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Im Leprosenhaus

Bitterwolf und Skuppin bescherten den Besuchern einen amüsanten Singabend



Foto: Uli Gresser
Michael Skuppin erklärt woher die Sieben kamen, Barry Bitterwolf verfolgt amüsiert seine Ausführungen.

Bad Wurzach – Im Rahmen des Jubiläumsjahres 500 Jahre Bauernkrieg beendete nun ein musikalischer Abend mit Michael Skuppin und Barny Bitterwolf mit bäuerlichen Liedern aus verschiedenen Epochen die Veranstaltungsreihe zu diesem für Bad Wurzach wichtigen Jubiläum.

Wer könnte dafür besser geeignet sein, als die beiden in der Region sehr bekannten Barden, die auch sofort die Zuhörer und Mitsänger an diesem Abend in der Leprosenhauskapelle in ihren Bann zogen, nachdem Bernhard Maier, der Vorsitzende des Leprosenhaus-Vereins, die Gäste begrüßt hatte.

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Liederheft zum Mitsingen

Bekleidet im bäuerlichen Alltagshäs, dem Blauhemd – oder auch Russenkittel genannt – hatten die Beiden diverse Musikinstrumente aus jener Epoche mitgebracht. Und nicht zu vergessen das aufwendig gestaltete Liederheft mit dem Titel „Für die Freiheit –Bauernlieder aus fünf Jahrhunderten“, das im Eintrittspreis mit inbegriffen war. Damit hatte jeder Besucher Gelegenheit, die von den Beiden vorgeschlagenen Lieder mitzusingen, wovon diese auch reichlich Gebrauch machten.

„Volkslieder haben sich im Laufe der Zeit verändert.,“ sagte Bitterwolf am Beginn des Singabends. Aber Bernhard Bitterwolf konnte auch einige Unsauberkeiten bei der Umsetzung von Gehörtem zum Schriftlichen aufdecken. Etwa bei dem Lied „Die Glocken vom Bernwartsturm“, das Bitterwolf nur wegen seiner ungenauen „Übersetzung“ als Beispiel heranzog. Darin ist von einem Büffelhorn die Rede. Büffel gab es jedoch hier nie. Gemeint war sicherlich der Piffel, das Instrument der Viehhirten. Bitterwolf vergaß auch nicht auf die Darstellung im Deckengemälde von St. Verena hinzuweisen, wo ein Viehhirte so ein Instrument im Arm hält. Apropos Kirchen: Er hatte auch ein Bild der Pfarrkirche Gaisbeuren dabei, auf deren Spitze ein Morgenstern prangt, eine in der Zeit vor dem Bauernkrieg tödliche Waffe in den Händen der Landsknechte und Ritter bei kriegerischen Auseinandersetzungen.

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Ein weiteres Instrument, das in jener Zeit in Gebrauch war, war die Schalmeie.  Ein Instrument, das zeigt, wie wichtig die Musiker damals waren, damit die Bauernhaufen auf sich aufmerksam machen konnten.

Beschwerliches Leben der Bauern

Dass es die in dem Lied „Im Märzen der Bauer“ gezeichnete Romantik niemals im bäuerlichen Leben gab, stellte Bitterwolf gleich klar, nachdem man das Lied gesungen hatte. Anhand verschiedener Liedtexte konnte Bitterwolf auch die Lebenssituation des „gemeinen Mannes“, also der Bauern, nachzeichnen. Die Bauern konnten in den Texten ihrer Lieder sich die Sorgen, Nöte und Ängste, aber auch die Alltagsfreuden von der Seele singen. Dabei wird in zum Teil drastischen Worten von ihrem beschwerlichen Leben erzählt.

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Neben Liedtexten und ihren Melodien hat Bitterwolf darin aber auch die 12 Artikel von Memmingen vom März 1525 abgedruckt, die dann neben der Bibelübersetzung ins Deutsche mit zum Feuer an der Lunte des „Uffruhr“-Bauernaufstandes von 1525 werden sollten. Diese waren in der damals sagenhaften Auflage von 25.000 kurz nach der Erfindung der beweglichen Lettern gedruckt worden und haben sich rasend schnell in ganz Deutschland verbreitet. Aber auch die Forderungen der Bauern bei ihren Demonstrationen Anfang des Jahres 2024 hat Bitterwolf in das Heft mit eingearbeitet.

Gelesen wurde an diesem Abend auch das Bauern-Vater unser, in dem es unter anderem heißt: „geheiligt … werde Dein Name! Sie quälen ohne Ruh und Rast und schreien Bauer was Du hast: Es komme zu uns. Sie rauben, plündern immerdar, und wenn sie könnten, auch sogar –dein Reich“.

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Neue Worte

Michael Skuppin berichtete, da es viele Worte im Deutschen bisher gar nicht gab, dass Martin Luther bei seiner Bibelübersetzung zahlreiche Worte erfand, so etwa das Wort „Feuereifer“ die dann später Eingang in die deutsche Sprache fanden. Die Sueben, die im Rahmen der Völkerwanderung von der Ostsee in den Süden zogen, hätten damals Hoch-Deutsch gesprochen, die Völker im Norden nämlich Nieder-Deutsch. Er zeigte auch auf, dass etwa die Bezeichnungen für die Wochentage nicht christlich-katholischen Ursprungs sind, sondern allesamt aus dem Germanischen stammen. Der heutige Adelstitel des Grafen zum Beispiel kommt von dem früheren Beruf des Schreibers. Und der Begriff des „Wiaschd-Gläubigen“ lässt sich auf die Lenkungsrufe für Pferde „Hot und Wischt“ zurückführen.

Ablasshandel

Mit ein Grund für den Ausbruch des Aufstandes war der Ablasshandel, von dem sich die Bauern mangels Finanzkraft ausgeschlossen fühlten. Nachdem die Bibel übersetzt war, ließ sich die These des Adels „dass ihr Stand von Gott gegeben wurde” nicht mehr halten. Damit diese „Verarsche“, gut beschrieben in dem Lied „Wollt ein Bauer früh aufstehen“ durch den Klerus aufhörte, der eben diese These stützte, wollten die Bauern ihre Pfarrer selbst wählen und verankerten dies in den 12 Artikeln von Memmingen. 

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Zurück zur Musik: Neben den eine falsche Idylle vorgaukelnden Liedern wie „Im Märzen der Bauer“, oder „Hejo spann den Wagen an“ waren Lieder wie „Der arme Bauer“ oder „Der arme Kunrad“ oder „Arg muss sich der Bauer quälen“, schon eher solche, die das harte Leben der Leibeigenen Bauern  widerspiegelten. Gemeinsam sang man an diesem Abend „Die Ballade 1525“, die laut Bitterwolf im Original 47 Strophen hatte.

Mit dem neuesten Lied – eine Eigen- und Auftragskomposition von Bitterwolf – „Wir sind die Kraft vom Land“ das Bitterwolf beim Deutschen Bauerntag 2008 in Berlin der Öffentlichkeit vorstellte und bei dem sogar die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel begeistert mitgesungen hatte, endete dieser mit viel Humor, aber dennoch auch mit viel Nachdenkenswertem zum Thema Bauernleben und Bauernkrieg gespickte musikalische Geschichtsabend. 

Noch ein Fun Fact zum Abschluss: Woher kommt der Ausdruck „Hinz und Kunz?“ Heinrich und Konrad waren zu der Zeit die häufigsten Namen, Familiennamen kamen erst später auf. Und so wurde aus den beiden Vornamen eben in der Menge Hinz und Kunz.

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BILDERGALERIE

Fotos: Uli Gresser

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