Skip to main content
ANZEIGE
Barnys Advent (3)

Die alte Hebamme



Die Zeit bleibt nicht stehen. Auch für sie nicht. Jetzt ist sie in die Jahre gekommen und spürte das Alter in den Knochen. In ihrer aktiven Zeit hatte die alte Hebamme Theresa einer unüberblickbaren Zahl von Babys auf die Welt geholfen. Ihr Beruf war echte Berufung für sie. Theresa ging auf in ihrem Bemühen um eine möglichst angenehm-professionelle Geburtshilfe. Zahlreiche Mütter im Umkreis sind ihr zu Dank verpflichtet. Nicht zu vergessen die Väter, die häufig eine besondere Zuwendung brauchten.

Immer hatte Theresa ein offenes Ohr für alle an der Geburt Beteiligten. Sicher die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner der Kleinstadt im Schussental erblickten mit Theresas Hilfe das Licht der Welt. Vor lauter Sorge um die ihr vertrauenden und damit ihr anvertrauten Mütter hat sie es versäumt, für sich selbst Vorsorge zu treffen. Als Selbständige schaffte sie es gerade so, finanziell einigermaßen über die Runden zu kommen. Für eine Lebensversicherung oder eine private Altersrente reichte ihr Einkommen leider nicht aus. Zumal Theresa nicht selten auf Teile des ihr zustehenden Salärs verzichtete, wenn sie mitbekam, wie finanziell klamm die Familie war, die sie zu betreuen hatte.

Ihre Gutmütigkeit rächte sich nun gegen Ende ihres Lebens. Nach einer Gott sei Dank über-wundenen Krebserkrankung konnte sie nicht mehr als Hebamme praktizieren; auch zeigte sie sich nach den zahlreichen Behandlungen mit Chemotherapie und Operation zu schwach, um ihren kleinen, aber jahrelang ertragreichen Gemüsegarten umzutreiben. Das zur Verfügung stehende Geld reichte vorne und hinten nicht. Selbst das von ihr zeitlebens sehr geschätzte Schwimmen im warmen Wasser des örtlichen Thermalbades war nicht mehr drin.

Weil ihr Leben nur aus der erfüllenden Arbeit als Geburtshelferin bestand, gab es auch keinen unterstützenden Partner an ihrer Seite. Ihr war klar, irgendwie musste sie mit ihren knapp 80 Lebensjahren alleine und auf sich gestellt über die Runden kommen.

In ihrem fortgeschrittenen Alter erkannten sie vor allem die Jüngeren in der Nachbarschaft nicht mehr und manchmal wurde selbst ihr Gruß nicht mehr erwidert. Das schmerzte bis tief hinein in die Seele. Die Sache mit dem Grüßen schien ohnehin aus der Mode gekommen zu sein.

Als tragisch empfand sie, dass sie sich in diesem Jahr weder einen Christbaum und schon gar kein festliches Weihnachtsessen leisten konnte. Trübsinnige und traurige Tage standen Theresa am Ende der Adventszeit bevor.

Doch es kam anders als erwartet.

Am frühen Nachmittag des Heiligen Abends läutete es an der Haustür der alten Hebamme. Draußen stand eine junge Frau:

„Sie erinnern sich sicher nicht mehr an mich. Ich bin Brigitte. Vor über 30 Jahren haben Sie mich zur Welt gebracht. Es war wohl keine einfache Geburt. Meine Eltern erzählen bis heute von Ihrem selbstlosen Einsatz. Frohe Weihnachten!“, sprachs und drückte der verdutzten Theresa einen großen Korb mit ausgesuchten kulinarischen Spezialitäten in die Hand.

Keine halbe Stunde später wiederholte sich dieser Vorgang. Ein junger Mann kam auf einen Sprung vorbei, erinnerte an die Tage rund um seine Geburt, wünschte ein fröhliches Fest und überbrachte ein stattliches Weingebinde.

Menschen unterschiedlichen Alters gaben sich an diesem 24. Dezember die Türklinke am Haus der alten Hebamme in die Hand. Offenbar hatte sich die Not der betagten und verdienten Mitbürgerin herumgesprochen. Dankbar und mit strahlendem Gesicht nahm Theresa die überbrachten Geschenke an, aber noch dankbarer war sie für die Zuwendung, die ihr am Tag der Geburt des Herrn entgegengebracht wurde. Geburten, ja das war ihr Metier. Die Erkenntnis wuchs mit jedem weiteren Besuch: Menschen zu helfen, hilft einem selbst auch. Manchmal braucht es einfach etwas Zeit.
Bernhard (“Barny”) Bitterwolf

Diese Kurzgeschichte wurde dem Buch „Frai de heit, s isch Weihnachdszeit“ entnommen, das Bernhard Bitterwolf zusammen mit Edi Graf im Silberburg-Verlag herausgebracht hat.

