„Gegen das Vergessen – für den Frieden“
Maria Steinbach – Eine lange Autoschlange vor dem Wallfahrtsort. Und dann eine rappelvolle Kirche. Michaeliswallfahrt von rund 80 Krieger- und Kameradschaftsvereinen in Maria-Steinbach. Mit Blaskapellen und Dutzenden beeindruckender Fahnen. Und mit einer Predigt von Weihbischof Matthäus Karrer (Rottenburg-Stuttgart). Danach Kranzniederlegung durch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Während der Kirchenmann darauf hinwies, dass eine „Zeitenwende“ auch bedeuten könne, sich der Liebe Jesu Christi zuzuwenden, sprach der CSU-Vertreter von den Werten, die er derzeit in der Ukraine verteidigt sieht; Minister Holetschek forderte „nie wieder Krieg“ samt „Frieden und Freiheit“. Julian Aicher, Reporter der Bildschirmzeitung, war vor Ort.
Böllerschüsse am Samstagvormittag im Marien-Wallfahrtsort über der Iller. Ein krachender Böller vor dem Gotteshaus später auch bei der Wandlung in der Messfeier. Am Samstagmorgen stellten sich Abordnungen vom etwa 80 Kameradschaftsvereinen aus Bayerisch-Schwaben und Oberschwaben am Gasthof „Löwen“ unterhalb der markanten Rokoko-Kirche auf. Viele Fahnen, die auf die Herkunftsorte der Gruppen deuten. Genannt seien Kameradschaften aus Aitrach, Arnach, Diepoldshofen, Hofs, Hauerz, Dietmanns und Kisslegg. Dazwischen Blaskapellen. Bereit zum Marsch in das Gotteshaus.
„Wir“ statt „Ich“
„Zeitenwende.“ Weihbischof Karrer erinnerte in seiner Predigt vor rappelvollen Kirchenbänken und Emporen an dieses derzeit oft gesprochene Wort. Es müsse aber nicht zwangsläufig nur militär-politisch verstanden werden. Vielmehr spreche es auch für ein Hinwenden zur Liebe Jesu Christi. Das könne schließlich bedeuten, wieder mehr aufeinander zuzugehen. Weg vom „Ich“, hin zum „Wir“. So lasse sich dann vielleicht auch „ein Stückchen Wahrheit im Argument des Gegners“ finden. Das „Wir“ könne es mit sich bringen, das man sein eigenes Land auch „mit der Waffe“ verteidige, sagte der Weihbischof vor den Soldaten und Veteranen und bezog sich damit auf die Theologie der Notwehr.
Anschließend verlas Pater Hubert Veeser die Namen der seit der letzten Wallfahrt gestorbenen Vereinskameraden. Darunter einige ehemalige Kriegsteilnehmer mit über 90 Jahren. Veeser bekräftigte, wozu die Verstorbenen mahnten: „Gegen das Vergessen – für den Frieden.“
Vor dem Kriegerdenkmal an der Mariensäule im Innenhof legten Legaus Bürgermeister Franz Abele und Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek nach der musikkapellenbetonten Messfeier einen Kranz nieder. Zuvor forderte Mnister Holetschek „nie wieder Krieg“, verlangte aber auch „Respekt“ für alle, die sich als Soldaten für ihr Vaterland verkämpften. Aktuell befänden sich 3500 Bundeswehrsoldaten in Auslandseinsätzen. CSU-Mann Holetschek beteuerte, in der Ukraine gehe es jetzt nicht zuletzt um die Verteidigung von Werten.
Norbert Endres von der Bayerisch-Württembergischen Kriegervereinigung zeigte sich beeindruckt von über 40 Fahnen, die die Vereine rund um die Mariensäule aufgerichtet hatten. Eine der Musikkapellen intonierte „Ich hatt’ ein Kameraden“.
Tradition seit 1849
Auf der Homepage brauchwiki.de (Heimat im Netz) wird die Soldatenwallfahrt wie folgt beschrieben (wir zitieren in Auszügen):
Die teilnehmenden Vereine reisen morgens nach Maria Steinbach (Gemeinde Legau, Landkreis Unterallgäu) an, nehmen in verschiedenen Straßen Aufstellung und werden vom Bürgermeister (heuer: Franz Abele, Legau) begrüßt, bevor sie in einer etwa 20-minütigen Prozession nacheinander zur Wallfahrtskirche ziehen. Die Teilnehmer, die zu etwa zwei Dritteln aus Baden-Württemberg und zu einem Drittel aus Bayern anreisen, tragen dabei dunkle Anzüge, oft auch Schärpen in den jeweiligen Vereinsfarben und jeder Verein führt seine Fahne mit sich. Jedes Jahr verfolgen an den Straßenrändern zahlreiche Zuschauer die Prozession und einige Anwohner ziehen Fahnen auf. Begleitet werden die Krieger- und Soldatenvereine von fünf Musikkapellen, die auf die Züge aufgeteilt werden.
