Bürgerbeteiligung ist keine Verzögerung, sondern gelebte Demokratie
Leserbrief von Bernhard Klein, Vorstand Pro Biosphäre e.V., zum Artikel „Allianz gegen Bürgerbeteiligung: Die Fakten liegen auf dem Tisch“ (DBSZ am 7.11.)
Die Forderung nach einer zusätzlichen Bürgerbeteiligung im Prozess um das mögliche Biosphärengebiet Oberschwaben ist kein Ausdruck von Misstrauen gegenüber den Gemeinderäten, sondern ein Zeichen für Transparenz, Offenheit und demokratische Kultur. Gerade bei einem Vorhaben, das langfristig und über kommunale Grenzen hinweg wirkt, ist es wichtig, die Bevölkerung umfassend mitzunehmen, zuzuhören und offene Fragen zu klären.
Das Biosphärengebiet ist kein Zwangsinstrument von außen, sondern bietet eine große Chance für die Region, Zukunft gemeinsam zu gestalten – ökologisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich.
Ein Biosphärengebiet stärkt die nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum. Es bietet Fördermöglichkeiten für Landwirtschaft, Handwerk und Tourismus, die auf Regionalität und Qualität setzen; es stärkt regionale Produkte und Wertschöpfungsketten, die Umwelt- und Klimaschutz mit wirtschaftlicher Stabilität verbinden. Über Kooperationsplattformen für Kommunen, Unternehmen, Landwirte und Vereine können gemeinsam Projekte für nachhaltige Entwicklung umgesetzt werden. Insbesondere auch für junge Menschen und Fachkräfte, die eine lebenswerte Region mit Zukunftsperspektive suchen, ist ein Biosphärengebiet attraktiv – das gilt sicherlich auch für dringend gesuchte Landärztinnen und -ärzte.
In Zeiten des Klima- und Strukturwandels kann ein Biosphärengebiet außerdem ein Motor sein, der Wandel unterstützt, ohne Traditionen zu zerstören.
Dialogische Bürgerbeteiligung
https://www.servicestelle-buergerbeteiligung.de/projekte/biosphaerengebiet-oberschwaben
Die Regionalkonferenzen zu Beginn des Prozesses waren ein wichtiger Schritt – doch seither hat sich vieles verändert. Die Karten, die Szenarien und die Rahmenbedingungen sind konkreter geworden. Es ist deshalb geboten, den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, auf Basis des aktuellen Wissensstands Stellung zu beziehen.
Eine Beteiligung von rund 60 Personen aus 43 Kommunen kann Impulse liefern, Fragen aufgreifen und Bedenken konkretisieren. Sie ersetzt keine Gemeinderatsentscheidung, sondern ergänzt sie sinnvoll durch die Perspektive der Menschen, die hier leben und wirtschaften.
Demokratie lebt von Dialog – nicht von dem Argument, dass Beteiligung überflüssig oder störend sei.
Ja, der Prüfungsprozess hat in der Region Gräben aufgerissen. Gerade deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt, nicht abzubrechen, sondern Brücken zu bauen. Ein transparenter, fairer Austausch kann helfen, Missverständnisse zu klären und Vertrauen wiederherzustellen. Wer jetzt den Dialog verweigert treibt Polarisierung voran!
Die Befürworter des Biosphärengebietes Oberschwaben stehen für einen offenen, vertrauensvollen Dialog über die Zukunft der Region. Ein Biosphärengebiet bedeutet keine Bevormundung, sondern eine Chance zur selbstbestimmten nachhaltigen Entwicklung für Mensch und Natur.
Deshalb sollte der Prozess nicht abgebrochen, sondern konstruktiv fortgesetzt werden – mit einer breiten Bürgerbeteiligung als Herzstück gelebter Demokratie.
Die Aufzeichnung der Anhörung im Landtag
Tatsächlich ist es lohnend, die Aufzeichnung der Anhörung zum geplanten Biosphärengebiet im Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft vom 6.11. mit wirklich überzeugenden Aussagen von Landrat Sievers, OB Henne und dem Vorsitzenden der kommunalen Arbeitsgemeinschaft Biosphärengebiet Timo Egger auf der Mediathek des Landtages nachzusehen. Ebenfalls vertreten war der Bürgermeister von Münsingen Mike Münzing, der schon bei der Infoveranstaltung von Pro Biosphäre e.V. am 5.11. in Bad Waldsee Lust auf ein Biosphärengebiet in Oberschwaben gemacht hat: https://www.landtag-bw.de/de/mediathek/videos/oea-umena-vom-6-november-2025-602656
Bernhard Klein, Kißlegg (Vorstand Pro Biosphäre e.V.)
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