Bernhard Bitterwolf, Edi Graf: Frai de heit, s isch Weihnachdszeit
Schwäbische Geschichten, Gedichte und Lieder
144 Seiten, ca. 50 Abb. (Grafiken) und Noten,
14,0 x 21,0 cm, Hardcover mit Fadenheftung
Silberburg-Verlag, Tübingen
€ 19,99
ISBN: 978-3-8425-2389-0

Der Schriftsteller und Moderator Edi Graf und der oberschwäbische Barde Bernhard „Barny“ Bitterwolf haben für das Buch Frai de heit, s isch Weihnachdszeit tief in ihre Weihnachtskiste gegriffen und daraus die schönsten schwäbischen Geschichten, Gedichte und Lieder hervorgezaubert. Schon das Cover des Buches zaubert dem Betrachter ein Lächeln ins Gesicht: Drei junge Sternsinger schmettern mit weit geöffneten Mündern inbrünstig ihre Lieder. Gezeichnet ist diese Darstellung des lebendigen Brauchtums im Ländle vom bekannten Illustrator Uli Gleis. Im Buch selber lockern kleine, adventlich inspirierte Bildchen den Textfluss auf. Dadurch wird allein schon das Blättern im Buch zur Freude. Der Graphiker Björn Locke hat hier tolle Arbeit geleistet.
 


 
 



LESEN SIE HIERZU AUCH …

Zum 1. Adventssonntag

Die letzte Chance

Warum sollte es bei uns anders laufen als bei anderen Paaren in der gleichen Situation? Im Laufe der Jahre hat sich auch in unserem Verhältnis zueinander vieles eingespielt, ist normal, ist zur Gewohnheit geworden. Das Haus ist abbezahlt, die Kinder sind aus dem Gröbsten raus und wir, wir haben uns in den letzten Jahren zumindest ein Stückchen weit auseinandergelebt.
Barnys Advent (2)

Ens Herz

‘s isch tatsächlich so: ‘s ganz Johr frei i mi auf dr Advent, auf dia Zeit, in der ma sich innerlich vorbereitet auf was Großes, auf was Bsonders, auf a Fescht, des einzigartig em Johreslauf isch. It bloß i fiebere auf Weihnachda na. Alle Leit um mi rom goht’s gleich. ‘s fangt a mit em Dekoriere vom oigene Haushalt, mit em Breedlabacka, mit em Überlega, was i wem schenk, mit dem Schwätza übers Feschtessa und it zletscht mit em Bsuach auf diverse Chrischtkendles- und Weihnachdsmärkt. Jo, für m…

NEUESTE BEITRÄGE

Bad Waldsee
B30 bei Gaisbeuren und Enzisreute

Bürgerbeteiligung und Webseite starten 2026

Bad Waldsee – Zum Jahresbeginn 2026 startet die informelle Bürgerbeteiligung für die Planungen für die Ortsumfahrungen Enzisreute und Gaisbeuren der Bundesstraße B 30. Ziel ist es, Anregungen und Ideen aus der Bevölkerung frühzeitig in die weitere Planung einzubeziehen. Bis zum 30. Mai 2026 haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, den Planungsprozess für das Projekt B 30 Enzisreute-Gaisbeuren so zu begleiten: Über ein Dialogfeld auf der Website können Vorschläge, Hinweise und eigene Pers…
48-seitige Broschüre über Herbert Mentz

Heimatforscher Paul Sägmüller erinnert an einen vergessenen Lüftl-Maler

Bergatreute (rei) – Der Heimatforscher Paul Sägmüller aus Bergatreute hat eine Broschüre über Herbert Mentz herausgebracht. Mit dem 48-seitigen Werk erinnert er an einen im Raum Bad Waldsee und darüber hinaus wirkenden Lüftl-Maler. He. Mentz – diese Signatur kann man da und dort an Hauswänden am Rande eines Gemäldes lesen. Aber die wenigsten wissen, wer sich hinter dem Namen verbirgt. Sägmüller kommt das Verdienst zu, den Maler aus der Vergessenheit geholt zu haben. Mehr noch: Er würdigt ihn …
Solidarische Gemeinde Reute-Gaisbeuren

Friedhof Reute als Ort der musikalischen Begegnung im Advent

Reute-Gaisbeuren – Schon im vierten Jahr hat die Solidarische Gemeinde Reute-Gaisbeuren zu einem besonderen Event aufgerufen. Am Vorabend des dritten Adventssonntags wurden die Bewohner zu einem besinnlichen und auch kurzweiligen Innehalten eingeladen.
mit Bildergalerie
veröffentlicht am 18. Dezember 2025
Am Samstag, 10. Januar

