Der Festakt zu 50 Jahre Eingemeindung
Bad Wurzach – Bad Wurzach hat „50 Jahre Eingemeindung“ gefeiert. Auftakt am Freitag war ein Festabend für geladene Gäste, bei dem Bürgermeisterin Alexandra Scherer qua Amtes als Einzige eine Rede zu den Eingemeindungen vor einem halben Jahrhundert hielt, als sich zehn Gemeinden zur drittgrößten Flächengemeinde Baden-Württembergs vereinigten. Die Rede hat der „Wurzacher“ im vollen Wortlaut bereits veröffentlicht (siehe Link am Ende dieses Artikels). Frau Scherer würdigte die Eingemeindungen bei allen Schwierigkeiten, die es unvermeidlicherweise auch gegeben hat, als Erfolgsgeschichte. Zweiter Hauptbestand des Festabends war die Vorführung des Zehn-Gemeinden-Films, ergänzt mit Interviews aktueller und früherer Ortsvorsteher/innen und anderer Vertreter der Ortschaften. Durch den Abend führten eloquent und schlagfertig Berthold Leupolz und Manfred Braun, ihres Zeichens ebenfalls Ortsvorsteher.
Die Miteinand-Musikanten
Den Auftakt machte die Blaskapelle „Miteinand-Musikanten“, die am besten das Zusammenwachsen der zehn Gemeinden dokumentiert. Unter der bewährten Leitung von Petra Springer und von Wolfgang Grösser organisiert, spielten rund 45 Musiker aus allen zehn Blaskapellen der Großgemeinde zusammen. Einer der wichtigsten Faktoren des Zusammenwachsens war die städtische Jugendmusikschule, deren drei Leiter der letzten Jahrzehnte, Hans Herle, dessen Nachfolgerin Petra Springer und die aktuelle Leiterin Eva Oberleiter vor Ort waren.

Musizierende aus zehn Kapelle, in großer Harmonie vereint unter der Stabführung von Petra Springer (rechts).
Die Moderatoren

Bevor der Film abschnittsweise startete, stellten sich die beiden Moderatoren kurz vor: Berthold Leupolz ist seit 26 Jahren Ortsvorsteher, damit der dienstälteste, aber nach wie vor der an Lebesnjahren jüngste Ortsvorsteher. „Er führte 24 Jahre den Liederkranz Eintürnen und verantwortet seit 13 Jahren die Herkulesaufgabe als Liegenschaftsverwalter der Stadt Bad Wurzach“, stellte Braun seinen Co-Moderator vor. Manfred Braun war 25 Jahre Ortschaftsrat in Arnach, zwölf Jahre Vorstand des SV Arnach, ist seit einem Jahr Gemeinderat und seit einigen Monaten Ortsvorsteher in Arnach, sagte Leupolz über seinen Co-Moderator.

Eloquent und schlagfertig: Berthold Leupolz (links) und Manfred Braun, die beiden Moderatoren am Festabend.
Der Zehn-Gemeinden-Film
Tamina Rottmar von Werwolf-Media hatte für den Zehn-Gemeinden-Film, der zwei Tage später während des verkaufsoffenen Sonntags im Sitzungssaal in Dauerschleife gezeigt wurde, ein Drehbuch verfasst, hat die Aufnahmen und den Schnitt sowie die Organisation verantwortet. Außerdem hat sie die drei Kinder für die Rahmenhandlung im Film gecastet. Ida Rösner, Leonie Schad und Mick Birkholz durften sich in den verschiedenen Ortschaften austoben, nachdem sie zu Beginn eines jeden Filmes bei einem Besuch im Stadtarchiv auf ein Fotoalbum der jeweiligen Ortschaft gestoßen waren.

Andrea Mall war die Sprecherin im Film.
Arnach

Für Arnach sprachen der amtierende Ortsvorsteher (und Co-Moderator beim Festabend) Manfred Braun (rechts) und dessen Amtsvorgänger Michael Rauneker (links).
Zur Vorstellung von Arnach – zunächst im Film, dann im Gespräch – holte Manfred Braun seinen Vorgänger Mike Rauneker auf die Bühne, der 15 Jahre lang die Geschicke des einwohnerreichsten Teilortes gelenkt hatte. Zeitzeugen, die im Arnach-Film zu Wort kamen und zur Eingemeindung des Teilorts im Jahre 1972 sprachen, waren der Gärtnermeister Matthias Grad senior und Alt-Stadtrat Hansjörg Schick. Zur Zeit der Eingemeindung Arnachs vor 53 Jahren war Eugen Vogt Bürgermeister von Arnach und wurde in der Folge dessen erster Ortsvorsteher, ehe 1978 Paul Barensteiner dieses Amt für mehr als 30 Jahre übernahm, dem 2009 dann Mike Rauneker folgte, berichtete Manfred Braun auf die entsprechende Frage von Leupolz beim Interview danach. Rauneker brachte mit einem Wort zum Ausdruck, wie sich die Gemeinde Arnach während seiner Amtszeit entwickelte: Melap. „Damals wurde jeder Stein in der Ortsmitte umgedreht, es wurden Brachen bebaut, der Busplatz gebaut, die neue Ortsmitte beim Dorfladen, auf die die Arnacher stolz sind, wurde gestaltet.“ Aber ohne die Hilfe der Stadt Bad Wurzach wäre vieles nicht zu schaffen gewesen, sagte Rauneker. „Dadurch ist es das geworden, was es jetzt darstellt.“

