Der Kornhaus-Advent zauberte Winterstimmung in die Köpfe
Bad Waldsee – Weihnachtlich leuchtete die historische Altstadt. Der Weihnachtsmarkt verbreitete duftende Vorfreude. Alte oberschwäbische Bräuche erwachten in Programmen und in den Herzen der Menschen. Allein der Winter hielt sich noch sehr bedeckt. Allerdings in der Pfeilerhalle hielt er musikalisch spürbar Einzug. Das Saitenensemble Salteris und Oberschwaben Brass erfüllten die Besucher reichlich mit adventlich-winterlichen Emotionen.

Monika Ludy begrüßt Publikum und Künstler.
Die neue Vorsitzende des Museums- und Heimatvereins (MHV) Bürgermeisterin Monika Ludy (Biild) freute sich über die vollbesetzte Halle. Im Namen von Oberbürgermeister Matthias Henne und ihres fast vollständig anwesenden Vorstands begrüßte sie die Konzertbesucher herzlich. Gleichzeitig dankte sie dem bisherigen Vorstand für dessen mit Herzblut und vorbildlichem ehrenamtlichen Engagement geleistete Arbeit. Auch bei Johanna Hess, Ernst Langer und Brigitte Hecht-Lang bedankte sie sich sehr für die intensiven organisatorischen Vorbereitungen des Konzertabends. Ludy wünschte allen ein genussreiches oberschwäbisches Konzerterlebnis und lud die Gäste ein, abzuschalten.

Teile des neuen MHV-Vorstands (von links): Tina Deiss, Lena Maucher, Markus Mohr
Die Gruppe „Salteris“ mit Severin Hänsler (Hackbrett und Moderation), Salome Hänsler (Violine), Regina Hänsler (Bass) und Georg Dahlmann (Gitarre) spielte zum Auftakt Satz eins des Winterkonzerts aus den „Vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi. Alle vier Instrumente, insbesondere Hackbrett und Violine, spielten rasante Läufe mit Sechzehntelnoten, auch unterstützt von Severin Hänslers Hi-Hat, womit auch eisige Stürme aufschienen. Auf die besondere Atmosphäre war nun perfekt und fulminant eingestimmt, was Hänsler mit einem Bild leisen und wilden Schneerieselns zusätzlich erklärte. Das Winterkonzert bilde schließlich einen roten Faden durch das gesamte Adventskonzert.

Das Ensemble “Salteris”.
Winterliche Stimmung trotz milder Temperaturen
„Oberschwaben Brass“ mit Steffen Ocker (Trompete und Moderation), Severin Hänsler (Trompete), Hermann Stehle (Waldhorn), Matthias Dorner (Posaune) und Markus Rist (Tuba) nahm mit „Nivalúme’“, arrangiert von Severin Hänsler, die winterliche Stimmung elegant auf. Das teilweise getragen gespielte Stück erinnerte deutlich an winterliche Helligkeit und weiße Schneelandschaft. Auch mit Gustav Holsts „In the bleak midwinter“ malte Salteris ein romantisch-musikalisches Winterbild wohl aus der oberschwäbischen Heimat mit all ihren landschaftlichen Schönheiten und alten Gotteshäusern. Regina Hänsler trug dazu passend das Gedicht „Winternacht“ von Edeltrud Wisser vor, in dem ein glanzversiegeltes Wasserbett – gemeint ist damit ein zugefrorener See – das Sternenzelt wiederspiegelt. Das aus Finnland stammende „Sinun Silmäsi“ passte wunderbar zu diesem Bild und wurde einfühlsam von Salteris intoniert. Das Stück beschreibt Augen der Menschen in einsamen klirrend kalten nordischen Winterlandschaften, die diese Szenen aus einem warmen Haus durchs Fenster zufrieden wahrnehmen. Bei derzeit (6.12.) gerade mal acht Grad plus in Bad Waldsee seien die nordischen Minusgrade wohl nicht unmittelbar vorstellbar, aber musikalisch funktionierte das dennoch, meinte Hänsler. zurecht.
Der ängstlich schwitzende Schneemann
Ähnlich winterlich, aber recht heimatlich-humorvoll besuchte Oberschwaben Brass einen „Frosty the Snowman“, der hoffentlich nicht gleich dahinschmelzen würde, doch aber sicher alle Jahre wieder kommen darf. Das schmissig gespielte Stück gab sinnbildlich den ängstlich „schwitzenden“ Schneemann überzeugend wieder! Salteris setzte das Programm nun mit dem zweiten Satz aus Vivaldis „Winterkonzert“ fort. Darin waren wechselnde Winterwetter wie Wind, Schauer von Schnee und Regen oder wohl auch Feuer vom warmen Ofen in der Stube unüberhörbar. Unterstrichen war das deutlich vom flotten Violinenbeitrag Salome Hänslers und vom Rhythmus der Gitarre und des Kontrabasses.
„Oberschwaben Brass“ nahm den brausenden Winter geschickt und wuchtig mit „It’s the most beautiful time“ auf. Zuvor aber erinnerte Steffen Ocker an aus viktorianischem Zeitalter stammende Weihnachtsbräuche nach, denen man sich gruselige Geistergeschichten in warmer Stube vorlas. Diese aufwühlenden Geschichten wurden von den Bläsern herrlich erzählt, wobei alle fünf Instrumente einen technisch anspruchsvollen Beitrag großartig darboten. Ocker beruhigte das Publikum aber mit seiner Ankündigung, man werde anschließend ein beruhigendes Lullaby von Christoph Moschberger zu Gehör bringen. Salteris hätten dann die nicht einfache Aufgabe, die Gäste wieder aufzuwecken, scherzte er. Insbesondere die beiden Trompeter glänzten bei diesem Doppeltitel, Hänsler teilweise mit gedämpftem Instrument.

