Stadtkapelle Bad Wurzach segelte in ein musikalisches Freudenmeer
Bad Wurzach – Es war ein ganz besonderes Konzert, das Dirigentin Petra Springer für diesen Samstagabend (6.12.) mit ihren Musikern einstudiert hatte. Aber das Konzert bot über die Musik hinaus noch weitere Höhepunkte.
Sabine Wächter begrüßte
Vorstandsmitglied Sabine Wächter übernahm die Begrüßung der Konzertbesucher. Sie konnte neben den Patres der Salvatorianer gemeinsam mit Pfarrer Patrick Meschenmoser auch Bürgermeisterin Alexandra Scherer, zahlreiche Gemeinde- und Ortschaftsräte, viele Ehrenmitglieder und ehemalige Musiker der Stadtkapelle sowie viele Musiker und Vorstände anderer Musikvereine aus der Region zu diesem musikalischen Jahreshöhepunkt begrüßen.
Andrea Mall führte durchs Programm
Das Motto des Konzertes „Segel setzen“ erläuterte Andrea Mall, die mit wohlgesetzten Worten durchs Konzertprogramm führte: „Segel setzen bedeutet Aufbruch, Neugier, den Wind in den Haaren spüren und mutig unbekannte Küsten ansteuern.“ Und weiter: „Im ersten Teil heißt es: Volle Kraft voraus. Wir tauchen ein in die Vielseitigkeit und pure Energie moderner Blasmusik.“
Die Seele des armenischen Volkes erspürt
Die Stadtkapelle tat dies zum Auftakt mit den „Armenischen Tänzen“ des amerikanischen Komponisten Alfred Reed. Darin verwob der Komponist vier originale armenische Volkslieder zu einem großen farbenprächtigen Satz. Reed hat damit die Seele des armenischen Volkes erspürt – von der Freude am Leben bis hin zur Melancholie einer oft schmerzhaften Geschichte. Alfred Reed hat mit diesem Stück ein Meisterwerk der Blasmusik geschaffen, das den Akteuren auf der Bühne oft ihr ganzes Können abverlangte.
Der Wald tanzt – obwohl man es nicht sieht
Connie Ellisor ist eine zeitgenössische amerikanische Komponistin (Jahrgang 1953), die mit ihrem zweiteiligen „Keepers of the House“ die Zuhörer in eine ganz andere Klangwelt, hinein in das stille geheimnisvolle Leben eines Waldes führte. Es ließ Musiker und Zuhörer in das unsichtbare Netzwerk der Bäume, in das Zusammenspiel ihrer Teile blicken. „Das Klangbild zeigt, dass auch die Natur tanzt – nur langsamer, leiser, tiefer“, führte Andrea Mall dazu aus.
Im ersten Teil nimmt die Musik für die Zuhörer die Perspektive vor dem Wald stehend ein. Sie zeigt seine Würde und Größe. Im zweiten Teil erkennt der Zuhörer in der Innenansicht, dass der Wald im Innern voller Bewegung ist und lebt, obwohl er von außen fast statisch, majestätisch wirkt.
20 Variationen eines Themas von Paganini
Viele Registerproben waren erforderlich, um das dritte Stück des Konzertes einzustudieren: Denn James Barnes hat ein eindrucksvolles Werk über ein Thema von Niccolo Paganini (1782 – 1840), einem der bedeutendsten Geigenvirtuosen aller Zeiten, komponiert. Barnes nimmt ein einfaches musikalisches Thema und präsentiert es in immer neuen, oft unerwarteten Formen. Mal schwungvoll als Walzer, dann wieder im dramatischen Marschformat.
Die 20 Variationen reichen von kraftvollen Tutti-Passagen über kleinere Besetzungen bis hin zu solistischen Abschnitten. Petra Springer kitzelte dabei alles aus ihren Musikerinnen und Musikern heraus. Diese Leistung ist um so höher einzuschätzen, wenn man bedenkt, dass nicht weniger als sieben der insgesamt 72 Musiker entweder als Jungmusiker oder Neulinge ihre Konzertpremiere feierten.
Nach dieser Achterbahnfahrt der Emotionen hatten alle ihre Pause mehr als verdient.
