D’ Leit hond kolossal mitgmacht“, in Weingarten seien damals 80 000 Zuschauer gewesen und in der Basilika hätten Pilger sogar übernachtet. Mit 20 Pferden – die handschriftliche Teilnehmerliste ist noch vorhanden (dank Paul Schmid, dem langjährigen Schriftführer) – haben die Reiter aus Michelwinnaden und Lippertsweiler damals mitgemacht und das Problem war seinerzeit keineswegs die Beschaffung der Rösser, vielmehr mangelte es an Zaumzeug und Sätteln. Denn die Pferde waren, anders als heutzutage, allesamt Ackergäule und Pferdesport ein Luxus, den man noch nicht kannte. Eine Standarte, gefertigt von der Kunststickerei Ostermeier in Aulendorf, konnte mittels Haussammlung finanziert werden, die so reichhaltig ausgefallen war, dass noch Schärpen und Schabracken beschafft werden konnten. Die schön gedrechselte Stange der Standarte stamme vom längst nicht mehr existierenden Radfahrerverein, wissen die stolzen alten Reiter zu berichten.

Karl Maucher, der 2001 in Weingarten zum 48. Mal mitgeritten ist, zeigt auf ein Foto, auf dem eine Chaise zu sehen ist mit zwei Pferden im Geschirr (die „Lisl“ und der „Hans“): Es ist der junge Karl Maucher, wie er am Vortag des Blutfreitags nach Weingarten fährt – mit Pferd und Kutsch’, wie es damals allgemein üblich war (wenn man nicht gleich hoch zu Ross in die Welfenstadt ritt). Neben ihm auf dem fliedergeschmückten Kutschbock sitzt Hermann Sigg, der mit 80 noch aktiver Reiter ist. Karl Maucher hat in all den Jahren nur drei Blutritte versäumt: Einmal hatte er den Fuß im Gips, ein anderes Mal lag er mit einer Blutvergiftung danieder; Josef Leins, der damalige Gruppenführer, sei zu ihm gekommen und habe gefragt: „Karle, goht’s it doch?“ Beim dritten Mal – und das kam den Maucher Karl besonders bitter an – war kein Pferd aufzutreiben.

ANZEIGE

Was wissen die Gründungsblutreiter nicht alles zu berichten! Von „Schnee-Häuble“ auf den Heu-Heinzen, die beim Blutritt anno 1962 zu bestaunen  waren (im Juni!), von den Quartieren bei den Familien Bleher und Berger, vom Schlafen bei den Pferden und vom Herrichten von Ross und Reiter in aller Herrgottsfrühe; von der Musikkapelle Michelwinnaden, die 50-mal mitgemacht hat, schwärmen sie, von der Fronleichnamsprozession ist die Rede und von all den großen und kleineren Dorffesten, bei denen die fein gewandete Gruppe – Frack und Zylinder, weiße Handschuhe, blaurote Schärpen – dabei war; von Reiter-Hochzeiten erzählen sie, bei denen sogar vierspännig gefahren wurde, und von der Glockenweihe im Jahre 1973, als die Blutreitergruppe die Kirchenglocken von St. Johannes mit Pferd und Wagen zum Gotteshaus zog; Pfarrer Baur sei damals arg in Sorge um die funkelnagelneuen Klangkörper gewesen und man habe eigens um gutmütige Kaltblüter geschaut, damit die Glocken garantiert unbeschadet zur Kirche kämen. Gruppenführer Leins sei mit seinem Wort dafür eingestanden, dass nichts passiert.

Vom Probereiten erzählen die alten Blutreiter, das man einst in Grünvogels Hof abgehalten habe – unter der strengen Regie von Josef Laux, der im Krieg als Offiziersanwärter bei einer bespannten Abteilung gedient hatte. Bis in die Sechzigerjahre hinein wurde das Probereiten eisern durchgeführt, bis dann die Krise kam: Die Bauern schafften Zugpferde ab und Zugmaschinen an und 1972 war dann der Tiefpunkt erreicht: Gerade mal zwölf Pferde aus Michelwinnaden, Lippertsweiler und Umgebung wurden in die Viehtransporter verladen und nach Weingarten gebracht. Heutzutage, nach dem Aufkommen des Pferdesports, leiht man sich sein Blutrittpferd kurzerhand aus, wenn man nicht gerade – wie etwa die Familie Laux – Rösser mehr oder weniger allein wegen des Blutritts hält; 2001 haben vier Laux-Söhne und zwei Enkel beim Blutritt in Weingarten mitgemacht.

