Für Martin bebte die Durlesbachhalle
Bad Waldsee /Aulendorf – Dem Brückenbauer und leidenschaftlichen Musiker Martin Rebmann wurde ein großer und würdiger musikalischer Nachruf geschenkt. Unter dem Motto „Für Martin – ein musikalischer Brückenschlag“ entsprachen die Stadtkapelle Aulendorf und der Musikverein Reute-Gaisbeuren gemeinsam seinem sehnlichen Wunsch eines gemeinsamen Konzerts, war er doch Dirigent der Stadtkapelle Aulendorf und Vizedirigent seiner Reute-Gaisbeurer. Und weil ihm die Jugendarbeit sehr wichtig war, durfte zum nun verwirklichten Brückenschlag auch das Vororchester aus Reute-Gaisbeuren mit auf die Bühne. Wenn dann im Hauptteil des Konzerts 110 Musiker auftraten, brauchte es eine Bühne von 200 Quadratmetern Fläche, so groß, dass sie nicht wie gewohnt vorne, sondern an der Längsseite aufgebaut werden musste. Nicht nur dem allzufrüh Verstorbenen galt der Konzertabend am vergangenen Samstag (25.10.), auch der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) in ihrem Kampf gegen den Blutkrebs war er gewidmet.
Im Beisein von Oberbürgermeister Matthias Henne mit Familie, er kehrte eigens zu diesem Anlass vorzeitig vom offiziellen Besuch der französischen Partnerstadt zurück, und im Beisein von Altbürgermeister Rudolf Forcher eröffnete das junge Vororchester unter der Leitung von Ilona Müller das Konzert für Martin. Wie die Großen haben auch die Jungen schon eine gewandte Ansagerin in Anna Müller und zwei Registersprecher, den Trompeter Reto Maucher und die Tenorhornistin Natalie Rux. Reto beschwor den Zusammenhalt und die Kameradschaft der Musiker und erntete dafür starken Applaus. Drei Titel standen für das Vororchester auf dem Programm: „The magnificent seven“, „Dos Muchachos“ und die berührende Geschichte vom Freundschaft stiftenden Wikingerjungen Hicks und dem Drachen Ohnezahn aus dem Film „How to train your dragon“. Mit Zugabe echter „Cheerleaders“ boten die Nachwuchsmusiker bereits beachtliches Niveau.
110 Musiker
Nun aber waren die beiden Kapellen vereint gefordert. Die Aulendorfer betraten die Bühne von links, die Heimischen von rechts und waren zunächst jeweils unter sich. Martin Galasch, Ansager der Aulendorfer, begrüßte mit verbindenden und auch mit nach vorne gerichteten Worten. Alle 110 Musiker brachten mit „Fanfare & Florishes“ die Halle zum wuchtigen Klingen unter der Leitung von Hermann Stehle (Aulendorf). Hauptmotiv des Stücks ist die bekannte Eurovisionshymne, die James Curnow für Blasmusik arrangierte. Bereits damit entstand ein Beben in der großen Durlesbachhalle und die erste Brücke zwischen den beiden Kapellen war geschlagen, ganz im Sinne Martins. Danach intonierten die Aulendorfer die abenteuerliche „Legend of Maracaibo“. Dieser Titel erinnerte an das erfolgreiche Wertungsspiel am 30. April 2023 in Mietingen. Diese Komposition umfasst in einem musikalischen Satz das Ablegen der Maracaibo und die vielen Abenteuer und Gefahren des stolzen Schiffes in ruhigen und rauen Fahrwassern. Besonders die Register Schlagwerk, Trompete und Holz malten die Ereignisse von Vigo, eindrucksvoll geleitet von Hermann Stehle.
Die Musikkapelle Reute-Gaisbeuren brachte nun „Arabesque“ von Samuel R. Hazo zu Gehör. In ihrer Rolle als Ansagerin berichtete die Querflötistin Melanie Bosch von der Suche nach einem neuen Dirigenten im Frühjahr 2024, die schließlich erfolgreich mit der Verpflichtung Carina Wachters abgeschlossen werden konnte. Beim Frühlingskonzert des Musikvereins Eglofs beobachtete Martin gemeinsam mit einem Expertenteam Carina Wachter und war besonders vom Dirigat der Arabesque beeindruckt. Die Umsetzung durch Wachter überzeugte. In Melanies Einführung zu Arabesque waren tolle Bilder aus dem Morgenland zu sehen, Bilder von arabischen Festen, Moscheen oder typischen Traditionen. Martin hatte diesen Titel mit den Aulendorfern zum Neujahrskonzert 2024 einstudiert. Hervorragend gelang dies auch Carina Wachter am Abend des Brückenschlags! Insbesondere ein Querflötensolo oder das Schlagwerk zauberten einen Hauch von Orient in den Saal, den der gesamte Klangkörper unterstrich. So entstand ein Brückenschlag zwischen Morgen- und Abendland.
Die Register vereint
Zu Teil II des Konzerts mischten sich alle Register, das heißt: Jedes Register der 110 Musiker bestand nun aus Musikern beider Ensembles. Martin Galasch führte in „Arsenal“ von Jan van der Roost ein, während Carina den Taktstock führte. Dieser Marsch ist technisch anspruchsvoll und enthält kraftvolle fanfarenähnliche und gar lyrische Passagen. Dem mächtigen Klangkörper gelang eine ausgezeichnete Interpretation, die auch Martin sicher sehr gefallen hätte. Auch mit dem Hornfestival von Kurt Gäble wurden Schlaglichter aus Martins Wirken und Leben vorgestellt. Melanie bedankte sich bei Hildegard und Otto Rebmann für die vorbildlichen Musikerkinder, „die sie uns schenkten“. Weiter sagte sie: „Aber nicht nur motivierte Musiker haben sie uns geschenkt sondern auch effizient zupackende Helfer beim Bau unseres Vereinsheims, das inzwischen zu 70 % fertiggestellt ist!“ Auch dazu gab es Bilder zu sehen.
Martins Brüder im Duett

