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Gitarristen aus Chile konzertierten

Feine Kunst in der Pfeilerhalle



Foto: Peter Lutz
Beeindruckendes Konzert in der Pfeilerhalle des Kornhauses: Neven Sulic (links) und Fernando Bravo.

Bad Waldsee – Immer wieder werden im Kornhaus zu Waldsee fürs Auge beachtliche Kunstausstellungen präsentiert. Hin und wieder erfreuen dort auch musikalische Highlights das Ohr der Besucher. Am 24. Oktober machten zwei chilenische Ausnahmegitarristen, Fernando Bravo und Neven Sulic, Station in der Kurstadt. Erfreulicherweise ließen sich gut neunzig Musikliebhaber dieses besondere Ereignis nicht entgehen. Um es vorweg zu sagen, mit großer Begeisterung verfolgten die Gäste das sehr anspruchsvolle Konzert der beiden Chilenen! Mit ihren äußerst hochwertigen Instrumenten erfüllten sie den geschichtsträchtigen Raum ohne jede Verstärkung atemberaubend unaufdringlich bis zum hintersten Sitzplatz.

Der sehr gut Deutsch sprechende Neven Sulic moderierte das eineinhalbstündige Konzert, das er als Reise vom sechzehnten Jahrhundert bis ins Heute ankündigte.

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Klassischen englische Kompositionen

Der erste Programmpunkt galt klassischen englischen Kompositionen für Laute, die vor 400 Jahren entstanden. Gitarren kannte man damals im elisabethanischen Zeitalter noch nicht. Mit welch bestechender Präzision die Beiden perfekt aufeinander abgestimmt spielen, konnten Musikliebhaber unmittelbar erleben. Die damalige am Hofe verbreitete tänzerische Fröhlichkeit schwebte als Motive zwischen den beiden Instrumenten in den drei Titeln „Merry Mood“, „A Fancy“ und „Drewerie’s Accordes“. Mit in unserer Zeit selten zu vernehmenden leisen und zarten Tönen führten sie das Publikum in die Möglichkeiten der klassischen Gitarre, die nur Wenige so beherrschen. Schließlich genossen sie gemeinsam eine mehr als zehnjährige Ausbildung an der Facultad de Artes der Universitad de Chile, in Barcelona und in London bei bedeutenden Meistern.

Werke aus der Barockzeit

Mit dem nächsten Programmpunkt ging es zum Barock, in die Zeiten eines Johann Sebastian Bach oder wie hier zu Georg Philipp Telemann ins achtzehnte Jahrhundert. Die dreisätzige „Sonate im Kanon“ wurde von Telemann für Violine komponiert. Der vor allem aus vergessenen Arbeiten der Renaissance schöpfende bedeutende Komponist und Gitarrist Narciso Yepes schrieb etliche Werke für Gitarre um, so auch besagte „Sonate im Kanon“. Diese sehr anspruchsvollen Sätze Vivace, Adagio und Scherzando gelang dem Duo gefühlvoll leise und doch akzentuiert auch sicher im Sinne Yepes’ und Telemanns vorzüglich.

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Lateinamerikanische Klänge, rhythmisch und dezent

Mit dem nächsten Programmpunkt gab es einen großen zeitlichen Sprung ins zwanzigste Jahrhundert zum chilenischen Komponisten Edmundo Vásques (geb. 1938). Mit seiner viersätzigen Komposition „Suite Popular“ war ein meisterliches Gleiten der 20 Finger über 12 Saiten virtuos und trotzdem völlig unaufgeregt zu erleben. In diese Suite fließt lateinamerikanische Folklore ein insbesondere aus Chile in Entrada und Tonada und aus Argentinien in Chacarera und Zamba. Vásques studierte übrigens unter anderem beim gleichen Professor wie später auch Sulic und Bravo, nämlich bei Cirilo Vila. Wohl auch deshalb spielen die beiden bevorzugt Arbeiten ihres „Studienkollegen“. Besonders in den Sätzen Zamba und Tonada wechseln die Gitarristen immer wieder die Rollen in den hohen und tiefen Noten, die beide perfekt beherrschen. Trotz starker Rhythmik kamen auch hier wieder die hinreißend leisen Töne stets sauber angeschlagen zur Geltung.

Zeitgenössisches aus Kuba

Auch im vierten Programmpunkt wurde mit „Micro piezas“ ein zeitgenössischer Komponist herangezogen. Leo Brouwer (geb. 1939), ein kubanischer Komponist, unternahm in den 50er-Jahren den Versuch, den Gitarren eine neue bzw. zeitgenössische Sprache oder Klangwelt zu entlocken. Darin werden Harmonie und Schräge oder gar Dissonanzen bei prägnanter Tonsprache vereint. Natürlich finden sich darin auch kubanische Elemente mit virtuosen Passagen, die Sulic und Bravo selbstverständlich wieder großartig beherrschten. Im Allegro vivace wechseln schwierige Tremoli und Rhythmen. Erst in Satz Sonoro mündet man wieder in die Nähe der vom Duo ansonsten gepflegten Harmonie.

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Schlafwandlerisches Verständnis

Im fünften Teil des Konzertprogramms gings wieder zurück zum alten Kontinent ins 19. Jahrhundert mit „Duetto op. 34“ des italienischen Komponisten Ferdinando Carulli. Er gilt als Autor sehr zahlreicher, aber unterschiedlicher Arbeiten. Einige seiner Kompositionen dienen bis heute als wichtige Übungsstücke der klassischen Gitarrenausbildung, insbesondere das Opus 34, das alle Ansprüche der gehobenen Schule umfasst. Harmonische, melodiöse, rasante Läufe, schmeichelnde wie heitere Passagen bis hin zu einem inneren Frieden erzeugenden Tonfall trafen Bravo und Sulic überzeugend mit der von ihnen selbst geforderten Exaktheit. In beiden Sätzen (Largo und Rondo, allegretto poco) waren nochmal perfekt gelungene Läufe, Harmonie und gegenseitiges fast schlafwandlerisch-musikalisches Verständnis zu erleben.

Als Zugabe Vivaldi

Nicht enden wollender aber hochverdienter Applaus des Publikums motivierte das Duo nach pausenlos gespieltem Konzert zur fälligen Zugabe, die ihr Können erneut bewies. Es war ein Andante aus dem „Concerto per due Mandolini in sol maggiore in G-Dur“ von Antonio Vivaldi.

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Ideales Ambiente

Der überaus freundliche Empfang durch den Hausherrn des Waldseer Kornhauses, den Museums- und Heimatverein, bot sowohl den Künstlern als auch den Besuchern ideale Voraussetzungen zum Gelingen des Konzertabends. Die Musiker waren auf Augenhöhe mit den Gästen, die Bestuhlung war in optimaler Weise der feinen Akustik der Pfeilerhalle angepasst, lobten die erfahrenen Sulic und Bravo anerkennend und dankbar in ihrer anschließenden Manöverkritik!
Peter Lutz   


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