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Krippensaison im Allgäu und in Oberschwaben

Wo das Heilige Land noch heil ist



Foto: Herbert Eichhorn
Neapolitanische Krippe im Krippenmuseum Oberstadion.

Allgäu / Oberschwaben – Spätestens an Heiligabend ist es wieder so weit: Hunderte von freiwilligen Helfern haben ihre Arbeit beendet und in zahllosen Kirchen und Kapellen, aber auch in vielen Museen im Allgäu und in Oberschwaben, sind wieder die Weihnachtskrippen aufgebaut. In der Regel sind sie dort nun bis zum 2. Februar, Mariä Lichtmess, zu sehen.

Auf Krippentour

Überall werden sich an den Feiertagen oder danach die Familien auf den Weg machen, um die Krippe in der eigenen Kirche zu besuchen oder um sogar eine regelrechte Krippentour zu besonders attraktiven oder auch historisch bedeutenden Anlagen zu unternehmen. Die Kinder werden dann mit glänzenden Augen die vielen liebevoll arrangierten Details entdecken. Die Erwachsenen werden sich an ihre eigene Kindheit zurückerinnern oder die originellen Figuren bewundern, die aus der Barockzeit oder diejenigen, die von einem Künstler oder einer Künstlerin des vergangenen Jahrhunderts geschaffen wurden.

Bethlehem im Westjordanland

Mancher wird in diesem Jahr vielleicht aber auch etwas beklommen an die Krippen treten. Natürlich ist auch diese Weihnachten wieder nicht alles gut. Im Gegenteil. In vielen Teilen der Welt herrscht Krieg und Not, gerade auch im Heiligen Land. Deshalb haben zum Beispiel die Oberhäupter der christlichen Kirchen im November in Jerusalem beschlossen, im Westjordanland in diesem Jahr auf Weihnachtsschmuck zu verzichten. Israel und der Gazakrieg sind für uns aber tatsächlich weit weg und daher werden wir trotzdem Weihnachten weitgehend so feiern wie immer, mit all den schönen Traditionen. Aber es schadet sicher nicht, sich dabei bewusst zu sein, dass das Heilige Land leider nur in diesen Krippen – mit den hingebungsvoll gestalteten Kulissen und dem malerischen Städtchen Bethlehem im Hintergrund – so heil ist.

Die beiden regionalen Krippenführer (links) und Prospektmaterial.

Zwei regionale Krippenführer und viele Prospekte

Wenn man sich schließlich aber doch zum Krippenbesuch oder zur Krippentour entschlossen hat, dann stellt sich einem die Qual der Wahl. Die zwei regionalen Krippenführer, die schon im November erschienen sind, und Prospekte, die auf die verschiedenen Museen und Ausstellungen aufmerksam machen, können bei den Überlegungen hilfreich sein.

Bereits zum 17. Mal gibt die Feriengemeinschaft rund um den Bussen „Die schönsten Krippen rund um den Bussen, in Oberschwaben und im Allgäu“ heraus. Zum fünften Mal erscheint die „Weihnachtszeit ist Krippenzeit“ des Tourismusverbundes REGIO Konstanz-Bodensee-Hegau. In beiden Fällen wurde die bewährte Form beibehalten. Der eine erscheint als 16-seitiges Leporello, der andere als 32-seitiges Heft. Die grafische Gestaltung wurde jeweils etwas überarbeitet, aber vor allem wurden natürlich die Informationen, etwa zu den aktuellen Öffnungszeiten, überprüft und angepasst. Im Leporello werden knapp 50 Krippen zwischen Alb und Allgäu vorgestellt, mit Schwerpunkt im Oberschwäbischen. Über 90 Krippen führt der andere Führer auf. Sein Schwerpunkt liegt bei den Krippen am Bodensee sowie im Bodenseehinterland. Auch Krippen in der Schweiz, in Österreich und in Liechtenstein werden hier vorgestellt.

Im Schwäbischen Krippenmuseum in Mindelheim.

Krippenmuseen und Krippenausstellungen

Die meisten Krippen haben ihren Platz natürlich in den Kirchen. Aber man kann selbstverständlich auch solche Einrichtungen in der Region besuchen, die das ganze Jahr über Krippen zeigen, wie die Krippenmuseen in Oberstadion und Mindelheim oder den Krippenweg des Klosters Bonlanden. Die Krippenmuseen zeigen neben ihren Dauerausstellungen in dieser Saison auch anregende Sonderpräsentationen. So werden etwa in Oberstadion unter dem Titel „Ochs & Esel & der blaue Elefant“ Krippen aus der Sammlung Hergesell sowie Christkindfiguren aus der Sammlung des Meersburger Pfarrers Matthias Schneider gezeigt. Oder man besucht eine der großen Krippenausstellungen, so zum Beispiel die im Kloster Schussenried.

Die Krippenführer liegen bei den Tourismusbüros der Region aus. Das Leporello kann von der Website www.erlebnis-oberschwaben.de heruntergeladen oder es kann bestellt werden bei der „Feriengemeinschaft rund um den Bussen“, Hauptstraße 14, 88524 Uttenweiler, Tel.: 07374/9206-0 oder unter info@uttenweiler.de. Die Broschüre „Weihnachtszeit ist Krippenzeit“ findet sich zum Download unter www.bodensee-kloester.eu. Sie kann angefordert werden bei „REGIO Konstanz-Bodensee-Hegau“, Obere Laube 71, 78462 Konstanz; Tel. 07531/133040 oder unter info@bodenseewest.eu.