ANZEIGE

Anno 1971 hätten ein paar kecke Studentlein in Weingarten ernsthaft eine Demo gegen den Blutritt erwogen, dann aber doch von ihrem Vorhaben abgelassen. „I glaub, dia hond scho a bizzle Angst ghett vor dene Gäul“, erinnert sich Karl Maucher. „Blutreiter demonstrieren für Gott“, hat die „Schwäbische Zeitung“ damals getitelt, ein Artikel, der selbstverständlich Bestandteil der Ausstellung ist.

„Hond ihr koin Pfarrer dabei?“, habe in den Fünfzigerjahren einmal ein Zuschauer der Michelwinnader Gruppe zugerufen. „Mir kennet de Rosekranz alloi“, habe damals Josef Laux „nausgeba“. Seit 20 Jahren ist Diakon Klaus Maier, ein gebürtiger Waldseer, geistlicher Begleiter der Gruppe. „Durch Sein Blut haben wir die Erlösung“, schreibt der Diakon im Grußwort. Und das zu bezeugen ist letztlich das Anliegen der Gruppe.

ANZEIGE

Vorstehender Artikel erschien in der “Schwäbischen Zeitung” (Ausgabe Bad Waldsee-Aulendorf) am 9. Juni 2001 unter dem Titel “Michelwinnadens Blutreiter feiern das 50-Jährige”. In Gerhard Reischmanns Buch “Menschenskinder – Notizen aus Oberschwaben” trägt der dort auf den Seiten 187 bis 189 abgedruckte Text den Titel “Als die ,Huiza’ Schnee-Hauben hatten”.



LESEN SIE HIERZU AUCH …

Beliebter Seelsorger

Diakon Klaus Maier gestorben

Bad Waldsee – Im Alter von 76 Jahren ist Diakon Klaus Maier gestorben. Im Kirchenanzeiger findet sich dieser Nachruf:

NEUESTE BEITRÄGE

Bad Waldsee
Am Montag, 28. Oktober

Gesprächskreis “über Gott und die Welt”

Reute-Gaisbeuren – Das nächste Thema, über das wir uns austauschen möchten lautet: Erntedank – Für welche Ernte sagen wir heute noch Danke?
Große Anerkennung für eine außergewöhnliche Leistung!

Kindermusical „Felicitas Kunterbunt“ begeisterte in Haisterkirch

Haisterkirch – Große Anerkennung gab es für eine außergewöhnliche Leistung am vorletzten Oktoberwochenende (Freitag- und Samstagabend), nämlich für die Darstellung des Musicals „Felicitas Kunterbunt“ in der jeweils voll besetzten Haisterkircher Gemeindehalle. Die Abt-Hermann-Vogler-Schule Haisterkirch (Grundschule) hatte das unterhaltsame Kindermusical hervorragend in Szene gesetzt.
mit Bildergalerie
veröffentlicht am 23. Oktober 2024
Am Mittwoch, 30. Oktober

Blutspenderinnen und Blutspender schenken Leben

Haisterkirch – Mit der Aktion „Wir feiern das Leben“ gewinnen Lebensretter im Anschluss an ihre Blutspende mit etwas Glück Erlebniswochenenden.
Mittwoch, 30. Oktober

Die Solidarische Gemeinde lädt zur Oktober-Wanderung

Reute-Gaisbeuren – Wanderung beim Burgstock auf dem Main-Donau-Bodensee Wanderweg H4, vorbei an der Burgruine Neu-Waldsee.
Regionalverband Bodensee-Oberschwaben