„A Triumphant Fanfare“ ist – wie der Name schon sagt – eine triumphale, majestätische Fanfare. In dieser neuen Komposition von Franco Cesarini konnten die Blechbläser brillieren, die Holzbläser mit Leichtigkeit bestechen und das Schlagzeug all seine Energie entfalten. Ein reich instrumentiertes, warm und voll klingendes Eröffnungwerk zu Beginn des zweiten Konzertteiles, das wie alle Stücke des Konzertes zu überzeugen wusste.
Im Saal verteilte Trommler
Der amerikanische Komponist Robert W. Smith schuf mit der Komposition „Mekong“ mehr als ein Konzertstück: Es ist ein Erinnerungsbild, ein akustisches Tagebuch, ja mehr noch – es ist ein musikalisches Mahnmal. Der Mekong ist ein Fluss, der durch das Herz von Vietnam fließt. Historische Bedeutung erlangte das Mekong-Flussdelta während des Vietnamkriegs in den 1960er- und 1970er-Jahren. Wunderschöne Melodien zu Beginn, die Stimmen des Urwalds symbolisierend. Die ruhige Stimmung wird schon bald überlagert – ein fernes Grollen nähert sich und schwillt zu einem ohrenbetäubenden Lärmteppich an. Die Dirigentin erzeugte diesen „Dolby-Surround-Sound“ durch im ganzen Saal verteilte Trommler des Fanfarenzuges, aber auch mittels zusätzlicher Trommler auf der Empore, die im Verbund mit dem extrem geforderten Schlagwerk auf der Bühne dieses verstörende Klanggemälde von Rotoren, Propellern und Jetgeräuschen erzeugten. Robert W. Smith (Jahrgang 1958) war zur Zeit des Vietnamkrieges selbst noch ein Kind. Er schuf dieses zugleich poetische und naturalistische Werk für einen Freund, der als Soldat am Mekong stationiert war, aber auch für seinen Vater, der das Kriegsgeschehen hautnah miterlebte. „Mekong“ erinnert auch uns in beeindruckender Weise daran, wie wertvoll Frieden ist. Das Werk stehe an diesem Abend unter diesem Leitgedanken: „Segel setzen für den Frieden“, appellierte Andrea Mall und machte deutlich, wie wichtig es sei, Verantwortung für Menschlichkeit zu übernehmen und einen Kurs zu wählen, der zu einem friedlichen Miteinander führt.

Zwei der im Saal verteilten Trommler. Ihr Wirbel erzeugte beim Stück „Mekong” Erinnerungen an den so grausamen Vietnam-Krieg.
Dann wurde „Sailing with the Whales“ des amerikanischen Komponisten Rossano Galante zu Gehör gebracht; Galante ist bekannt für seine symphonischen Klanglandschaften, die oft an große Filmmusik erinnern. Zu Beginn erklangen kraftvolle Fanfaren zum Zeichen, dass das Schiff den Hafen verlässt, um sich ins Abenteuer, die Suche nach den Königen der Meere, den Walen, zu stürzen. Dann auf dem offenen Meer zeichnen ruhigere Melodien die majestätischen Bewegungen der Tiere nach. Sie spiegeln das friedvolle Nebeneinander von Mensch und Natur wider. Schließlich türmen sich in unruhiger See gewaltige (Klang)-wellen auf, die Segler versuchen, mit den Walen Schritt zu halten, die voller Energie das Meer durchpflügen. Nach einer kurzen Rekapitulation des Hauptthemas kommt das Stück zu einem fesselnden, rhythmischen Schluss, der die Erfahrung von Sailing with Whales auf den Punkt bringt.
Seemännische Dekoration
Doch damit war dieses außergewöhnliche Konzert, das durch eine seemännische Dekoration, die etwa 300 Besucher bereits im Foyer und später im Saal auf das Thema des Konzertes einstimmte, noch lange nicht zu Ende. Wolfgang Grösser, langjähriger Vorstand der Stadtkapelle und Teammitglied des aktuellen Vorstandes, war es vorbehalten, Danke zu sagen.

Liebevolle Deko.
„Happy Birthday“ für Petra Springer
Zunächst einmal der Dirigentin Petra Springer, die mit viel Geduld und Können die Konzertstücke mit höchsten Schwierigkeitsstufen einstudiert hatte. Und an ihrem Geburtstag souverän zur Aufführung brachte. Auch die Ansagerin Andrea Mall wurde nach dem obligatorischen „Happy Birthday“ für Petra Springer mit einem Präsent bedacht.

