Stadtfestsplitter, zusammenstellt von unserem Reporter Erwin Linder
Bad Waldsee – Nach zwei Party-Tagen ist wieder Ruhe im „Schtädtle“. Es war ein schönes Fest. Freud- und friedvoll, mit einem trockenen Samstagabend und einem durchwachsenen Sonntag. Das Fazit des OB am Sonntagabend: „Es war ein tolles Fest. Am Samstag Party. Am Sonntag ein paar Schüttler. Aber das hält die Bad Waldseer nicht davon ab, ihre Stadt zu feiern.“ So hat es unsere Reporter Erwin Linder erlebt:
Für mich fing das Fest schon am Samstagvormittag an. Nach dem Frühstück schockte mich meine Frau: „Du musst noch den Kuchen für den Kinderschutzbund backen. Der muss bis um zwölf Uhr beim Spital abgegeben werden. Ich kann nicht backen, ich bin eingeteilt zur Kuchenannahme.“ Aus war’s mit dem gemütlichen Frühstück, Hektik in der Küche. Um halb zwölf den heißen Kuchen aus dem Ofen geholt. Sah gut aus. Und Entwarnung: Es reicht, wenn du ihn morgen bringst.
Festeröffnung
Es hat schon was, wenn man in der Stadt wohnt. Keine Parkplatzsuche. Kurzer Nachhauseweg. Um halb sechs losmarschiert. Banger Blick zum Himmel. Kamera um den Hals. Kuli und Notizblock in der Tasche. Die Redaktion wollte die Eröffnung noch am Abend bringen. Unter den gelben Sonnenschirmen (besser gesagt Regenschirmen) im Klosterhof war noch reichlich Platz. Aber schau, schau: Petrus stellte das Regnen ein. Ein bisschen blinzelte die Sonne durch die Wolken.
Der Samstagabend brachte ja die erste und gewichtige Neuerung zum Stadtfest. Kein Steinacher-Hausbräu mehr zum Anstich. Bad Waldsees Traditionsbrauerei musste ja die Segel streichen. Und so trat ein neuer Player auf den Plan: die Brauerei Härle aus Leutkirch. Härle hat ja vor kurzem erst den „Hirsch“ beim Rathaus gekauft. Naheliegend, dass das Anstichfass von Härle kam.
Hoch auf dem blauen Wagen
Hoch auf dem blauen Wagen wurde die Stadtspitze samt Fass auf den Festplatz kutschiert. Ein schön restaurierter, in den Härle-Hausfarben blau lackierter, alter Mercedes-Laster, vielleicht aus den 60ern des letzten Jahrhunderts. Eine Blumengirlande verzierte die Motorhaube.
Ein bisschen verloren wirkten der OB und die BM schon auf der großen Ladefläche. Mussten sich gegen das Gerüttel und Geschüttel an der Ladekante zum Führerhaus gut festhalten. Das Anstichfass, mit kräftigen Bändern gut gesichert, durfte auch mitfahren. Die eine oder andere Blumengirlande an der Pritsche hätte das Bild noch abgerundet. Aber man kann ja alles beim nächsten Mal noch ein bisschen hübscher machen.
Die Highland-Pipes and Drums, verstärkt mit ihrer schottischen Partnerband aus dem 7000-Seelen-Städtchen Wick an der rauen schottischen Küste, marschierten als erste Band auf den Klosterhof. Immer ein Bild für die Herzen: die Kinder, sich des Ernstes ihrer Aufgabe voll bewusst, mit ihren Fahnen vorneweg. Dann, ein Bild voller Konzentration, „Drum Major“ Markus Nold mit seinem „Mace“, wie der reich verzierte Taktstock bei den schottischen Bands heißt. Er hatte seine Frauen und Mannen voll im Griff. Zwei scharfe Befehle und die Reihen der Marschierenden drehten sich zackig zu den Zuschauern. Jetzt waren die Schotten in ihren grünen Plaids in der ersten Reihe.
55 Jahre und kein bisschen leise
Als nächstes die Geburtstagskinder aus Bad Waldsee: Der Fanfarenzug in den neuen blau-schwarzen Uniformen. Fünfundfünfzig Jahre und kein bisschen leise. Auch die Waldseer brachten einen gelungenen Auftritt aufs „Parkett“.
Last but not least brachte der Zwiefalter Fanfarenzug dem OB und der ganzen Großen Kreisstadt einen Gruß aus seiner früheren Bürgermeisterstelle mit nach Bad Waldsee.
Einen Gruß richtete der OB dann an „seine Bad Waldseer“. Lobte alle, die zum Gelingen des Festes beitragen würden. Schickte seinen Dank fürs gute Wetter an die höheren Mächte. Konnte politische Prominenz begrüßen: Petra Krebs von den Grünen und Raimund Haser von den Schwarzen.
Jetzt wurde es spannend. Auf der Ladefläche bei OB und seinem Fass: Gottfried Härle. Der OB, angetan mit seiner Lederschürze, den Schlegel in der Hand, nimmt Maß. Gottfried Härle stützt das Fass. Die Zuschauer zählen runter: 10, 9, 8,7, 6, 5, 4, 3, 2, 1: Ein Schwung, ein Schlag, der Hahn sitzt im Spund. Der OB kann’s noch nicht glauben. Nochmals schwingt er den Schlegel bis ihm der Fachmann Einhalt gebietet: Das Bier läuft schon. Freudig stießen Gottfried Härle, Sarah-Jane und Matthias Henne, Monika Ludy, Raimund Haser und Petra Krebs mit den frisch gefüllten Krügen auf ein schönes Fest an.
