Tag der offenen Tür bei Karger
Bad Wurzach – Die Verzinkerei Karger im Gewerbepark West lud am vergangenen Samstag (19.7.) die Bevölkerung, Kunden und Interessierte zu einem Tag der offenen Tür ein. In einem großen Festzelt, in dem die Stadtkapelle aufspielte und bewirtete, berichteten Werkleiter Thomas Schröder und die Geschäftsführer Wolfgang und Uli Karger von der Entstehungsgeschichte der Bad Wurzacher Niederlassung.
Es war einiges geboten in der Werkhalle und davor: Informationen und Entertainment wie Hüpfburg für die Kinder, XXL-Tischkicker, eine Familienwaage und ein Zauberer, der vor allem die Kinder mit seinen Kunststücken in seinen Bann zog.



Es gab ein buntes Rahmenprogramm.
Die Information, wie und was in dem Werk eigentlich gemacht wird, wurde anschaulich vorgeführt. Zwei Kameras oben an der 7,5 m langen, 1,6 m breiten und 3,2 m tiefen, mit 258 Tonnen und 450 Grad heißem, flüssigem Zink gefüllten Wanne übertrugen den Tauchgang live auf zwei Videowände. Verzinkt wird alles, was draußen der Witterung ausgesetzt ist, also Teile für die Bauindustrie, aber auch für die Fahrzeugindustrie, eben alles, was einen Korrosionsschutz benötigt. „Und dabei findet die Verzinkerei in einem nahezu perfekten Recyclingkreislauf statt“, sagte Uli Karger, als er dem Chronisten Einblicke zu dem Tauchgang aus nächster Nähe gibt. „An jedem Standort gibt es eine solche Wanne, in Illertissen noch eine Anlage für Kleinteile.“

Blick in die Produktion.
„Als ein Herr P. aus R. die Ukraine überfiel“

Zurück im schon am Vormittag gut gefüllten Festzelt: Werkleiter Thomas Schröder (Bild) eröffnete den Reigen der Festreden an diesem Tag der offenen Tür und er hatte als Symbol für die wechselhafte Geschichte des Werkes einen Baustellenhelm mit auf die Bühne gebracht.
Erste Überlegungen für das Werk wurden 2016 angestellt, 2017 ging es in die Planungsphase und 2020 wurde gebaut, was Baustelle Nr. 1 war. Dann kam Corona und bildete eine schwierige Baustelle Nr. 2. Und die nächste Baustelle kam „als ein Herr P. aus R. die Ukraine überfiel.“ Denn danach explodierten die Gaspreise und die Northstream-Pipeline. Für eine Industrie, die mit hohen Temperaturen arbeiten muss und bisher auf Gas gesetzt hatte, eine enorm schwierige, kaum zu händelnde Situation.
Und so wurde mit Plan B im Oktober 2022 das Werk Bad Wurzach vorerst wieder stillgelegt. Schröder sagte dazu: „Die Produktionshalle glich damals, als das Zink abtransportiert wurde, einem Hochofen.“
Wiedereröffnung am 3. März
Die schönste Baustelle sei diejenige, die – nach zweieinhalb Jahren – zur Wiedereröffnung des Werkes am 3. März 2025 geführt habe. Mit dazu beigetragen habe, dass Karger zwischenzeitlich die Firma MEGA-Pulverbeschichtungen in Vorarlberg übernommen hatte und sich so zusätzliche Kundenkreise erschließen konnte. Viele Mitarbeiter, die zwischenzeitlich in Illertissen untergekommen waren, seien wiedergekommen. „Wir sind bereit!“, sagte Werkleiter Thomas Schröder im Rahmen seines Dankes an die Geschäftsleitung.
Bürgermeisterin dankt für Standorttreue

Bürgermeisterin Alexandra Scherer am Tisch mit Geschäftsführer Wolfgang Karger.
Bad Wurzachs Bürgermeisterin Alexandra Scherer sagte in ihrem Grußwort, sie freue sich aus Sicht der Stadt, sie freue sich für Wolfgang und Uli Karger, die eine Firma mit fünf Standorten aufgebaut haben und fortführen, was ihr Vater als Einmannbetrieb angefangen hatte. „Ich freue mich, dass es jetzt weitergeht und auch in der Stadt ist die Freude groß. Sie haben das Werk 2021 eröffnet und mussten es tragischerweise gleich im darauffolgenden Jahr 2022 ,in den Ruhemodus‘ legen. Man habe es als Stadt nachvollziehen können, dass es unter diesen Rahmenbedingungen nicht möglich gewesen sei, das Werk weiter zu betreiben. Als man im Juni vergangenen Jahres erfahren habe, dass es mit dem Werk als Logistikzentrum weitergehe, war die Freude groß. Noch größer aber war die Freude über den Beschluss, auch die Verzinkerei in Bad Wurzach wieder in Betrieb zu nehmen. „Insbesondere in diesen wirtschaftlich nicht einfachen Zeiten spricht diese erfreuliche Entwicklung für ihren Mut und ihr Durchhaltevermögen und ihren unternehmerischen Weitblick.“ Sie dankte der Unternehmerfamilie Karger für ihre Standorttreue zu Bad Wurzach. Und auch dafür, dass sie als Arbeitgeber auch während der Schließung so verlässlich gewesen seien. Das sei anerkennenswert und helfe auch künftig ausreichend und qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen.
Die zweite Chance ergriffen

