Bad Wurzach setzt klares Zeichen kommunalpolitischer Souveränität
Zum Ausstieg Bad Wurzachs aus dem Prüfprozess zur Entwicklung eines Biosphärengebietes
Die Allianz für Allgäu-Oberschwaben begrüßt das eindeutige Votum des Gemeinderats der Stadt Bad Wurzach. Mit 17 zu 4 Stimmen hat das Gremium am Montagabend beschlossen, aus dem Prüfprozess auszusteigen – ein demokratisch legitimierter Beschluss der gewählten Vertreterinnen, die in erster Linie ihren Wählerinnen und Wählern verpflichtet sind. Die Gemeinderäte stützten sich dabei auf die von Anfang an gemachte Zusage aus Stuttgart, dass jede Kommune für sich selbst entscheidet und die dafür benötigte Zeit bekommt.
„Viele haben Angst um den ländlichen Raum“
Bürgermeisterin Alexandra Scherer (CDU) stellte sich bei der öffentlichen Sitzung ebenfalls hinter den Antrag zum sofortigen Ausstieg aus dem Prüfungsprozess der CDU-Fraktion im Gemeinderat und betonte: „Viele haben Angst um ihren ländlichen Raum. Das ist ein Alarmsignal.“ Sie habe in den vergangenen Monaten zahlreiche Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern, Landwirten und Unternehmern geführt. Die Entscheidung sei daher folgerichtig und Ausdruck kommunalpolitischer Verantwortung.
Signalwirkung für andere Kommunen
Das starke Votum zeigt, dass eine fundierte Entscheidung auf Basis einer breiten Informationslage bereits in diesem Herbst möglich ist – ohne weitere Verzögerungen durch Bürgerdialoge oder zusätzliche Prüfphasen. In Bad Wurzach lagen alle relevanten Informationen vor, weshalb die Entscheidung als starkes Signal für weitere Kommunen in der Region zu werten ist. Der Gemeinderat hat seine Verantwortung wahrgenommen und eine Entscheidung getroffen, wie zuvor die Gemeinderäte in Kißlegg und Argenbühl, ebenso die kommunalpolitischen Verantwortlichen in Horgenzell in erster Befassung. Auch hier stehen die Zeichen auf Ausstieg aus dem Prüfprozess.
Keine Notwendigkeit für weitere Bürgerdialoge
Vor diesem Hintergrund appelliert die Allianz an die kommunalpolitischen Entscheidungsträgerinnen und -träger in anderen Gemeinden, sich durch Forderungen nach weiteren Dialogformaten nicht von einer klaren Entscheidung noch vor der Landtagswahl abhalten zu lassen. Gemeinderätinnen und -räte sind durch Wahlen legitimiert vor allem die Entscheidungen zu treffen, die die Belange in den Gemeinwesen vor Ort betreffen. Die Entscheidung in Bad Wurzach zeigt: Die Fakten liegen auf dem Tisch. Jetzt ist die Zeit für Entscheidungen – und nicht für taktische Verzögerungen.
Fakten statt Versprechungen: Die Argumente der Allianz
In seinem Plädoyer in der entscheidenden Sitzung des Bad Wurzacher Gemeinderats machte Michael Fick, Sprecher der Allianz, die zentralen Argumente gegen das Biosphärengebiet nochmals deutlich: Das Biosphärengebiet ist ein Großschutzgebiet nach dem Bundesnaturschutzgesetz und unterliegt damit auf seiner gesamten Fläche – einschließlich der Entwicklungszone bis in die Siedlungsbereiche – besonderen gesetzlichen Vorgaben. Dieser mit Einschränkungen und Planungsunsicherheiten verbundene Fakt wurde von den Befürwortern im bisherigen Prüfungsverfahren jahrelang verschwiegen. Zudem sind die Fördermittel auf 200.000 Euro begrenzt – alle anderen Fördermittel stehen auch Gemeinden außerhalb eines Biosphärengebiets offen. Die Einrichtung eines Biosphärengebiets bedeutet zusätzliche Bürokratie und unnötige Doppelstrukturen, wie zum Beispiel zu den bestehenden EU LEADER- Förderprogrammen mit ähnlichen Zielen. Zudem greifen die Anforderungen der UNESCO in die kommunale Planungsfreiheit ein. „Es gibt Ideen verschiedener Akteure, die nach Einschätzung der Prozessbeteiligten auch ohne die Zwangsjacke eines Großschutzgebiets und ohne Ignorieren der Anliegen der lokalen Bevölkerung, der Land- und Forstwirtschaft sowie des Gewerbes alternativ umgesetzt werden können. Aber Alternativen durften bislang nicht diskutiert werden!”, so Fick in seinem Plädoyer.
Ernste Anliegen werden nicht ernst genommen
Mit Bedauern stellt die Allianz fest, dass Befürworter des Biosphärengebiets weiterhin eindeutige Fakten und ernsthafte Bedenken aufgrund negativer Erfahrungen von lokalen Gewerbetreibenden sowie aus der Land- und Forstwirtschaft in der jüngeren Vergangenheit als „Falschdarstellungen“ oder „Angstmacherei“ abtun. Diese Vorwürfe weist die Allianz klar von sich: „Diese Haltung untergräbt den demokratischen Diskurs und ignoriert die Lebensrealitäten der betroffenen Menschen“, betont Michael Fick.
Gemeinsame Verantwortung bleibt bestehen
Die Allianz für Allgäu-Oberschwaben sieht sich auch weiterhin in der Verantwortung für Natur, Landschaft und die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Zu diesem Zweck hat sie sich vor einem Jahr in einen Verein umgewandelt. Auch künftig will sie sich gemeinsam mit den Menschen und Interessensgruppen der Region für eine nachhaltige Entwicklung einsetzen – ohne zusätzliche Bürokratie und ohne ideologisch geprägte Strukturen, die an den Bedürfnissen von Bevölkerung, Handel, Gewerbe sowie Land- und Forstwirtschaft vorbeigehen.
Michael Fick für die Allianz Allgäu-Oberschwaben
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