Unwürdiges Geschacher
Zur abgesetzten Wahl der Verfassungsrichter
Grundsätze der Demokratie sind die strikte Trennung von Politik und Justiz und die Debattenkultur. Beides haben die Parteien, die sonst immer ihr demokratisches Wesen unterstreichen, missachtet.
Verfassungsrichter sollten überparteilich sein und nicht von Parteien in Hinterzimmern ausgehandelt werden, wie dies jetzt geschah. Die CDU hatte zunächst den von ihr im Vorfeld vorgeschlagenen Richter Seegmüller zurückgezogen, weil Grüne und SPD ihn zu konservativ befanden und die CDU hinter der Brandmauer durch die linken Parteien erpressbar geworden ist.
In diesem Sinne schlugen SPD und Grüne zwei ihnen genehme Kandidatinnen vor, die zuvor schon durch eindeutige Stellungnahmen gezeigt hatten, dass sie diesen Parteien nahestehen. Und tatsächlich gab die CDU dafür Grünes Licht, um die Koalition nicht zu gefährden.
Diese Personen sollten nun am letzten Sitzungstag des Parlaments vor der Sommerpause ohne Diskussion durchgedrückt werden. Als die CDU-Basis und viele ihrer Abgeordneten sich dagegen wehrten, setzte die CDU die Abstimmung ab.
Statt eines ehrlichen und klaren Bekenntnisses zur Verfassung, zur Menschenwürdegarantie sowie zum C in ihrem Parteinamen wählte sie den unwürdigen Notausgang, den Plagiatsvorwürfe gegen eine der Kandidatinnen boten.
Nun sind die linken Parteien entrüstet, weil die CDU (noch) nicht nach ihrer Pfeife tanzt, wie sie es zuvor schon öfters getan hat. Der grüne Marcel Emmerich versteigt sich gar zur Behauptung, die CDU habe sich „zum Teil einer rechten Kampagne gemacht und damit das Vertrauen in die überparteiliche (!) Auswahl von Verfassungsrichtern untergraben.“ Selbst der CDU-Abgeordnete Axel Müller beklagt, dass „die nach unserer Verfassung wohlweislich unabhängige Justiz leichtfertig infrage gestellt“ worden sei.
Nicht die Argumente der unzufriedenen Wähler und Abgeordneten der CDU sind eine Gefahr für die Demokratie und die unabhängige Justiz, sondern das Verweigern der Debatte im Bundestag und der Versuch der linken Parteien, das Fundament der Verfassung zu untergraben, auf das Bundesverfassungsgericht Einfluss zu nehmen und es nach ihren Vorstellungen umbauen zu wollen.
Wie sagte schon der SED-Vorsitzende Walter Ulbricht: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“ Nach diesem unwürdigen parteipolitischen Geschacher steht zu befürchten, dass nicht nur die Parteien, sondern auch das Bundesverfassungsgericht an Ansehen in der Bevölkerung verlieren.
Berthold Büchele, Ratzenried
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