“Oberschwaben Brass”, das sind (von links): Steffen Ocker, Matthias Dorner, Markus Rist, Hermann Stehle und Severin Hänsler.
Die Geschichte vom Wärmen der Krippenfiguren
Die Bassistin Regina Hänsler gab – zum Aufwecken? – einen witzigen Schulaufsatz in schwäbischem Dialekt zum Besten. Er handelte vom alljährliche Aufbau der Weihnachtskrippe, diesmal mit Unterstützung des recht einfallsreichen Schulbuben. Weil es in der Stube doch so kalt war, wollte der mitfühlende Bub die Figuren am Ofen wärmen. Das allerdings bekam den dadurch verstümmelten Figuren nun gar nicht gut, weshalb kurzerhand improvisiert werden musste. So saß der Josef nun auf einem seitlich gestellten Playmobilmotorrad, damit das verlorene Bein nicht zu sehen war, das völlig geschmolzene Jesukind wurde durch den Asterix ersetzt, weil der genau in das Kinderbettle passte und warum konnte man nicht mehr existierende Weidetiere doch nicht auch durch Nilpferd oder Brontosaurus ersetzen? Die Geschenke der heiligen drei Könige waren denn auch Marlboro, Kaugummi, Pistole und Pizza statt Gold und Weihrauch. Bei diesem Anblick formulierte nun der Opa das lustige Kerzenadventsgedicht in Obstler um, etwa so: erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier … mit den daraus resultierenden unvermeidlichen Folgen! Schon damit war das Publikum wieder auf heitere Weise hellwach geworden, ganz sicher aber durch das „Pure Imagination’ (Lesslie Bricusse) vom Saitenensemble. Hänsler beschrieb zuvor die Rollen der fünf eingesetzten Instrumente, die das Stück berührend interpretierten. Insbesondere Hackbrett und Violine waren dabei kraftvoll und tremoloartig zu genießen.
Geschenke auf schwankenden Kamelrücken
Der dritte Satz aus dem „Winterkonzert“ war nächster Programmpunkt. Der ausdruckstarke Satz versetze den Hörer in das Bild eines rasant auf glattem, aber oft auch gefährlich dünnem Eis dahingleitenden Schlittschuhäufers, meinte Hänsler. Nicht weniger herausfordernd für Salteris war „We three kings“ (John Hopkins). Natürlich sei dies ein sehr weihnachtliches Motiv, aber diesmal nicht in Winterlandschaft, sondern als musikalisch-orientalische Karawane von Kamelen in der Wüste, die dem Stern nach Bethlehem folgen. Dabei gelte es, die Geschenke auf schwankenden Kamelrücken gut festzuhalten bei fein gespielten orientalischen Rhythmen.
Ein Rentier in Oberschwaben?
Steffen Ocker wollte zunächst den ankommenden Santa Clause samt Rentier (Fred J. Cools) nach Oberschwaben lenken, was natürlich nicht so ernst gemeint war. Santa Clause schwebte wie gewohnt musikalisch flott begleitet von vier strahlend harmonisch klingenden Instrumenten und einer Sicherheit bietenden Tuba weiter im kalten Norden.
Beide folgenden Titel entführten das Publikum in den Swinging Jazz. „Sweet Georgia Brown“, intoniert von Salteris, brachten so manche Beine dem beliebten Song folgend in Bewegung. Ein perfektes Violinensolo bereicherte die Interpretation auf schönste Weise. Bei „Mr. Sandman“ (Pat Ballard) von Oberschwaben Brass war ein Einschlafen des Publikums absolut nicht zu befürchten. Alle fünf Blasinstrumente spielten darin eine jeweils für sie typische und deutliche Rolle. Offizieller Schluss des Konzerts war ein barocker Ausflug in französische Königsschlösser. „Fontaine et Rondeau“ (François Couperin). Das damals typische Rondo wurde am Hackbrett einfühlsam deutlich. Getragene und heitere Motive waren geboten, was die weite Dynamik der Salteris bewies.
„Feliz Navidad“ und „O Du Fröhliche“
Hochverdienter Schlussapplaus bewog die Musiker zu zwei Zugaben: die Weihnachtsversion von „Java“ durch Salteris und das ergreifende „Feliz Navidad“ durch die Bläser. Endgültiger Abschluss war schließlich des gemeinsam gesungene „O Du Fröhliche“, begleitet von allen neun Musikern.

Hubert Leißle, Brigitte Hecht-Lang (beide vom scheidenden MHV-Vorstand) und Monika Ludy, die neue Vorsitzende des Museums- und Heimatvereins.

Dre der Salteris.

Die “Salteris”.

Severin Hänsler an der Trompete.

Salome Hänsler an der Violine.

Severin Hänsler am Hackbrett.

Georg Dahlmann (Gitarre).

Regina Hänsler am Kontrabass.

Severin Hänsler am Hackbrett.

Markus Rist, Hermann Stehle und Severin Hänsler (von links).

Rist und Stehle.

Ocker, Dorner, Rist, Stehle und Hänsler
Text und Fotos: Peter Lutz






















