Gemeinderat muss Geld für den Kurbetrieb nachschießen
Bad Wurzach – Paukenschlag in der Gemeinderatssitzung am vergangenen Montag (1.9.): Die Stadt muss Geld in den Kurbetrieb nachschießen. Entgegen den Prognosen hatte der Städtische Kurbetrieb zuletzt rote Zahlen geschrieben, so dass nun ein Nachtragshaushalt in Höhe des Abmangels notwendig wurde. Kurgeschäftsführer Markus Beck hatte im Januar 2025 dem Gemeinderat einen Wirtschaftsplan vorgelegt, der einen Jahresgewinn für 2025 in Höhe von 337.816,00 € prognostizierte. In dramatischem Widerspruch dazu beläuft sich der im ersten Halbjahr 2025 aufgelaufene Verlust auf 807.559,00 €. Die zum Ausgleich nun benötigte Finanzmasse muss über den städtischen Haushalt aufgebracht werden. Im Rahmen der Sitzung teilte Bürgermeisterin Alexandra Scherer mit, dass Kurgeschäftsführer Markus Beck den städtischen Eigenbetrieb verlassen werde. Auf Nachfrage von Seiten der Bildschirmzeitung am Dienstag konkretisierte Rathaus-Sprecher Martin Tapper die Personalie wie folgt: „Herr Beck wird den Kurbetrieb in gegenseitigem Einvernehmen zum Jahresende verlassen. Für die Übergangszeit wird ihm Herr Appelt von der Stadtverwaltung zur Seite gestellt.“
Die dramatische Situation des städtischen Eigenbetriebes sei zur Zeit der Erstellung des Wirtschaftsplanes 2025 im vergangenen Herbst noch nicht bekannt gewesen, verteidigte Geschäftsführer Markus Beck die allzu optimistischen Prognosen für 2025 in der deswegen erforderlichen Sondersitzung des Gemeinderats am vergangenen Montag. Der Wirtschaftsplan 2025 sei auf der Grundlage der guten Entwicklung der Gäste- und Umsatzzahlen aus den Vorjahren und der damals vorliegenden Informationen aufgestellt worden.
Bürgermeisterin Alexandra Scherer erläuterte die Gründe für die Sondersitzung des sich eigentlich noch in der Sommerpause befindlichen Gremiums. Nachdem der Jahresabschluss für das Jahr 2024 wider Erwarten schlecht ausgefallen sei – statt des prognostizierten Gewinnes stand am Jahresende ein dickes Minuszeichen in den Büchern – und dieser Negativtrend sich auch im ersten Halbjahr 2025 fortgesetzt habe, sei man zum Handeln gezwungen gewesen. Denn das baden-württembergische Gesetz für Eigenbetriebe verlange einen Nachtrag zu einem Wirtschaftsplan, wenn Soll und Ist aus dem Ruder laufen. Positiv erwähnte Scherer, dass der Personalrat und auch zahlreiche Mitarbeiter des Kurbetriebes die Sitzung besuchten und „Flagge zeigten“, wie die Bürgermeisterin sich ausdrückte. Das für die Eigenbetriebe zuständige Beteiligungsmanagement werde die Situation nun analysieren und aufarbeiten.
Für 2025 ist ein Jahresverlust von mehr als 1 Million zu befürchten
In seinem Sachvortrag versicherte Geschäftsführer Markus Beck, dass zum Zeitpunkt der Erstellung des Wirtschaftsplanes im Herbst 2024, der auf Basis der Entwicklungen der Vorjahre erstellt wurde, eine derartige negative Entwicklung nicht absehbar gewesen sei.
Eine Analyse der Monatsabschlüsse für das erste Halbjahr 2025 zeigte dann das Ausmaß der negativen Entwicklung, so dass nach dem ersten Halbjahr ein kumuliertes IST-Ergebnis von minus 807.559 € in der Bilanz stand. Damit war klar, dass die Planzahlen für das Gesamtjahr weit verfehlt wurden. Anstelle des prognostizierten Gewinnes von 333.816 € ergibt die Hochrechnung für das Gesamtjahr (unter Einbeziehung der alljährlich umsatzschwachen Monate Juni und Juli) einen prognostizierten Verlust von mehr als 1 Million €.
Ursachen der Fehlentwicklung
Die Ursachen für die wirtschaftliche Fehentwicklung lägen in verschiedenen Bereichen mit unterschiedlichen Gründen. Die Mindererträge betreffen Kurmittelleistungen, Hotel und Gastronomie sowie die Therme, während ärztliche Leistungen, sonstige Erträge und Zinsen im Plus lägen. Konkret verzeichnete das Hotel geringere Übernachtungszahlen im Vergleich zum Vorjahr 2024.
Gegenmaßnahmen
Als Sofortmaßnahme wurden die Preise erhöht. Nach wie vor sei Energie (Strom, Wasser, Abwasser) ein Thema. Bei den Wirtschaftsaufwendungen erhofft man sich durch den Wechsel der Reinigungsfirma eine Verbesserung. Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit werde einiges auf Suchmaschinen Marketing umgebucht.