Die Hornisten Klaus (links) und Thomas Rebmann beim Gedenken für ihren verstorbenen Bruder Martin.
Auch das von Carina konzentriert dirigierte Hornfestival war ein weiteres Highlight in Martins Sinne, denn seine Brüder Klaus und Thomas spielten darin ein grandioses Hornduett, das mehrfach von den einzelnen Registern umspielt wurde.
Stationen im Leben Martin Rebmanns
Dem folgenden „Highland Cathedral’ wurden Lebensstationen Martins durch Melanie vorangestellt. Schon als Bub mit zehn Jahren begeisterte er sich für Musik, nahm fleißig Unterricht, bildete später seine Rotweinclique, war von 2006 bis 2008 Jugendleiter im Verein, dirigierte gar mal in Bayerntracht auf dem Münchner Oktoberfest, von 2010 bis 2013 leitete er die Musikkapelle Boms, von 2013 bis 2018 den Musikverein Molpertshaus und ab 2018 die Stadtkapelle Aulendorf. Stets suchte er Neues, hatte unzählige Ideen, Energie und Humor und war stets Optimist. Die Highland Cathedral leitete Hermann Stehle eindrucksvoll, indem er insbesondere die Holzbläser forderte. Gleichzeitig waren viele Bilder zu sehen.
Märsche verschiedener Art mögen Freunde der Blasmusik besonders. Ein Marsch aber mit 76 Posaunen (Trombones) konnten die 110 Musiker dann doch nicht spielen; energiegeladen wie Martin Galasch treffend ankündigte, war die Interpretation allemal. Carina forderte nicht nur die Posaunen unter anderem mit einem feinen Solo, sondern auch weitere Blechregister und die Schlagwerker trugen stark zum gewollten Klangbild der Arrangeure bei.
800 Stammzellenspender
Erneut griff Melanie zum Mikrofon und berichtete vom gemeinsamen Kampf aller Musiker um das Leben Martins. Eine breite Typisierung potenzieller Knochenmarkspender könnte doch so viel Leben retten bzw. zweite Chancen geben. 800 Stammzellenspender hatte man gefunden. Wir wollten anstoßen, schließlich nicht mehr nur um unseren liebevollen Musiker und Freund zu retten, was wohl auch in seinem Sinn ist. Dazu wurde ein Video eingespielt, in dem zwei Spezialistinnen der Knochenmarkspenderdatei aus Tübingen sich herzlich bei den Musikern bedankten und dafür warben, weiter diese Mission zu pflegen. Ein Bild zeigte schließlich eine Brücke zur DKMS. Das Motto dazu: Stäbchen rein – Spender sein!
Der Regenbogen
Mit einer sehr persönlichen und berührenden Erinnerung schloss Melanie ihren ganz eigenen Brückenschlag zu Martin. Nachdem sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, war draußen vor ihr ein farbenkräftiger Regenbogen, in dem sie die Brücke Martins zum Himmel sah. Dieser Regenbogen wurde den Besuchern sogar gezeigt. Dazu dirigierte Stehle den gut gewählten Titel „Über sieben Brücken musst Du gehen’, den die legendäre DDR-Rockgruppe „Karat“ einst schuf. Der gefühlvoll arrangierte Song erreichte das Innere der Besucher eindrucksvoll. Das darin enthaltene Saxophonsolo tat seine übrige Wirkung. Langer und verdienter Applaus belohnte die Musiker. Dies nahm Galasch gerne auf und berichtete, noch im April habe man die Sieben Brücken einstudiert, natürlich für den Freund und Brückenbauer Martin. Musik war nun mal seine Welt. Und genau deshalb würde es eine besondere Zugabe geben, nämlich den Evergreen von John Miles, in dem es so treffend heißt: „Music was my first love and it will be the last, music for the future, and music of the past …“

Ilona Müller dirigiert das Vororchester.

In der Mitte Reto Maucher.

Aulendorfs Dirigent Hermann Stehle.

Martin Galasch.

Carina Wachter.

Musikfan Pfarrer Stefan Werner im Gespräch.

Melanie Bosch führte durch das Programm.

Die beiden Dirigenten Carina Wachter und Hermann Stehle.

Saxophonisten aus beiden Kapellen nebeneinander.

Carina Wachter dirigiert.
Ich finde, einen noch liebevolleren abschließenden Brückenschlag hätten Martins Freunde nicht bewerkstelligen können.
Text und Fotos: Peter Lutz