Kreativ Treff – Textiles Gestalten

Reute – Wir sind eine Gruppe aus Hobbyschneiderinnen, die Spaß an textilem Gestalten haben. Unterstützt werden wir durch Mitglieder des Strickkreises, die gerne Hilfestellung bei Strick- und Häkelarbeiten geben!
Lesewettbewerb der 6. Klassen am Gymnasium Bad Waldsee

Olivia Bodenmüller aus der 6c darf weiter zum Regionalentscheid

Bad Waldsee – Die sechsten Klassen des Gymnasiums haben sehr viele gute Leser und Leserinnen in diesem Jahr. Das macht gewöhnlich die Auswahl für den Schulsiegerentscheid bereits schwer. Sitzen dann die sechs Besten der Parallelklassen in der Mediothek des Döchtbühl, geht’s dann richtig zur Sache.
ANZEIGE

MEISTGELESEN

Bad Waldsee
Darauf haben Bad Waldsees Kids schon lange gewartet

McDonald’s Bad Waldsee hat eröffnet

Bad Waldsee – Seit 16. Dezember wird gebruzzelt, frittiert , serviert und gegessen. Der nigelnagelneue McDonald’s an der Einmündung zum Industriegebiet Nord ist eröffnet.
Stadtrat, Ehren-Zunftmeister, Träger der Staufer-Medaille

Bad Waldsee trauert um Franz Daiber

Franz Daiber ist tot. Der herausragende Mann starb nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 71 Jahren. Sein Wort galt viel in der Stadt. Wenn er es erhob, merkte jeder auf. Ob im Gemeinderat oder beim Kampf für den Erhalt des Krankenhauses: Hochkompetent brachte er sich in den Diskurs ein. Seine große Liebe galt der Waldseer Fasnet. Unvergessen, wie er mit der Mords-Comedia, querflötentirillierend und wortspielend, durch Gassen und Säle zog. Bis zuletzt – noch in der Fasnet 2025 – gab er…
Ehrenamtliches Engagement gewürdigt

Ein Nachmittag voller Dankbarkeit und Wertschätzung

Bad Waldsee – Zu einem feierlichen Nachmittag des Dankes hat Oberbürgermeister Matthias Henne am Freitag, 12. Dezember, die ehrenamtlich Engagierten der Stadt eingeladen. In festlicher Atmosphäre kamen im Gasthaus “Adler” in Gaisbeuren zahlreiche Helferinnen und Helfer zusammen, die sich in unterschiedlicher Weise für die Stadt einsetzen – ob in den Bereichen Kultur, Seniorenarbeit, Familienarbeit, Tourismus oder Fairtrade.
Im Rahmen der Weihnachtsfeier

Ehrungen und Verabschiedungen bei der Großen Kreisstadt Bad Waldsee

Bad Waldsee – Am 11. Dezember fand die traditionelle Weihnachtsfeier der Großen Kreisstadt Bad Waldsee statt. Rund 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren zur Feier in die Durlesbachhalle zusammengekommen. Es gab Ehrungen und Verabschiedungen.
Gestern (12.12.) war der Festakt zum Abschluss der Maßnahme

Ortsdurchfahrt Reute ab 17. Dezember vollständig frei

Tübingen / Bad Waldsee (rei / RPT) – Große Freude bei den Bürgern in Reute und Gaisbeuren, generell bei der Stadt Bad Waldsee, bei wichtigen Infrastrukturunternehmen wie der Wasserversorgung OSG und sicherlich bei den Verkehrsteilnehmern: Die große Baumaßnahme an der Landesstraße zwischen Reute und Gaisbeuren ist so gut wie abgeschlossen. Gestern (12.12.) um 11.00 Uhr war der Festakt zum Abschluss der Maßnahme. Da noch Restarbeiten zu erledigen sind, wird die großräumige Umleitung erst zum 17…

TOP-THEMEN

Bad Waldsee
Bad Waldsee – Zum Jahresbeginn 2026 startet die informelle Bürgerbeteiligung für die Planungen für die Ortsumfahrunge…
Bad Waldsee – Seit 16. Dezember wird gebruzzelt, frittiert , serviert und gegessen. Der nigelnagelneue McDonald’s an …
Mittelurbach – Der Weihnachtsmarkt in Mittelurbach hat immer eine ganz besondere Atmosphäre. Man merkt es überall, di…

Einzelhandel, Dienstleistungen und Handwerk in Allgäu-Oberschwaben

VERANSTALTUNGEN

Bad Waldsee