Alte Ansicht von Arnach, entnommen dem Film: Im Vordergrund ist der heutige Dorfmarkt zu sehen, der in den 1950ern von Günther Müller („Adler”) gegründet wurde (der Schriftzug Bernh. Müller bezieht sich auf Günther Müllers Großhändler aus Augsburg). Links neben dem Lebensmittel- und Gemischtwarengeschäft sieht man den „Löwen” (nicht mehr vorhanden) und dahinter den Hof Hege, zuletzt betrieben von der Familie Diethelm. Dieses Anwesen wurde Ende der 1970er-Jahre abgebrochen; an seiner Stelle steht nun die Leichenhalle. (rei)
Dietmanns

Monika Ritscher, Ortsvorsteherin von Dietmanns.
Die nächste der Ortschaften, die in alphabetischer Reihenfolge präsentiert wurden, war Dietmanns. Die erste Frage, die Monika Ritscher von den beiden Moderatoren gestellt wurde, war, ob die Dietmannser den Wechsel vom Landkreis Biberach zum jetzigen Landkreis Ravensburg verdaut hätten, konnte sie mit einem Ja beantworten, auch wenn es damals nicht ohne Unstimmigkeiten abgegangen war. Mit zu der Identifikation beigetragen dürfte auch das inzwischen sehr bekannte Frühlingsfest, das im nächsten Jahr sein 50-jähriges Jubiläum feiert. „Was macht das Fest so besonders?“ war die nächste Frage, bei deren Beantwortung es nur so aus Monika Ritscher heraussprudelte: „Gemeinsam sind wir stark“, zitierte sie Markus Riß, den Organisator des fünftägigen Zeltfestes, das im kommenden Jahr vom 13. bis 17. Mai stattfinden wird. Beim diesjährigen Frühlingsfest hattem sage und schreibe 275 Helfer mehrere tausend Arbeitsstunden abgeleistet; „das klappte, weil alle zusammenstanden“. In Dietmanns gibt es eine territoriale Besonderheit: „Oberschwarzach, eine Insel, komplett von Unterschwarzacher Gemarkung umgeben, gehört politisch nach Dietmanns, kirchlich aber nach Unterschwarzach.“
Eintürnen
Die nächste Ortschaft, die präsentiert wurde, war Eintürnen, also das Reich von Berthold Leupolz. Für die Eintürner war seinerzeit auch Wolfegg als Partner denkbar, aber nachdem nicht klar war, ob dieses selbst selbstständig bleiben wird, wurde diese Option verworfen. Überliefert ist dazu eine Anekdote des damaligen Eintürner Bürgermeisters Hecht: „Es isch nix, wenn zwoi Arme zsammaganget.“ Auf Brauns Frage, was Eintürnen heute so besonders macht, gab Leupolz zur Antwort: „Die Gemeinschaft.“ Auch wenn Eintürnenberg der Ortsteil mit den wenigsten Einwohnern sei, sei es das Zentrum: Mit Rathaus, Kirche, Schule und Halle sind alle öffentlichen Gebäude dort.
Gospoldshofen

Karl Mayer, der frühere Ortsvorsteher, und Marga Loritz, die amtierende Ortsvorsteherin, sprachen für Gospoldshofen.
Gospoldshofen ist der Teilort mit den meisten Wohnplätzen. Für den Ort kamen die aktuelle Ortsvorsteherin Marga Loritz und ihr Vorgänger Karl Mayer auf die Bühne. Dieser sagte, dass unter dem damaligen Bürgermeister Schad Gospoldshofen viel Wald mit in die „Ehe“ gebracht habe. Davon geblieben sei ihnen, dass sie alljährlich ihre drei Maibäume bekommen, die sie für Gospoldshofen, Bauhofen und Albers brauchen. Auf die Frage, wieso das Gospoldshofener Rathaus mitten in Bad Wurzach steht, gab Loritz eine einfache Erklärung ab: Alle Einwohner sowohl die des nördlichen Teils (Wiesen, Albers, Witzmanns etc.) sollten gleich weit zum Rathaus haben wie die Bewohner aus dem Süden (Gospoldshofen, Bauhofen, Truschwende etc.). Dass sich Loritz auf ihrer weitläufigen Gemarkung bestens auskennt, bewies sie, als Manfred Braun sie darum bat, alle Ortsteile und Weiler aufzuzählen.
Haidgau