Geschäftsführer Wolfgang Karger (Bild) sah diesen besonderen Tag der offenen Tür als zweite Chance, „diese zu bekommen, ist nicht selbstverständlich. Spatenstich unter Corona, Aufbau der Firma mit bis zu 35 Mitarbeiter unter Corona, dann war es fast geschafft. “ Was folgte war die Energiepreiskostenexplosion und der Energiepreis-Supergau Mitte 2022 mit dem Angriff auf die Ukraine. „Aber bereits vorher waren viele Preise massiv gestiegen und damit einhergehend die Auftragslage gefallen.“ Somit sei es nicht mehr möglich gewesen, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Man habe nun beweisen müssen, dass der wohl in einem unüberlegten Moment von Herrn Habeck getätigte Satz stimmt: „Die Firmen machen nicht Insolvenz, sie hören nur auf zu produzieren.“ Was (nur) in diesem Falle stimme, und es sei überhaupt nicht leicht gewesen und keine Selbstverständlichkeit.
Gegründet 1962
Von Vater Franz Karger wurde die Firma 1962 als Bauschlosserei gegründet, 1970 erfolgte der Bau der ersten Verzinkerei mit einer 4-Meter-Anlage, die bereits 1976 durch eine 7-Meter-Anlage ersetzt wurde. Ab 1982 wurden in Illertissen Gitterroste hergestellt, im selben Jahr wurde das Werk Verzinkerei Ostalb gebaut, das heute eine 8-Meter-Anlage hat.
Ab 2003 übernahmen die Söhne Uli und Wolfgang Karger die Firma. 2008 wurde die Karger- Verzinkerei Mertingen (bei Donauwörth) mit einer 8,5-Meter-Anlage gebaut. 2016 wurde das Verwaltungsgebäude in Illertissen neu gebaut. Und schließlich 2020 mit dem Neubau der Verzinkerei in Bad Wurzach begonnen, die bereits 2022 wieder stillgelegt werden musste.
Mit der Übernahme von MEGA-Pulverbeschichtungen 2024 keimte wieder Hoffnung auf, bis im März 2025 dann der Neustart erfolgte.
Wolfgang und Uli Karger dankten
Gemeinsam mit seinem Bruder Uli dankte er allen, die den Neustart und den Tag der offenen Tür möglich gemacht haben. Einen besonderen Dank erhielt die Assistentin der Geschäftsführer, die – obwohl im Urlaub – überall mit angepackt und da war, wo es erforderlich war. Jetzt kann sie in den wohlverdienten Sonderurlaub gehen.

Die Geschäftsführer Wolfgang (links) und Uli Karger danken ihrer Assistentin Kathrin Halder für die viele Arbeit bei der Organisation des Tages der Offenen Tür.

Laut Uli Karger (Bild) waren erstmals bei einem Tag der offenen Tür vier Generationen Kargers anwesend. In seiner Ansprache zeigte er auf, „wie rasant sich die Welt für uns in ein paar Jahren verändert hat.“ Er warf deb Blick zurück auf die Anfänge: Nachdem man das Ok für den Bau der Verzinkerei in Bad Wurzach erhalten hatte, wurde ein gasbetriebener Zinkofen bestellt, der mit neuester Brennertechnik 15 % Gas einsparen sollte (und dies auch tat). Nach der Gasverknappung und -verteuerung wurden mehrere Möglichkeiten sondiert. Auch die Möglichkeit, Biogas von Karl Lott zu beziehen. Auch der Einsatz von bis zu 20 % Wasserstoff sei angedacht gewesen – aber woher nehmen? Außerdem würde er den ökologischen Fußabdruck wegen des Transportweges verschlechtern. Damit ginge die Tendenz klar zu Strom, da Wasserstoff noch nicht sinnvoll einsetzbar sei. Aber mit Freiflächen-PV-Anlagen tue sich gerade etwas in Bad Wurzach. „Ich bin stolz auf die Anlage. Sie bietet saubere und moderne Arbeitsplätze. Aus unseren Kaminen kommt fast nichts heraus. Und ich bin stolz auf alle Mitarbeiter, besonders auf die, die zweieinhalb Jahre durchgehalten haben und diejenigen die wieder zurückgekommen sind.“
Uli Karger formulierte ein klares Ziel: Man wolle baldmöglichst wieder einen geregelten Zweischichtbetrieb realisieren. Und der 19. Oktober 2022 solle sich nie wieder wiederholen. „Um 17. 00 Uhr das Licht auszuschalten tat richtig weh.“
Text und Fotos: Uli Gresser
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