Das Allgäu und Oberschwaben als Krippenregionen

Das Allgäu und Oberschwaben zählen sicher zu denjenigen katholisch geprägten Regionen in Deutschland, in denen diese Tradition besonders lebendig und wo die – nennen wir es – Krippendichte am höchsten ist. Das hat vor allem mit den vielen Klöstern zu tun, die unsere Region prägten. Zunächst war es vor allem der Jesuitenorden, der begann, in seinen Kirchen Krippen aufzustellen. Im Zuge der Gegenreformation ging es dabei darum, die Heilsgeschichte auch in stärker sinnlichen, volkstümlicheren Formen zu vermitteln, etwa mit geistlichen Schauspielen und eben auch mit Krippen.

In Mindelheim eine Krippe von 1618

In Mindelheim haben die Jesuiten 1618 erstmals eine Krippe aufgestellt. Diese älteste Krippe Schwabens ist erhalten und wird, nachdem sie in den letzten Jahren aufwändig restauriert wurde, auch derzeit wieder in der ehemaligen Jesuitenkirche gezeigt.

Eine Künstlerkrippe im Krippenmuseum Oberstadion.

Die Klosterkrippen in Gutenzell und Legau

Auch viele andere Klöster haben sich in der Barockzeit prachtvolle und figurenreiche Krippen geleistet. Vieles davon ging aber in der Aufklärungszeit und vor allem dann, als zu Anfang des 19. Jahrhunderts die Klöster im Zuge der Säkularisation aufgelöst wurden, verloren oder wurde auseinandergerissen. Ein Glücksfall ist die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts geschaffene Krippe der Zisterzienserinnen in Gutenzell. Jahr für Jahr werden dort die sieben bühnenhaften Szenerien nebeneinander aufgestellt. Andere barocke Krippen blieben zwar zusammen, wurden aber von Kirchengemeinden oder auch von Privatleuten aufgekauft. So gelangte die Barockkrippe des Prämonstratenserklosters Rot a.d. Rot nach Legau, wo sie ebenfalls jedes Jahr in der Pfarrkirche gezeigt wird. Dort werden die acht Szenen aus der Weihnachtsgeschichte von der Verkündigung an Maria und Darstellung Jesu im Tempel allerdings zwischen dem 3. Advent und Maria Lichtmess zeitlich hintereinander aufgebaut.

Die Kellenrieder Krippenfiguren

Die Klöster spielen beim Aufrechterhalten der Tradition im Oberland bis heute eine wichtige Rolle, so auch die Benediktinerinnenabtei von Kellenried. Dort wird ebenfalls eine Krippe aus der Barockzeit bewahrt, die später immer wieder ergänzt wurde. Daraus entstand die Krippenwerkstatt des Klosters, in der ganzjährig Krippenfiguren mit Köpfen und Händen aus Wachs in den Größen 20, 35 oder 45 cm entstehen. Die großen werden meistens von Pfarrgemeinden erworben, um bestehende Krippen zu ergänzen oder um ganz neue Anlagen zu schaffen. Krippen mit Figuren aus Kellenried findet man zum Beispiel in den Kirchen von Kappel oder Obermarchtal.

Das Hummel-Christkind in der Sonderausstellung „Jesuskind – Menschen(s)kind“ im Krippenmuseum Oberstadion.

In Steinhausen, Biberach, Weingarten …

Auch auf Krippen von bekannten Künstlern und Kunsthandwerkern stößt man in Oberschwaben und im Allgäu immer wieder. Hier nur eine kleine Auswahl: Besonderer Beliebtheit erfreut sich etwa das Christkind-Baby, das nach einem Entwurf von Berta Hummel oder, wie ihr Namen im Kloster Sießen war, Schwester Maria Innocentia entstand. In Steinhausen bei Bad Schussenried gibt es eine Krippe mit Figuren der Kunsthandwerkerin Anna Fehrle aus Schwäbisch Gmünd. Sie gilt als eine wichtige Erneuererin der Krippenbaukunst. In einer Seitenkapelle der Stadtpfarrkirche in Biberach ist auch dieses Jahr wieder die Krippe des Bildhauers Josef Hasenmaile aufgebaut, der eigentlich vor allem als Schöpfer unzähliger oberschwäbischer Fasnachtsmasken bekannt ist. Masken hat auch Ferdinand Willburger geschnitzt. Der Autodidakt aus Hirschbronn bei Rot a. d. Rot, der im Hauptberuf Landwirt war, schuf kurz nach dem Zweiten Weltkrieg eine große Krippe für die Basilika in Weingarten.

Es gibt also ganz unterschiedliche Krippen zu entdecken in den Kirchen und Museen zwischen Donau und Bodensee. Ein Besuch bei einer Krippe tut dabei nicht nur der kindlichen Seele gut. Er gemahnt uns allerdings auch daran, dass die Verheißung der Engel an die Hirten noch nicht erfüllt ist, die – hier in der modernen Übersetzung der BasisBibel – ja lautet: „Sein Friede kommt auf die Erde zu den Menschen.“
Text und Fotos: Herbert Eichhorn

In der Bildergalerie Impressionen aus dem Krippenmuseum Oberstadion.



BILDERGALERIE

Fotos: Herbert Eichhorn

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