Die Fantastischen Vier waren im Schloss Salem
Salem – Was haben der 29. Dezember 1645 und der 7. Juli 1989 gemeinsam? Auf den ersten Blick gar nichts. Auf den zweiten Blick ein bisschen mehr. Beide Tage stehen für den Beginn, den Startschuss einer ganz eigenen Tradition, einer neuen Ära, einer festen Institution. Heimatliebe in Form von Trommeln und Böllerschüssen trifft auf Heimatliebe in von Form von Sprechgesang und Kratzen („Scratchen“).
Das erstgenannte Datum bezieht sich auf die erste schriftliche Erwähnung des Rutenfestes in Ravensburg. Das zweite Datum steht für den ersten gemeinsamen Auftritt von Michael Bernd Schmidt („Smudo“), Andreas Rieke („And.Ypsilon“), Michael „Michi“ Beck und Thomas Dürr („Thomas D.“), alias Die Fantastischen Vier, in einem Kindergarten in Stuttgart-Wangen auf einer selbst gebauten Bühne aus Europaletten – so die eigene Geschichte.
Mit Blick in das Hier und Jetzt verbindet der 26. Juli 2025 sowohl das Rutenfest als auch die Fantas, wie sie im Volksmund genannt werden. Während ganz Oberschwaben aus „Heimatliebe mit Rutengängen“ nach Ravensburg gepilgert ist, gemeinsam gefeiert hat und Freunde und Familie getroffen hat, erleben im ausverkauften Kloster und Schloss Salem 8.500 Fans ihre Idole aus „Kindheitstagen und Jugendzeiten“.
Eine Fangruppe aus Albstadt bringt es wie folgt auf den Punkt: „Wir sind mit denen groß geworden und wir finden es einfach genial. ‚Der Picknicker‘ war immer unser Partylied im Opel Corsa“.
„Lustige Texte zu traurigen Inhalten, typisch Fantalismus“
Doch bevor es losgeht, heizt DJ Thomilla ein. Von Seed über Deichkind bis Kris Kross und 50 Cent. Dann 20.30 Uhr, der Regen hat aufgehört. Die Live-Band, die dabei ist, nimmt Position ein. Die Stars betreten die Bühne. Passend zum Wochenende der Opener „Weekendfeeling“. Die Mikros sind an. Es geht los. „Save the Date (save), Datum steht. Du darfst nicht fehlen (nein), UAWG. Mega-Event (mega), jeder will hin. Das Kontingent (das was?) Extrem begrenzt.“
Alle tragen schwarz. Lässig locker. Michi Beck ist der Fashion-Scout und Style-Experte der Fantas. Vor jedem Konzert sucht er für jedes Bandmitglied das Bühnen-Outfit aus, macht Vorschläge, wie er selbst sagt. „Wie früher die Mama vor der Schule suche ich die Sachen aus. Das pendelt sich dann ein. Am Ende der Tour hat jeder drei unterschiedliche Outfits. Aber bis wir das mal haben, dauert es eine Weile“ – so beschreibt er es in der SWR-Doku „Fanta Vier forever, baby!?!“.
Nach drei Liedern begrüßt Thomas D. die Zuschauer mit den Worten: „Das dritte Mal in Salem, aber nicht das letzte Mal“. Smudo fährt fort: „Wir überraschen Euch mit einer voll coolen Band. Put your hands together“! Darauf Michi Beck: „Nicht nur die trivialen Superkracher. Auch die anspruchsvollen Songs. Mach doch mal, Alter“. Was folgt, fühlt sich an wie einziges Medley aus altbekannten Hits und neuen Liedern. Gechillt entspannt mit dem „Tag am Meer“. Hüpfend eskalierend mit „Populär“. Tiefgründig nachdenklich mit „Ernten was wir säen“. Oder in den Worten von Smudo: „Lustige Texte zu traurigen Inhalten, typisch Fantalismus“.
Fluch und Segen mit „Die Da“
Es ist 21.14 Uhr. Smudo: „Gleich kommt ein rosa Elefant in den Raum“. Gemeint ist „Die Da“. Einerseits Segen – 1992 der Durchbruch mit Platz 2 in den Single-Charts, andererseits Fluch, ausschließlich mit diesem einen Lied identifiziert zu werden, obwohl die Palette an Lyrics und Botschaften weitaus breiter und vielfältiger ist.
Thomas D. gibt es in der SWR-Doku „Fanta Vier forever, baby!?!“ wie folgt wieder: „Wir hatten lange Zeit in der Band das Verbot, „Die Da“ zu sagen. Wenn es einer aus Versehen doch sagte, bekam er in der Luft eine Ohrfeige mit dem entsprechenden Geräusch dazu und musste sich entschuldigen, dass er diese zwei Worte benutzt hat. Das war ein Trauma“. Neben „Die Da“ produzierten die vier Hip-Hopper aus Stuttgart in über 35 Jahren Bandgeschichte viele Hits und verkauften Quellenangaben und Auszeichnungen zufolge in ihrer Band-Karriere mehr als 5,9 Millionen Tonträger. Auch in der digitalen Streaming-Welt sind sie angesagt: Mehr als 1,3 Millionen monatliche Hörer und 676.000 Follower zählt aktuell ihr offizieller Account bei Spotify.
VfB Stuttgart und Fußball-Weltmeisterschaft
Elf Studioalben, fast alle mit Gold in Deutschland, Österreich und/oder der Schweiz ausgezeichnet, elf Livealben sowie diverse Single-Auskopplungen und Kompilationen umfasst ihr Gesamtwerk. Der VfB Stuttgart hat eine Stadionversion ihres Hits „Troy“ mit dem Titel „furchtlos und troy“ als inoffizielle Vereinshymne umgemünzt. Und der Song „Zusammen“, den die Fantastischen Vier gemeinsam mit Clueso einspielten, war der offizielle DFB-Song zur Fußball-Weltmeisterschaft 2018.
Während kurz vor halb elf Uhr genau dieser Song das Finale des Konzerts einläutet, wurde in Ravensburg bereits der sonntägliche Ökumenische Rutenfest-Gottesdienst in der Liebfrauenkirche vorbereitet. Alles zu seiner Zeit, alles aus Tradition, alles aus Heimatliebe.
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Wussten Sie…?
…, dass das Ravensburger Rutenfest Menschen aus der ganzen Welt – beispielsweise aus Shanghai, Bangkok, Dubai und USA – nach Oberschwaben lockt?
…, dass Thomas D. eine Ausbildung zum Friseur und Michi Beck eine Ausbildung als Groß- und Außenhandelskaufmann absolviert hat?
…, dass die Fantastischen Vier als erste deutsche Band überhaupt ein Konzert beim Format „MTV Unplugged“ spielen durften und dieses Konzert in der Balver Tropfsteinhöhle, der größten offenen Kulturhöhlen Europas, stattfand?
…, dass die Schule Schloss Salem mit fast 600 Schülerinnen und Schülern das größte und bekannteste deutsche Internatsgymnasium ist?
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Mehr zum Ravensburger Rutenfest: https://das-rutenfest.de/
Mehr zu den Fantastischen Vier und der aktuellen „Long-Player“-Tour: https://www.ardmediathek.de/film/fanta-vier-forever-baby-doku-und-live-konzert/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9zZGIvc3RJZC8xNjk2
Mehr zu den Schloss Salem Open-Airs: https://www.salem.de/besuchsinformation/veranstaltungen/schloss-salem-open-airs.
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