Ziegelbach feierte 750 Jahre
Ziegelbach – Die Feier anlässlich der 750-jährigen erstmaligen urkundlichen Erwähnung der Pfarrgemeinde und der Ortschaft begann mit einem Novum. Nach dem vom Kirchenchor musikalisch begleiteten Festgottesdienst wurden die Festreden von Ortsvorsteherin Sybille Schleweck, dem Bürgermeister-Stellvertreter Klaus Schütt und Stadtarchivar Michael Tassilo Wild gleich vor Ort in der Kirche „Zu Unserer lieben Frau“ gehalten.
Mit zehn Ministranten, den Fahnenabordnungen von Feuerwehr, Blutreitern, Musik und Kriegerverein zog die Festgemeinde unter den Klängen des Kirchenchores mit Pfarrer Patrick Meschenmoser zum Festgottesdienst in die Kirche ein.
Pfarrer Meschenmoser ging in seiner Ansprache auf das Evangeliumswort aus dem Matthäus-Evangelium ein, in dem das Doppelwort vom Salz und Licht behandelt wird. Darin heißt es unter anderem: Man zündet nicht eine Leuchte an und stellt sie unter einen Scheffel, sondern auf den Leuchter, dann leuchtet sie allen im Haus. So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ Vieles war den Menschen im Mittelalter rätselhaft und nicht bewusst: Wir sind unterwegs, kommen aus der Vergangenheit, leben in der Gegenwart und gehen in die Zukunft. Eine Generation kommt, eine andere geht, das Leben befindet sich in einem ständigen Wandel, und so habe sich auch das Bild von Ziegelbach, das erstmalig 1275 im „Liber decimationis“, dem Zehntbuch des Bistums Konstanz, Erwähnung fand, gewandelt. Aber was bleibt, ist der christliche Glaube. Es war über die Jahrhunderte die Aufgabe der Christen, für bleibende geistige und soziale Werte zu sorgen. 750 Jahre Ziegelbach seien ein Grund zu danken, besonders die letzten 80 Jahre in Frieden. Lasst uns daher dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt.
Musikalisch gestaltet vom Kirchenchor und Barny Bitterwolf
Nachdem der Kirchenchor die deutsche Version von Amazing grace – Ein schöner Tag – zur Kommunion intoniert hatte und nachdem Pfarrer Meschenmoser den Schlusssegen gespendet hatte, leitete Bernhard Bitterwolf mit einem kleinen Musikstück, gespielt auf dem in dieser Gegend weit verbreiteten Hirteninstrument, dem Piffel, der auf dem Deckengemälde von St. Verena verewigt ist, zum zweiten Teil des Festaktes in der Kirche über. Während heute gerade einmal zwei Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig sind, waren es damals 90%. Für diese gab der Hirte mit dem Piffel das Zeichen, dass die Nacht vorbei ist und die Kühe aus den Ställen auf die Weide gehören.