Ernestina Frick, Ortsvorsteherin von Haidgau, im Gespräch mit Berthold Leupolz.
Nach der alphabetischen Reihenfolge war die nächste Ortschaft Haidgau, deren Eingemeindung damals ebenfalls durchaus kontrovers diskutiert wurde. Denn viele Haidgauer tendierten Richtung alte Oberamtsstadt Waldsee, doch siegte am Ende die Logik: Haidgau ist Teil des Wurzacher Beckens. „Die Braut war reich, den zwei Drittel des Riedes gehörte Haidgau.“ Sie brachte hochqualitatives Wasser mit in die Ehe, mit dem heute über die OSG das Schussental versorgt wird. Als große Vorzüge nannte Ortsvorsteherin Ernestina Frick das Vereinsleben. Der dörfliche Charakter sei erhalten geblieben. Engagiert trat Haidgaus Ortsvorsteherin für die Beibehaltung der Unechte Teilortswahl bei der Gemeinderatswahl ein. Das sie ein echter Schatz für die politische Teilhabe der Menschen.
Hauerz
Im Hauerz-Teil des Filmes bekannte sich der erste Ortsvorsteher und vorherige Bürgermeister Meinrad Baron zur Notwendigkeit einer Gemeindereform. Die früheren kleinen Gemeinden wie Hauerz seien nicht mehr in der Lage gewesen, die wachsenden Aufgaben selbst zu lösen. Kurt Miller, Ortsvorsteher und Gemeinderat, erzählte ein wenig über die Geschichte des Bades Hauerz, das die Zeilsche Herrschaft schon im 17. Jahrhundert einrichtete und zitierte dabei zum Gaudium des Publkiums aus einer historischen Badeordnung. Daher war es kein Wunder, dass der gebürtige Baierzer Friedrich Schiedel die Gemeinde wieder zum Bad machen wollte und die Ortschaft noch vor der Gemeindereform dabei unterstüptzte, ein Bad zu bauen, das 1971 eingeweiht wurde. Dass die Gemeinde Hauerz auch mit dem Ortsteil Steinental zusammengewachsen ist, das eigentlich nach Treherz/Aitrach wollte, zeige sich auch daran, dass man mit ihn, einen gebürtigen Steinentäler, vor elf Jahren zum Ortsvorsteher gewählt hatte.
Seibranz

Petra Greiner, Ortsvorsteherin von Seibranz, zeigt ein Premium-Produkt aus ihrer Teilgemeinde: den „Karthäuser”-Likör.
Petra Greiner, die Ortsvorsteherin von Seibranz, hatte mit ihrem Stellvertreter Roland Eisenbarth einen „eingeborenen“ Seibranzer mitgebracht; sie selbst habe als „Zugereiste“ keine eigenen Kenntnisse über die Eingemeindung. An diesen war dann auch die erste Frage gerichtet, wie es damals war, denn viele Seibranzer tendierten eher nach Leutkirch. Damals ein kleiner Steppke, dem Fußball und Sportplatz wichtig waren, konnte Eisenbarth sich doch an eine hitzige Diskussion über die „Zwangsheirat“ bei einem Namenstagsfest erinnern. In Seibranz liegt mit dem 791 m hohen Wachbühl der höchste Punkt auf Wurzacher Gemarkung und damit ein schöner Fleck Erde, auf den Petra Greiner stolz ist. Sie lobte in ihren Ausführungen den Zusammenhalt und die Vielfältigkeit an Vereinen. Auch der Ortschaftsrat packe oft mit an. Als Werbeblock gab die Ortsvorsteherin noch das Datum der Halleneinweihung bekannt, die von 11. bis 13. September 2026 gefeiert wird.
Unterschwarzach

Paul Kiebler (Mitte) vertrat Unterschwarzachs Ortsvorsteherin Gisela Brodd, die verhindert war.
Paul Kibler, stellvertretender Ortsvorsteher von Unterschwarzach, vertrat Ortsvorsteherin Gisela Brodd, die verhindert war. Er gab zu Protokoll, dass seine vorher zum Landkreis Biberach gehörende Gemeinde – in vielen Haushalten werde noch die Biberacher Zeitung gelesen –ohne Bad Wurzach sich die Fertigstellung ihres Kindergartens nicht leisten hätte können. Auf die Frage von Berthold Leupolz, was die Ortschaft heute auszeichnet, sagte Kibler: „Die Vielfalt an Vereinen, die Handwerksbetriebe.“
Ziegelbach

