Aus Burundi ins Obere Achtal
Wolfegg – Ein Priester aus Burundi hat den urlaubenden Leitenden Pfarrer der Seelsorgeeinheit Oberes Achtal für einige Wochen vertreten. Günter Brutscher hat sich mit Pfarrer Audace Nzopfabarushe kurz vor seiner Rückreise in die Heimat unterhalten.
Das Gespräch mit Audace Nzopfabarushe, der in Wolfegg von allen einfach „Pfarrer Audace“ (gesprochen „Odass“) genannt wird und der heuer zum sechsten Male die Ferienvertretung für Pfarrer Klaus Stegmaier übernommen hatte, führte Günter Brutscher in deutscher und französischer Sprache in der Wolfegger Pfarrkirche St. Katharina. Französisch ist die zweite Amtssprache in Burundi, dem Heimatland des Pfarrers. Trotz der Unsicherheiten von Pfarrer Audace in der deutschen Sprache und den Lücken des Interviewers in Französisch verstand man sich bestens.
Was der Nachname bedeute, könne er nicht genau sagen: „Nzopfabarushe“ eben, „was immer, das heißen mag“. Audace dagegen käme vom Wort „audax“ aus der lateinischen Sprache und bedeute so viel wie Mut oder mutig oder gar kühn, was er allerdings nicht immer sei, so der 74-Jährige. Als einer von drei Geschwistern habe er nach der Grundschule ans Gymnasium wechseln dürfen, studieren können und wurde 1979 zum Priester geweiht. Später konnte er in den Jahren 1997 bis 2002 in Rom nochmals studieren, vornehmlich die Bibel, und ging dann wieder zurück nach Burundi. Dort übernahm er eine Pfarrei, die er mit Katechisten, Frauen und Männern und einem Gemeinderat mit einem Präsidenten betreut. Ein Pensionsalter gäbe es nicht in Burundi. Er bleibe Pfarrer, solange es eben ginge, so der 74-Jährige.
Bei Familie Fleischer in Berg
Seit 2018 war er mit einer zweijährigen, coronabedingten Unterbrechung in Wolfegg, wo er in den drei Wochen bei Familie Fleischer in Wolfegg-Berg logiert und in den insgesamt fünf Kirchengemeinden der Seelsorgeeinheit Oberes Achtal (Wolfegg, Bergatreute, Molpertshaus, Rötenbach, Alttann) die Gottesdienste im Wechsel mit Pfarrer i. R. Adolf Schuhmacher, der das ganze Jahr über in der Seelsorgeeinheit aushilft, hält.
Im Gottesdienst wird getanzt
Deutsch hat er bei einem Aufenthalt in der Diözese Aachen gelernt, Italienisch in Rom, Kirundi ist die Sprache des Volkes, die Amtssprache Französisch rührt wohl daher, dass Burundi (das von 1885 bis 1918 deutsche Kolonie war, zugehörig zu Deutsch-Ostafrika) bis zur Unabhängigkeit im Jahre 1962 zur belgischen Kolonie Ruanda-Urundi gehörte. Seither ist der Binnenstaat im Südosten Afrikas unabhängig. Die politische Situation, so die Einschätzung von Pfarrer Audace, scheint sich etwas zu stabilisieren, die Armut allerdings bleibt. Burundi gilt als das ärmste Land der Welt. Etwa zwei Drittel der Bevölkerung ist katholisch, 90 Prozent, so Pfarrer Audace sind in der Landwirtschaft beschäftigt und dort vornehmlich Selbstversorger.
Der Glaube, so erläutert Pfarrer Audace, lebe in Burundi, die Gottesdienste werden gut besucht, wobei Tanz und Gesang in den Gottesdiensten selbstverständliche Bestandteile sind. „Warum das so ist, kann ich nicht sagen. Es ist wohl ein Geheimnis.“ Im gesellschaftlichen Leben würde die Religion durchaus einen hohen Stellenwert einnehmen. So gibt es selbstverständlich Religionsunterricht, viele Schulen und Krankenhäuser gehören der Kirche.
Die Weißen Väter brachten das Christentum
Die Gotteshäuser selbst seien nicht so schön ausgestattet wie eben die Wolfegger Pfarrkirche. Es sind einfache Bauten mit Figuren von Maria, Josef und Theresia von Lisieux und Antonius von Padua, die in seiner Heimat besonders verehrt würden. Das Christentum wurde durch die Mission, vornehmlich durch „Weiße Väter“, ab dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts den Menschen vermittelt. Dabei setzten sich die Missionare neben der Pastoral, also der Seelsorge, stets für die Wahrung der Menschenrechte ein. Das, so betont Pfarrer Audace im Gespräch immer wieder, sei auch sein großes Anliegen. Dabei nennt er als die großen Aufgaben der Religion neben der Seelsorge vor allem die Bekämpfung der Armut, die Ermöglichung von Bildung und die Sorge um die Gesundheit der Menschen. Zudem seien sauberes Wasser und immer wieder der Friede Aspekte, die die Menschen beschäftigen. Themen wie die Aufhebung des Zölibats oder die Ordination von Frauen, wie diese in Europa diskutiert würden, seien zwar immer wieder Überlegungen in den Seminaren, aber eher weniger bei den Gläubigen in den Pfarreien.
Den Glauben „reanimieren“
Von Europa, so Pfarrer Audace auf Nachfrage, erwarte man in seiner Heimat Solidarität im Glauben, im Gebet, aber, das verschweigt er nicht, auch materiell. „Teilhabe im Namen des Herrn, im Namen des Glaubens und der Humanität“ wünsche er sich und weiter, auf die Nachfrage, was er gerne an die Adresse der Deutschen sagen wollte: „Ich habe keine Moral für die Deutschen. Seid so oder so.“ Vorsichtig fügt er dann auf Französisch-Deutsch hinzu: „Réanimez la foi im Konkreten, in der Nächstenliebe und continuez la solidarité“, also man solle den Glauben wiederbeleben, und zwar konkret, und weiterhin solidarisch bleiben.
Konkrete Projekte
Nachdem er dann noch kurz seine Hobbies, nämlich spazierengehen, Menschen besuchen, aber auch im Fernsehen Fußball schauen, angibt, formuliert er noch sein Anliegen, auch ganz ohne Nachfrage: „Vielen Dank den Menschen hier für ihre Gastfreundschaft, ihre Großzügigkeit, ihre Hilfe für meine Projekte, nämlich die Fertigstellung des „salle polyvalente“ (also so etwas wie ein Gemeindezentrum), wofür er noch etwa 15.000 Euro benötige und des Neubaus einer „école maternité“, gemeint ist ein Kindergarten, der mit einem Kostenaufwand von 21.000 Euro kalkuliert würde. „Ich danke von ganzem Herzen und freue mich, wenn ich und meine Gemeinde weiterhin unterstützt werden und hoffe, nächstes Jahr wiederkommen zu dürfen“, so Pfarrer Audace abschließend.
Wer ihn und seine Projekte unterstützen möchte, kann eine Spende an nachfolgende Kontonummer schicken. Die Gelder werden über das Hilfswerk Missio dann an die Kirchengemeinde von Pfarrer Audace gehen.
Kath. Kirchenpflege Wolfegg
IBAN DE44 6505 0110 0062 3039 41 – Verwendungszweck „Projekte Pfarrer Audace“
Günter Brutscher