Party in der Stadt
Party-Stimmung vom Rathausplatz über den „Hirsch“-Hof hinunter zum Rummel und zur Young Cultur und dann zur Showbühne, die dieses Jahr erstmals nicht auf der Hochstatt, sondern vor der Eisdiele ihren Platz gefunden hatte. Rock und Pop beherrschte das Zentrum der Stadt, traditionelle Blasmusik hatte ihren Platz in der Peripherie.
Positiv der Umzug der Showbühne in die Hauptstraße. Auf der Hochstatt war’s dadurch luftiger, das Durchkommen besser. Vor der Bühne jetzt genügend Platz für alle, die zur Bühnenshow der „PartyBöcke“ tanzen wollten.
Mit dem Kulturverein „Rebstock“ kam ein weitere neuer Player auf das Altstadtfest. Getragen von Klingeles Nachwuchs ist es ihr Anliegen, das Kulturgut Wein zu kommunizieren. Bei so viel Weintradition und einem Standort vor Mumus Weinstube konnten sie viel Tradition unters Volk bringen.
Der Sonntag. Mal Regen, mal Sonnenschein
Hilfe, die Flohmarktler kommen. 6.45 Uhr Treffpunkt an der Stadthalle. Ausgabe der Warnwesten. Ungeduldig warten die Händler, bis sie endlich ihre Plätze beziehen dürfen. Ab 7.00 Uhr ist Einfahrt. Viele kommen jedes Jahr. Suchen sich natürlich nach der Erfahrung den besten Platz schon im Vorfeld bei der Anmeldung aus. Und stellen dann fest, dass es doch wieder mal anders aussieht. Kann ich nicht, darf ich nicht, muss mein Auto wirklich raus, wo kann ich parken. Zum Schluss sind alle zufrieden, packen aus und dann – kommt der erste Regen.
Der Kuchen vom Samstag
Der Kuchen vom Samstag muss noch zum Kinderschutzbund. Knapp vor zwölf klappt auch das. Unterwegs der Reporter von der „Schwäbischen“. Macht schon Notizen, fragt die Leute. Und ich, noch kein Foto, keine Zeile auf dem Papier. Schnell nach Hause. Unterwegs überrascht der nächste Schüttler. Ein trockenes Plätzchen gab’s bei den Botze-Bootle. Das Wasser stand ganz schön hoch. Ein bisschen Spott über die Hochwasserbarrikade beim neuen Rathaus. Denn das Wasser läuft ja unter der Barrikade durch. „Wer diese Barrikade verkauft hat, der kann auch Kühlschränke am Nordpol verkaufen.“ Botzes Bootle sind noch alle fest vertäut. „Jetzt sollte man wissen, ob das Feuerwerk stattfindet oder nicht. Denn wenn es abgebrannt wird, braucht man unsere Boote zum Leuchtbecher-Aussetzen, und die kommen dann erst nach dem Feuerwerk zurück.“ Heute ist das Rätsel gelöst, die Bootle waren draußen. Der Schüttler ist vorbei. Mal Durchschnaufen zu Hause angesagt.
Auf dem See kämpften die Drachenbootbesatzungen gegeneinander und die Modellbauer lassen ihre Schiffe fahren und ihre Flieger fliegen. Dafür hat’s Wetter gehalten bis zu den Siegerehrungen im Bootshaus.
Gegen Abend
Mit Kamera, Block und Blei wieder unterwegs. Die Waldseer lassen sich von ein bisschen Regen die Laune nicht verderben. Die Stadt ist voll. Überall zeigen sich an den Ständen zufriedene Gesichter. Die Umsätze waren gut. „Auf jeden Fall besser als das Wetter“, war der Kommentar beim Musikverein Reute-Gaisbeuren auf dem Klosterhof. „Auf jeden Fall so gut wie im letzten Jahr“, hieß es beim Sportverein Haisterkirch. „Das liegt an unseren Steaks über Holzkohle gegrillt. Die sind halt besonders gut.“
Das Schwartenmagenhäusle vom Bürgerbus und den FourFrogs war vom Fest ein bisschen abgeschnitten. Hofften die Betreiber noch von der Laufkundschaft am Seeweg, blieb diese wettermäßig weitgehend aus. Schade drum. Der Wein war sehr ok. Und für zwei gab’s noch ein lauschiges Plätzchen zum Feuerwerk.
Ein Schluss mit Verzögerung
Höhepunkt und Abschluss war wie immer das Feuerwerk. Welche Musik wird gespielt? Durften die Bad Waldseer doch im Vorfeld abstimmen, welche Musikrichtung ihnen die Liebste wäre. Die Botze-Bootle schwärmten aus. Die Leuchtbecher brachten Romantik auf den See. Dann warten. Und warten. Und warten. Die Musik schien sich in einer Endlosschleife gefangen zu haben. Und warten. Und – zwei Raketen stiegen in die Luft mit Knall und Krach und Fauch. Und – warten. Sicher hatten die Feuerwerker hinterm See alle Hände voll zu tun. Aber dann. Die Musik erwachte aus der Dauerschleife. Das farbige Spektakel wurde am Himmel abgebrannt. Es war wie immer: einfach toll.
Text und Fotos: Erwin Linder
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