Neue Verbandsversammlung hat mit der Arbeit begonnen

Altshausen (dbsz) – Es ist ein überaus wichtiges Gremium für unsere Raumschaft, das aber nicht aus einer Volkswahl hervorgeht, sondern sich aus Delegierten der Kreistage zusammensetzt: die Verbandsversammlung des Regionalverbandes Bodensee-Oberschwaben (RVBO). In die 58-köpfige Versammlung hat der Ravensburger Kreistag 26 Personen entsandt. Aus dem Verbreitungsgebiet der Bildschirmzeitung sind Mitglied in der Versammlung: Hans-Peter Baur aus Aulendorf (AfD) Bürgermeister Matthias Burth aus Au…

MEISTGELESEN

Bad Waldsee
Windkraft-Situation am Ried spitzt sich zu

Landschaftsschützer bitten um Spenden

Bad Wurzach – Der gemeinnützige Verein Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e. V. braucht für sein Eintreten gegen die Errichtung von Windkraftanlagen im Umfeld des Wurzacher Riedes eine breitere finanzielle Basis. Er hat deshalb am 21. Oktober auf seiner außerordentlichen Mitgliederversammlung in Dietmanns für die Mitglieder eine Beitragsordnung beschlossen und bittet darüberhinaus allgemein um Spenden. Der Verein ist in großer Sorge um die Erhaltung des Europadiploms angesichts der massi…
Krähenplage

Wenn die Natur zur Last wird

Bad Waldsee – Anwohner am Frauenberg und in der Steinacher Straße wissen ein Lied davon zu singen: von der Krähe. Armin Brutschin, in der Abteilung Grünpflege der Stadt für das Schädlings- und Krähenmanagement/Monitoring zuständig, berichtete in der Gemeinderatssitzung vom 14.10. über den aktuellen Stand.
Ein Vorzeigebetrieb in der Region

Stadtspitze besuchte Autohaus Stehle in Gaisbeuren

Bad Waldsee – Oberbürgermeister Matthias Henne, Bürgermeisterin Monika Ludy und der städtische Wirtschaftsförderer sowie Standortmanager Axel Musch haben kürzlich das Autohaus Stehle in Gaisbeuren besucht. Die Firmenbesuche der Stadtspitze dienen dazu, den Austausch mit den Unternehmen zu pflegen, ihre vielfältigen Leistungen besser kennenzulernen und auch einmal hinter die Kulissen blicken zu können.
“Ein wichtiger Schritt zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes”

Spatenstich für die Erweiterung des Gewerbegebiets Wasserstall

Bad Waldsee – Am Montag, 14. Oktober, erfolgte der symbolische Spatenstich für die zweite Erweiterung des Gewerbegebiets Wasserstall in Bad Waldsee. Die Erschließungsarbeiten laufen derzeit auf Hochtouren, um dem großen Bedarf der Gewerbetreibenden nach neuen Gewerbeflächen gerecht zu werden.
Die Ausstellung im Naturschutzzentrum ist noch bis zum 25. Januar zu sehen

Pater-Egino-Manall-Ausstellung „Inspiration Ried“ eröffnet

Bad Wurzach – Am Donnerstagabend (17. Oktober) wurde in “Maria Rosengarten” die Ausstellung „Inspiration Ried“ eröffnet. Gezeigt werden Werke des Salvatorianerpaters P. Egino Manall, der 50 Jahre bis zu seinem Tod im Jahre 2001 in Bad Wurzach lebte und sich von der beeindruckenden Landschaft inspirieren ließ.
mit Bildergalerie
veröffentlicht am 19. Oktober 2024

TOP-THEMEN

Bad Waldsee
Altshausen (dbsz) – Es ist ein überaus wichtiges Gremium für unsere Raumschaft, das aber nicht aus einer Volkswahl he…
Bad Wurzach – Der gemeinnützige Verein Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e. V. braucht für sein Eintreten gegen…
Bad Waldsee – Am 9. Dezember 1974 brachte die Stadt Bad Waldsee ihre Jugendmusikschule auf den Weg. Grund genug, fünf…

Einzelhandel, Dienstleistungen und Handwerk in Allgäu-Oberschwaben

VERANSTALTUNGEN

Bad Waldsee