Aus Ziegelbach waren Sybille Schleweck und Andreas Glaser gekommen.
Auch die Ziegelbacher Ortsvorsteherin Sybille Schleweck hatte, weil erst seit wenigen Monaten im Amt, zur Verstärkung ihren Stellvertreter Andreas Glaser mitgebracht. Dieser sagte auf die Frage, was Ziegelbach denn ausmache, die Vereine und der Dorfstadel als das Herz der Ortschaft. Er würde sich wünschen, dass nicht immer nur auf den Ortschaftrat draufgeklopft werde, sondern auch einmal gelobt werde. Für Ziegelbach als räumlich so nahe bei Bad Wurzach liegende Gemeinde sei es die richtige Entscheidung gewesen, eben dorthin zu gehen, sagte Sybille Schleweck. Angesprochen auf die Zukunftspläne meinte die Ortsvorsteherin, man habe manche Ideen und Pläne: Wichtig sei, dass Schule und Kindergarten im Ort blieben. Sie erinnerte an das wunderbare Fest zum 750-jährigen Jubiläum, bei dem so viele mit angepackt hätten.
Der Kernort und die Gesamtgemeinde

Martin Tapper berichtete über Eingemeindungserinnerungen von Jürgen Schumacher; der frühere Hauptamtsleiter konnte leider nicht kommen.
Für den Kernort, mit dem zusammen die vorgenannten Ortschaften die Großgemeinde Bad Wurzach bilden, kam noch einmal Bürgermeisterin Alexandra Scherer mit ihrer „Rechten Hand“ Martin Tapper auf die Bühne. Dieser konnte aus den Gesprächen mit Jürgen Schumacher, dem langjährigen Hauptamtsleiter, der zur Eingemeindungszeit bereits in der Stadtverwaltung tätig war, ein Bild aufzeichnen, wie es sich damals angefühlt habe. Schumacher empfand diese Zeit als sehr intensiv mit vielen Sitzungen. Vor allem die ausführlichen Nachsitzungen seien oft entscheidend gewesen. Um dann nämlich festzustellen, „des sind alles rechte Leit!“ Daraufhin warf Manfred Braun ein: Also müssen wir die Gemeinderatssitzungen abkürzen, damit mehr Zeit für die Nachsitzungen bleibt.
Scherer antwortete auf die Abschlussfrage an sie, wie ihr Resümee über die 50 Jahre „miteinand“ ausfalle: „In dieser Zeit ist viel Gutes entstanden, auch weil die Gemeinden ihre eigene Identät behalten haben.“ Mehrfach gebrauchte sie auch das Wort Dezentralität, also die Vermeidung von Dominanz des Zentralortes. Die Leute sollten weiter zueinanderhalten, in der Gesamtgemeinde stecke viel Potential.

Bürgermeisterin Alexandra Scherer zeigt eine Plakette mit den Umrissen des Gemeindegebietes. Solche Plaketten erhielten alle Ortsvorsteher. Sie werden diese an geeigneten Plätzen dauerhaft anbringen.
Nach vielen Danksagungen und weiteren Musikstücken endete der offizielle Teil des Abends, aber an den Stehtischen gab es noch eine lange Nachsitzung …

Sie haben den „Abend der Einheit“ gestaltet (von links): Berthold Leupolz (Eintürnen), Manfred Braun (Arnach), Ernestina Frick (Haidgau), Paul Kiebler (Unterschwarzach), Marga Loritz (Gospoldshofen), Karl Mayer (Gospoldshofen), Bürgermeisterin Alexandra Scherer, Sybille Schleweck (Ziegelbach), Kurt Miller (Hauerz), Monika Ritscher (Dietmanns), Petra Greiner (Seibranz), Andreas Glaser (Ziegelbach), Martin Tapper (für das Orga-Team, bestehend aus den beiden Moderatoren sowie Gisela Brodd und Heinrich Vincon und Tapper selbst), Roland Eisenbarth (Seibranz) und Mike Rauneker (Arnach).
Text und Fotos: Uli Gresser
Weitere Bilder in der Galerie (darunter etliche aus dem Film)
Ein Bericht über den Fest-Sonntag (12. Oktober) folgt

Die Ansprache von Bürgermeisterin Alexandra Scherer haben wir im vollen Wortlaut veröffentlicht (siehe nachstehenden Link)