Anschließend findet in der Kirche eine Messe statt. Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl mussten früher zwei Messen nacheinander gehalten werden, da nicht alle gleichzeitig in der Kirche Platz fanden. Traditionell wird die Schubert-Messe gespielt. (…).
Eine Gedenkansprache hält ein ebenfalls jedes Jahr eigens eingeladener Gast, dabei handelt es sich um Vertreter aus der Kommunal-, aber auch aus der Bundespolitik. (…) Im Jahr 2001 etwa sprach Ex-Finanzminister Dr. Theo Waigel zu den Soldaten- und Kriegervereinen. Zum Gedenken an verstorbene Mitglieder wird anschließend ein Kranz niedergelegt. Auch das „Lied vom guten Kameraden“ ist fester Bestandteil dieses Teils der Wallfahrt.
Den Abschluss bildet das Beisammensein in Gaststätten – fand dies früher vor allem in Legau statt, so kehren in jüngerer Vergangenheit zahlreiche Vereine erst im Heimatort ein. (…)
Erstmals fand die Veteranenwallfahrt (…) im Jahr 1849 statt. Der königstreue französische Generalleutnant Graf Karl Daniel von Firmas-Peries, der sich nach der französischen Revolution im Jahre 1803 im Schloss Lautrach niedergelassen hatte, und der Bayerische Stabsoffizier der Landwehr Freiherr Ignaz von Westernach auf Kronburg luden in jenem Jahr die Veteranen der engeren und weiteren Umgebung zu einem Veteranenjahrtag ein. Die beiden Veranstalter trugen die Kosten für den feierlichen Jahrtag, der auf große Zustimmung stieß und seit diesem Zeitpunkt jährlich begangen wurde. Da aber bereits drei Wochen nach dem ersten Jahrtag Freiherr von Westernach starb, erschien es notwendig, die Veranstaltung durch die Einrichtung einer eigenen Stiftung abzusichern. Als Stiftungstag wurde die Soldatenwallfahrt erstmals am 29. September 1851 begangen. Die Stifter, die alle im Namensbuch des Veteranenvereins Maria Steinbach genannt sind, leisteten einmalig einen Beitrag von 30 Kreuzern. Diese Vereinigung hatte ihren Statuten aus dem Jahr 1878 zufolge zum Ziel, die Liebe zum Vaterland zu fördern und der verstorbenen Mitglieder zu gedenken und sie zu ehren. In diesen Statuten ist auch festgehalten, dass jährlich am Michaeli-Tag der gestiftete Jahrtag mit einem Requiem für gefallene und verstorbene Mitglieder sowie zwei heiligen Nebenmessen begangen werden sollte.
Diese „Seelmessenvereinigung“ von 1849 (1851) hatte also bereits bestanden, als sich 1872 der Veteranenverein Maria Steinbach gründete. Dessen Mitglieder bezahlten außer der Eintrittsgebühr eine jährliche Abgabe, mit der die anfallenden zusätzlichen Kosten (Feier etc.) finanziert wurden. Diese jährliche Gebühr wurde auf 1 Mark festgelegt. Einige Jahre bestanden Seelmessenvereinigung und Veteranenverein ohne Formalien nebeneinander. Als die Seelmessenvereinigung dann ihre Satzung 1912 dem Präsidium des Königlich Bayerischen Kriegerbundes vorlegte, kam es zur Verschmelzung der Seelmessenvereinigung mit dem örtlichen Veteranenverein. Nach dem Ersten Weltkrieg und der folgenden Inflation stand die Veteranen-Seelmessen-Stiftung im November 1923 vor dem Aus. Der Redner des Jahrtags von 1924 brachte das Problem zur Sprache und die Vorstände der erschienenen Vereine beschlossen, eine Erneuerung der Stiftung zu bewirken, indem nochmals von jedem Mitglied – mit Ausnahme der Altveteranen – einmalig ein Beitrag von 1 Mark erhoben werden sollte. Mit der weiteren Ausarbeitung der Angelegenheit befasste sich ein eigens gebildeter Ausschuss, der am 29.12.1924 in Aichstetten zusammentrat und einen Vorschlag erarbeitete, der es ermöglichen sollte, eine Wiederstiftung des Jahrtages ins Auge zu fassen, sobald sich die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse im Land wieder stabilisiert hätten. (…)
Eine weitere Änderung trat 1985 ein: Damals wurde aus praktischen Gründen beschlossen, den Jahrtag, der bis dahin stets am Michalitag (29. September) begangen wurde, auf den dem 29. September am nächsten liegenden Samstag zu legen.
Veranstalter der Michaeli-Wallfahrt für Soldaten und Veteranen ist die Bayerisch-Württembergische Kriegervereinigung unter ihrem Vorsitzenden Norbert Endres.
Den die Historie beschreibenden Artikel in voller Länge findet man unter https://www.brauchwiki.de/soldatenwallfahrt-maria-steinbach/