Menschsein – ein Anliegen des Heiligen Leonhard
Gaisbeuren – Menschsein machte Pfarrer Stefan Werner zum Thema der Eucharistiefeier am 9. November, an dem heuer der traditionelle Gaisbeurer Leonhardsritt stattfand. Am 9. November erinnern wir uns auch an die dunkelste Seite deutscher Geschichte, als 1938 vom nationalsozialistischen Regime zu grausamen Pogromen gegen die jüdischen Mitbürger aufgerufen wurde. Am 9. November 2025 wurden den Teilnehmer am Gaisbeurer Leinhardsritt der Heilige Leonhard vor Augen gestellt, dem die Gleichheit allen Lebens in gegenseitigem Respekt ein Herzensanliegen war. Dieses Anliegen haben uns auch Holocaust-Überlebende wie Marcel Reif oder Margot Friedländer unauslöschlich ins Gewissen gerufen.
Der Gottesdienst
Von Leonhards Lebensweg vor fast 1500 Jahren können wir Heutigen immer noch viel lernen. Statt Karriere in Adelskreisen oder kirchlichem Bischofsamt zu machen, widmete er sich lieber den Hilfsbedürftigen, den Kranken oder Menschen in Kerkern, aber auch Tieren! Sein Beten führte Viele zurück in die Freiheit, insbesondere, wenn auch sie selbst sich für ihre Nächsten einsetzen wollten. Weil er Ketten zum Bersten brachte, gilt er als Kettenheiliger und als Schutzpatron für Vieh und insbesondere für Pferde. Vier aktuelle Gesichtspunkte sprach Pfarrer Werner in der Feier an: die Gleichheit aller bei Vielfalt und Respekt, die Gemeinschaft in Bus, Bahn, Schule, Arbeitsplatz, Verein und Kirche, die geschenkte Freiheit weg von den Sorgen, dem Leistungsdruck, hin zu „ich kann Gutes tun“, beispielsweise jemand in den Arm nehmen und mit Gott leben, was Kraft aus Glauben schenkt, sehen, was Gott geleistet hat, Fehler und Möglichkeiten sehen oder Gesellschaft heller und menschlicher gestalten. Diese Vorstellungen sind auch im Matthäusevangelium zu finden, in dem der höhere Wert des Himmelreichs gegenüber gefundenen Schätzen und Perlen beschrieben wird (Matthäus 13, Vers 44-46). Die Feier wurde würdig von Volker Schuhmachers Familiengottesdienstband umrahmt. Die Fürbitten wurden von zwei Ministrantinnen vorgetragen. Ortsvorsteher Achim Strobel entschuldigte Oberbürgermeister Matthias Henne – er feierte seinen Geburtstag – und Bürgermeisterin Monika Ludy wegen Terminüberschneidungen, dankte anschließend allen, die zum Gelingen des Fests beigetragen haben und forderte nochmal zum Menschsein oder zum Sicheinbringen auf. Er wünschte dem sich anschließenden Ritt trockenes Wetter und gesunde Rückkehr.
Das Zusammensein im Gaisbeurer Dorfgemeinschaftshaus
Der Saal des Gaisbeurer Dorfgemeinschaftshauses war liebevoll herbstlich von Doris Müller geschmückt und lud nach dem Gottesdienst die zahlreichen Besucher zum Mittagessen beziehungsweise zu Kaffee und Kuchen ein.
Vor dem Flurritt
Die traditionelle Pferdesegnung spendete Pfarrer Werner. Er segnete nicht nur die Pferde, natürlich auch seines, er segnete auch die Reiter und die zahlreichen Zuschauer, unter ihnen Raimund Haser MdL und die Erste Bürgermeisterstellvertreterin Sonja Wild. Gemeinsam wurde ein Segnungsgebet gesprochen:
Komm Herr, segne uns, dass wir uns nicht trennen,
Sondern überall zu dir bekennen.
Nie sind wir allein, stets sind wir die Deinen.
Lachen oder Weinen wird gesegnet sein.
Keiner kann Segen sich bewahren.
Weil du reichlich gibst, müssen wir nicht sparen.
Segen kann gedeihn, wo wir alles teilen,
Schlimmen Schaden heilen, lieben und verzeihn.
Frieden gabst du schon, Frieden muss noch werden,
Wie du ihn versprichst uns zum Wohl auf Erden.
Hilf, dass wir ihn tun, wo wir ihn erspähen,
Die mit Tränen säen, werden in ihm ruhn.
Pferde seien stolze und starke Tiere, die uns Menschen anvertraut seien. Daher solle man fürsorglich und schützend mit ihnen umgehen, sie vor Krankheit und Unglück schützen, wie das der Heilige auch vorlebte, bat Pfarrer Werner.
Der Flurritt
Nach dem Segen bestieg man die stolzen und sichtbar gepflegten Pferde, unter ihnen waren auch ganz junge Reiter auf Ponys. Auch dieses Jahr machten wieder sechzig Leonhardsreiter mit, allen voran die örtlichen Blutreiter aus Reute-Gaisbeuren und die Freunde aus Bad Waldsee. Von auswärts kamen Aulendorfer und fast 20 allein aus Bergatreute! An der Spitze des Ritts spielte in starker Besetzung der Musikverein Reute-Gaisbeuren, der die Reiter auch bei ihrer Rückkehr von Kümmerazhofen musizierend begleitete.
Die Rückkehr
Am Dorfgemeinschaftshaus gab es Verpflegung und Getränke für die zurückgekehrten Reiterinnen und Reiter, auch ein Schnäpsle zum Aufwärmen! Ortsvorsteher Strobel dankte nochmal allen, die gekommen waren, insbesondere Pfarrer Werner, und freute sich, dass der Ritt ganz ohne Regen und Unfall verlief. Genau zu diesem Zeitpunkt fing es tatsächlich an zu regnen.
Eine Bauernregel will der Schreiber dieser Zeilen noch anfügen:
Nach der vielen Arbeit Schwere, an Leonhardi die Rösser ehre!

Seit vielen Jahren leitet Volker Schumacher die Familiengottesdienstband.

Franziska Tessling, die Gewählte Vorsitzende der Kirchengemeinde Reute, wirkt auch als Kommunionhelferin.

Rebecca Müller, Lektorin.

Ortsvorsteher Achim Strobel dankte allen, die gekommen waren: den Gottesdienstbesuchern, den Reitern, allen, die Gaisbeurens großen Tag, den Leonhardstag, hochhalten. Am Ambo ein Bild des Ketten lösenden Heiligen.

Die Familiengottesdienstband.

Unverzichtbar bei einer Pferdeprozession: Weihwasser – für Mensch und Tier.

Die Jüngsten beim Leonhardsritt.

Raimund Haser und Sonja Wild.

Achim Strobel mit Gruppenführer Andreas Hertkorn (Blutreiter Reute-Gaisbeuren)

Pfr Werner mit zwei Ministranten.

Beim Segensgebet.

Blutreiter aus Bad Waldseer.

Blutreiter aus Bergatreute.

Kleine Reiter, kleine Pferde.

Musikanten aus Reute und Gaisbeuren.

Auszug und Rückkehr der Pferde wurden vom Musikverein Reute-Gaisbeuren begleitet.

Die Blutreitergruppe Reute-Gaisbeuren.

Pfarrer Werner hoch zu Ross.

Nach dem Flutritt die wohlverdiente Belohnung: Wurst und Wecken. Und ein Schwätzle.
Text und Fotos: Peter Lutz