Großartiges Konzert an ihrem Geburtstag: Dirigentin Petra Springer.
„Du bist ein absolutes Vorbild“
Voller Dankbarkeit nahm Grösser an diesem Abend auch Abschied von Josef Herdrich, für den nach 65 Jahren aktiver Musiker- und Konzerttätigkeit das diesjährige Jahreskonzert sein letztes war. Herdrich sei mit seiner Tuba immer einer der besten Probenbesucher gewesen. Bei 40 Proben im Jahr seien das in diesen 65 Jahren beeindruckende 2400 Proben. Dazu kämen noch über 1500 Auftritte. Aber: Zu diesen musikalischen Zahlen kämen noch weitere. „Verantwortung zu übernehmen war und ist für Josef selbstverständlich. 30 Jahre war er in der Vorstandschaft: 10 Jahre als Beisitzer, 11 Jahre Schriftführer und acht Jahre als Erster Vorsitzender“, zählte Wolfgang Grösser die Verdienste Herdrichs um den Verein auf. Bei den beiden Kreismusikfesten 1981 und 1999 in Bad Wurzach war er Mitorganisator. Bei jeder Veranstaltung der Stadtkapelle packe er mit an. „Du bist ein absolutes Vorbild in puncto Hilfsbereitschaft und Zuverlässigkeit.“ Die Leidenschaft für die Musik habe er auch an seine Kinder Markus und Günther und seine Enkel weitergegeben. Für seine Verdienste wurde Josef Herdrich im Januar 2023 zum ersten aktiven Ehrenmitglied ernannt. Und weil hinter jedem starken Mann auch eine starke Frau stehe, bedankte Grösser sich auch bei Herdrichs Gattin Rosmarie, die die Stadtkapelle unterstützte, wo immer es ging. Etwa beim Stadtfest: vier Tage im Einsatz und zwischendurch 8 bis 10 Kuchen gebacken. Beim Bockbierfest als Bedienung oder als Küchenkraft, wobei sie dort tonnenweise Kartoffelsalat zubereitet habe. „Du warst von Anfang bis zum Schluss dabei und warst Dir für nichts zu schade.“ „Lieber Josef, liebe Rosmarie, danke für alles“, sagte er bei der Geschenkübergabe.

Wolfgang Grösser würdigt die große Leistung von Josef Herdrich.
Die sieben Neuen
Ein weiterer Dank ging an die sieben Musiker, die ihr erstes Konzert „mit Bravour gemeistert“ hatten: Leonie Heine an der Klarinette, David Leppert am Tenor-Saxophon, an den Posaunen Jenny Sauter, Luis Mayer und Vitus Vogt, am Waldhorn Severin Vogt und am Bariton-Saxophon deren Vater Markus Vogt. Ein großes Dankeschön erhielt auch Mutter und Ehefrau Bernadette Vogt, die kurzfristig an der Querflöte als Krankheitsvertretung eingesprungen war. Grösser bedankte sich auch bei allen Aushilfen, ohne die das Konzert nicht hätte realisiert werden können.
Viktor Schätzle und die Helikopterpiloten
Ein ganz besonderer Dank ging an Viktor Schätzle am Flügel, dessen Name beim Druck des Konzertprogrammes unterschlagen worden war. Und zum Abschluss bedankte er sich bei den „Helikopterpiloten“. Dies waren die Trommler des Fanfarenzuges Simone Herdrich, Frieder Roggenkamp, Roland Fassnacht und Raphael Kling. Vom Musikverein Ziegelbach Patrick Ernle und von der Stadtkapelle Fähnrich Benny Münsch.
Ein Shanty zum Schluss
Natürlich durften die Musikerinnen und Musiker nicht ohne Zugabe die Bühne verlassen. Passend zum Motto des Konzertes hatte Petra Springer dafür „The Wellerman Comes“ ausgesucht. Das traditionelle Shanty wurde bereits 1865 in Neuseeland komponiert, weltberühmt wurde es dann durch eine Pop-Version, die 2021 in die Charts gelangte. Zum guten Schluss durften dabei die Zuhörer kräftig mitsingen.
Text und Fotos: Uli Gresser
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