„Wir sind gut beraten, nicht zu vergessen“
Bad Wurzach – Alljährlich wird in ganz Deutschland und selbstverständlich auch in Bad Wurzach am Volkstrauertag der Opfer von Kriegen und Gewalt gedacht. Bürgermeisterin Alexandra Scherer tat dies in diesem Jahr gemeinsam mit drei Schülerinnen der 9. Klasse der Realschule, Pfarrerin Silke Kuczera von der evangelischen und Pastoralreferentin Anna Katharina Merk von der katholischen Kirchengemeinde sowie der Stadtkapelle und dem Liederkranz Chorioso, welche der Gedenkfeier am vergangenen Sonntag (16.11.) den würdevollen musikalischen Rahmen gaben.
Gemeinsam mit den Fahnenabordnungen der Vereine, großen Abordnungen von Feuerwehr und DRK zogen Bürgermeisterin und Gemeinderäte nach einem ökumenischen Gottesdienst in St. Verena hinauf zur Gedenkstätte für die Opfer der beiden Weltkriege oberhalb des Friedhofes, wo sie Stadtkapelle und Chorioso bereits erwarteten.
Die Gedenkrede der Bürgermeisterin

Nach einem von der Stadtkapelle gespielten Eröffnungschoral hielt Bürgermeisterin Alexandra Scherer (Bild) ihre Gedenkrede, die in diesem Jahr im Zeichen der Beendigung des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai 1945 stand. „Der Kontinent lag in Trümmern, Millionen Menschen hatten durch diesen Krieg oder durch die Vernichtungsmaschinerie des NS-Staates ihr Leben verloren.“ Der Tiefpunkt der deutschen Geschichte sei damals erreicht gewesen, das Verhältnis zu den europäischen Nachbarn auf „unvergleichbare Weise“ belastet. Schuld, Trauer, Ungewissheit und Zukunftsängste prägten die Stimmung in Deutschland an diesem Tag. „Erst später wurde der Mehrheit der Bevölkerung bewusst, dass der 8. Mai auch für sie ein Tag der Befreiung war.“ Denn das menschenfeindliche Herrschaftssystem des Nationalsozialismus war zerbrochen, seine rassistische und antisemitische Ideologie entmachtet worden. Das die Menschen in Deutschland sich 80 Jahre nach dem Krieg immer noch mit ihm und seinen Folgen auseinandersetzen müssten, zeige wie tief die Wunden dieses Krieges sind. „Die Folgen der Gewalt wirken über Generationen nach. Wir sind gut beraten, dies nicht zu vergessen.“
Städtepartnerschaften als Brücken des Friedens
Bad Wurzach halte die Erinnerung daran durch die Städtepartnerschaften hoch. Der Besuch einer großen Delegation mit Zeitzeugen aus Jersey habe 80 Jahre nach der Befreiung des Schlosses alle Beteiligten tief berührt. Die diesjährige Erinnerung an das Kriegsende falle in eine Zeit, in der in Europa, aber auch im Nahen Osten wieder Kriege stattfinden, aber auch die Demokratie – auch in Deutschland – von innen und von außen angegriffen wird. Daher müssten Fragen von großem Ernst vor diesem geschichtlichen Hintergrund beantwortet werden: „Stehen wir ein für die Demokratie, für Menschenwürde als leitendes Prinzip aller Ordnung und die gleiche Freiheit aller?“ Der diesjährige Volkstrauertag sei wieder einmal Anlass und Auftrag , uns für eine friedliche Gegenwart und Zukunft einzusetzen. „Mit Ihrer Teilnahme an der heutigen Gedenkveranstaltung setzen Sie ein sichtbares Zeichen für Frieden, gegen Gewalt, weltweit.“
Im Anschluss an ihre Rede verlas sie noch das offizielle Totengedenken für alle Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.
Der Beitrag der Schüler
Nach einem gesungenen ersten Choral des Chorioso zeigten auf ungewöhnliche Weise die drei Schülerinnen Larissa und Angelina Koch sowie Leonie Heine der 9. Klasse der Realschule Bad Wurzach die Ergebnisse ihrer Gedanken zum Thema, das sie im Geschichtsunterricht mit ihren Lehrern Angelika Miller und Dietmar Bähr erarbeitet hatten, wie Schulleiter Dietmar Schiller in seiner kurzen Einführung erläuterte. Die Schülerinnen hatten nämlich das Gedicht „Ich kenne keinen Krieg“ von Janina Bodendörfer in Bildern visualisiert. In dessen letzter Strophe heißt es unter anderem: „Ich kann seine Schrecken nur benennen … Ich wünschte, ein jeder würd´ ihn wie ich nur noch vom Hörensagen kennen.“
Die Toten mahnen“

Mit dem Kirchenlied „Möge die Straße uns zusammenführen“ leitete Chorioso zum Gebetsteil über. Die evangelische Pfarrerin Silke Kuczera (Bild) dankte Gott für das Ende des Krieges vor 80 Jahren: „Der Preis für den Frieden in unserem Land war hoch. Junge Männer aus Amerika und Europa sind dafür gestorben. Die Toten mahnen uns noch heute.“ Und weiter: „Die Menschen aus von Deutschen verwüsteten Ländern haben uns die Hand gereicht. Das Ende von Feindschaft bleibt eine kostbare Gabe. Du treuer Gott, wir danken dir für allen Neuanfang nach Hass und Zerstörung.
Es zeugt von Mut und Ehre
genauso wie von unserem Vertrauen,
immer wieder den Frieden zu suchen.“
Anna Katharina Merk verband die Fürbitten für die Opfer der Weltkriege mit der Bitte um Versöhnung bei den Feindseligkeiten unserer Zeit.
Die Nationalhymne intoniert
Nachdem Spielen der Nationalhymne durch die Stadtkapelle hatten Anwesenden und die an der Feier direkt Beteiligten Gelegenheit, an dem Mahnmal den Toten von Kriegen, Terror und Gewalt zu gedenken.
Text und Fotos: Uli Gresser
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