Die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern werde daran ablesbar, dass die vorgesehene Erhöhung der Vergütungen trotz der schwierigen Lage auch im Nachtrag berücksichtigt werde. Beim Personalaufwand wurden die einzelnen Bereiche angewiesen, nur noch jene Stellen nachzubesetzen, die für den jeweiligen Dienstbetrieb unbedingt erforderlich sind.
Das Thema Instandhaltung hatte nach der bereits abgeschlossenen Dachsanierung mit zusätzlichen Brandschutzmaßnahmen, der Reparatur einer Moorpumpe und verschiedenen Wasserrohrbrüchen und darüber hinaus erhöhten Wartungsgebühren weitere Mehrkosten verursacht. Dabei sei die Liste noch nicht vollständig: Beck rechnet im Laufe des Jahres noch mit weiteren kurzfristig erforderlichen Maßnahmen. Bei den Abschreibungen wurde der bisherige Planansatz, der zu niedrig angesetzt war, auf den korrekten Wert angepasst.
Stellungnahmen der Fraktionen
Im Rahmen der Aussprache meldeten sich die Fraktionssprecher mit kurzen Statements zu Wort. Emina Wiest-Salcanovic verwies im Namen der CDU-Fraktion auf den dringenden Handlungsbedarf mit dem Nachtragshaushalt. Seit der Geschäftsführer Markus Beck die Problematik erstmals den Gemeinderäten bekanntgegeben hatte, habe das Gremium in mehreren Sitzungen darüber nichtöffentlich beraten. Sie verwies auf externe Faktoren, die das Ergebnis massiv verändert hatten: Großen Anteil am Ergebnisrückgang habe ein nicht mehr verhandelbarer Kostenträger gehabt. Hier stelle sich die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, sich nach Alternativen umzusehen. Für den Kurbetrieb gehe es nun darum, Einnahmen und Ausgaben genau zu überwachen, um die finanzielle Stabilität zu sichern. Selbiges gelte auch für den Kurbetriebsauschuss, der sich dem Mehraufwand stellen müsse, noch engmaschiger zu kontrollieren. Nach den traditionell ruhigen Sommermonaten seien die nächsten Monate von entscheidender Bedeutung. „Die CDU-Fraktion stimmt dem Nachtragshaushalt mehrheitlich zu, denn dieser sichert die Handlungsfähigkeit des Städtischen Kurbetriebes.“
Die Freie Wählervereingung zeigte sich überrascht über die Notwendigkeit, für 2025 einen Nachtragswirtschaftsplan erstellen zu müssen. „Bis Mitte dieses Jahres wurde uns seitens der Geschäftsleitung des Städtischen Kurbetriebs versichert, dass es zwar schwierig, aber machbar sei, den Wirtschaftsplan für 2025 zu erreichen”, sagte Kurt Miller. Nach den nun vorgelegten Zahlen zeichne sich leider ein komplett anderes Bild ab. Man hoffe aber, dass durch die eingeleiteten Maßnahmen und die erwartete bessere Auslastung die Talfahrt beendet wird und keine weiteren Verluste drohten. „Wir fordern die Geschäftsleitung nachdrücklich auf, unverzüglich ein Konzept zu erarbeiten und vorzulegen, das unseren städtischen Kurbetrieb wieder auf solide Füße stellt. Dieser Betrieb lebt von seinen engagierten Mitarbeitern und ist es wert, auch in den derzeitig schwierigen Zeiten konkurrenzfähig gemacht und erhalten zu werden.“
Rainer Deuschel von der Fraktion der Grünen nannte als Grund für seine Ablehnung des Nachtrages, dass die Bürger ein Recht hätten, zu erfahren, was in dem Eigenbetrieb geschehe. Hier sah er eklatante Mängel bei der Betriebsführung, nachdem statt des im Wirtschaftsplan angekündigten Gewinnes nun ein Verlust in Millionen-Höhe drohe. „Das Vertrauen in die Betriebsleitung ist weg, daher kann ich nicht zustimmen.
Franz-Josef Maier von den MirWurzachern sagte, seine Fraktion werde zustimmen. Der Kurbetrieb bewege sich in einem schwierigen Geschäftsfeld und habe sich bisher auf einem guten Weg befunden. „In den letzten fünf Jahren war der Betrieb mit Markus Beck gut aufgestellt.“ Er sehe es als Leistung an, wenn durch den Nachtragshaushalt die dafür gesteckten Ziele erreicht würden.
Die Bürgermeisterin dankte den Fraktionen für die avisierte Zustimmung. Für die Mitarbeiter werde es trotz der Schwierigkeiten die zugesagte Gehaltsanpassung geben. Eher beiläufig erwähnte, dass Markus Beck den Kurbetrieb verlassen werde.
Die Abstimmung ergab folgendes Ergebnis: Der Nachtragshaushalt wurde bei einer Gegenstimme (Deuschel, Die Grünen) und einer Enthaltung (Halder, Die Grünen) von der Mehrheit des Gemeinderates beschlossen.
Uli Gresser / rei
Unter Downloads haben wir die Sitzungsvorlage hinterlegt, in der die Fehlentwicklung und die inzwischen eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen detailliert beschrieben werden.