Festrede von Ortsvorsteherin Sybille Schleweck
Ortsvorsteherin Sybille Schleweck ging im Anschluss an diese Einführung in ihrer Festrede auf die vielen Generationen von Menschen ein, die hier gelebt, aber auch gelitten hatten, die als kleiner Teil eines großen Ganzen und aus dem Dorf das gemacht hatten, das es heute ist. So gab es seit dem 13. Jahrhundert Streitigkeiten, die erst 1488 vom Bischof von Konstanz beigelegt wurden. Auch wurde Ziegelbach vom 30-jährigen Krieg (1618-48) wie viele andere Ortschaften in der Region, schwer gebeutelt. Aber die Kirche im Ort sei immer ein Ort des Gebetes aber auch der Hoffnung gewesen in dieser landwirtschaftlich geprägten Gegend. Die Menschen hätten mit Fleiß das begründet, was Ziegelbach heute ist. Mit der Eisenbahn kamen viele Menschen, aber sie gab den Menschen auch die Möglichkeit, andere Städte kennenzulernen. Mit der Elektrizität gab es einen Aufbruch in eine neue Zeit. Aber nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs blieb der Ort bestehen; das Rathaus und Schule wurden ab 1948 wiederaufgebaut, der Kindergarten gebaut, 1975 dann die Eingemeindung und 1980 wurde der Dorfstadel eingeweiht. Ein neues Feuerwehrhaus wurde ebenfalls gebaut. In Ziegelbach werde die in der Kirche dargestellte „barocke Frömmigkeit“ gelebt. „Das Dorf lebt nicht von Häusern, sondern den alltäglichen Begegnungen der Menschen miteinander.“
Grußwort von Klaus Schütt
Klaus Schütt überbrachte als stellvertretender Bürgermeister im Namen der Bürgerinnen und Bürger sowie Bürgermeisterin Alexandra Scherer die Glückwünsche der Stadt Bad Wurzach zur ersten schriftlichen Erwähnung vor 750 Jahren. „Die erste urkundliche Erwähnung der Pfarrgemeinde Ziegelbach ist wahrlich ein Grund zum Feiern.“ Er sei sich sicher, dass Ziegelbach ebenso wie viele andere umliegende Ortschaften als Siedlung wesentlich älter sei, aber es gab halt zuvor keine Aufzeichnungen darüber. Ortsheimatpfleger Andreas Forderer habe in seiner historischen Beschreibung von Ziegelbach auch die Wallanlagen in Oberziegelbach erwähnt, die auf eine Besiedelung der Kelten schließen lasse. „Vielleicht sollte man noch einmal mit den neuesten Techniken der Archäologie das Gelände untersuchen, wer weiß, vielleicht können wir dann irgendwann 2500 Jahre Ziegelbach feiern.“ An diesem Tag feiere man nun 750 Jahre aufgeschriebene und bewegende Geschichte, in der sich Ziegelbach entwickelt hat.
„Wir feiern in zwei Wochen 50 Jahre Eingemeindung. Diese war den damaligen kommunalen Herausforderungen geschuldet und notwendig, “ ging er auf die jüngste Vergangenheit der Ortschaft ein. Es sei eine Herausforderung für Ziegelbach, die anderen acht selbstständigen Ortschaften, aber auch für die Kernstadt gewesen. Die Ziegelbacher haben in ihrer Weitsicht erkannt, dass diese Gemeindereform für die kommunale Weiterentwicklung ihrer Gemeinde unabdingbar war. In diesen 50 Jahren habe man gemeinsam in Ziegelbach viel geschaffen und erreicht. Der Ort sei mit seiner Infrastruktur wie Schule, Kindergarten, Wasser- und Abwasserversorgung, einem großen Neubaugebiet und seinen zahlreichen Vereinen sowie natürlich dem Dorfstadel gut für die Zukunft gerüstet. Heute feiere man die Menschen, die Ziegelbach zu dem gemacht hatten, was es heute sei. Er freue sich auf die anschließende Feier und den Übergang von den alten Zeiten in das jetzt. Er war nicht mit leeren Händen gekommen: Neben der finanziellen Zuwendung zum Fest, die die Stadt gewährte, überreicht er Ortsvorsteherin Sybille Schleweck eine Urkunde „750 Jahre Ziegelbach“.
Vortrag von Stadtarchivar Michael Tassilo Wild
Stadtarchivar Michael Tassilo Wild ging in seinem Vortrag zunächst auf die mittelalterliche Steuerliste, den „Liber decimationis“ ein, in dem Ziegelbach 1275 erstmals erwähnt wurde. Anzunehmen sei laut Wild, dass es das Dorf wohl schon viel länger gegeben hat und es irgendwo vielleicht ein Schriftstück gibt, das dies bestätigt.
Text und Fotos: Uli Gresser
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Ein weiterer Bericht folgt (Festakt im Dorfstadel)















