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500 Jahre Bauernkrieg

Enthüllung der Gedenktafel am Leprosenhaus weckt großes Interesse



Foto: Uli Gresser
Bürgermeisterin Alexandra Scherer und Stadtarchivar Michael Tassilo Wild bei der Enthüllung der Gedenktafel, mit der an die Bauernkriegsschlacht in Wurzach am 14. April 1525 erinnert wird.

Bad Wurzach – Es war der 14. April des Jahres 1525: Am Wurzacher Leprosenberg kommt es zur Schlacht zwischen aufständischen Bauern und den Truppen der Obrigkeit. Auf den Tag genau 500 Jahre danach, am 14. April des Jahre 2025, wurde am Ort des Geschehens eine Gedenktafel enthüllt. Unser Reporter Uli Gresser berichtet:

Die Enthüllung einer Gedenktafel für die Opfer der Schlacht beim Leprosenberg lockte sehr viele Besucher zum Leprosenhaus. Nach dem überwältigenden Erfolg des Vortrages „Wenn Nachbarn kämpfen: Wurzach im Bauernkrieg“ von Stadtarchivar Michael Tassilo Wild knapp eine Woche zuvor fand nun mit der Enthüllung der Gedenktafel für die Opfer der Schlacht beim Leprosenberg bereits die zweite von insgesamt zwölf Veranstaltungen bzw. Vorträgen und Exkursionen in Bad Wurach in diesem Gedenkjahr statt.

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Die Abgeordneten Petra Krebs MdL, Wolfgang Dahler MdB und Raimund Haser MdL sowie der ehemalige Stadtpfarrer und Dekan Norbert Wahl bei der Gedenkstunde in der Leprosenhauskapelle.

Es war eine illustre Besucherschar, die sich exakt am Jahrestag der Schlacht (14. April) und sogar zur gleichen Stunde (14.00 Uhr), an der mutmaßlich die Kampfhandlungen begannen, zunächst in der Leprosenhauskapelle traf. Neben Bundes- und Landtagsabgeordneten waren auch zahlreiche Heimatforscher und Historiker gekommen, aber auch das, was nach der Zeit des Bauernkrieges vielleicht als „gemeiner Bürger“ gegolten hat.

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Mit einer Mozart-Sonate eröffnete Robert Häusle, der die musikalische Gestaltung der Feier übernahm, am Klavier die Feierstunde zum 500. Jahrestag musikalisch.

Immerwährende Aufgabe: Frieden stiften

Die evangelische Pfarrerin Cora Boettiger (Bild) begann mit einem Gebet die Reihe der Rede- und Gebetsbeiträge. „Was damals gefordert wurde, ist nach wie vor aktuell, nämlich Frieden zu stiften“, sagte die Pfarrerin. Die Stadt als Veranstalter legte großen Wert auf die Ökumene, indem sie alle vier christlichen Gemeinden eingeladen hatte, sich in irgendeiner Form zu beteiligen. Eine Bitte, der diese gerne nachgekommen waren.

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Nachbarn auf beiden Seiten

Doch zunächst war es an der Bürgermeisterin Alexandra Scherer (Bild) die Gäste zu begrüßen. Mit dieser Gedenktafel erinnere die Stadt an eine der wichtigsten Schlachten des Bauernkrieges, die am 14. April des Jahres 1525 hier am Leprosenberg stattgefunden hatte. Eine Tragödie sei es, dass damals praktisch Nachbarn und Freunde gegeneinander gekämpft hätten. Deswegen gelte das Andenken allen Opfern dieser Schlacht. Es sei ein Freiheitskampf gewesen. „Heute können diese Probleme auf andere Weise gelöst werden.“  Sie sei  erfreut und überrascht, dass so viele Bürger gekommen seien.

Nach einem weiteren Musikstück war es Zeit für eine geschichtliche Einordnung der Geschehnisse an jenem Karfreitag des Jahres 1525 durch Stadtarchivar Michael Tassilo Wild.

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“Hier in der Kapelle saß der Bauernjörg und verhandelte”

Auch Michael Tassilo Wild (Bild) zeigte sich überrascht über die große Besucher-Resonanz und meinte: „Wenn ich mich so umschaue, dann treibt der Bauernkrieg viele Menschen in Oberschwaben noch immer um.“ Natürlich habe es Charme, am Originalschauplatz mehr über das Geschehen vor 500 Jahren zu erfahren. Es berühre, wenn man weiß, dass der Bauernjörg hier in der original erhaltenen Leprosenhaus-Kapelle gesessen sei, als er zunächst lange mit den Aufständischen verhandelte, wie es dessen Schreiber, ein Kaplan, aufgeschrieben hat. Denn weil hier erst die zweite Schlacht des Krieges stattfand, war noch auf beiden Seiten Kompromissbereitschaft vorhanden. Erst nachdem die Verhandlungen gescheitert und mit Fanfarenstößen der Kampf „angeblasen“ wurde, feuerte die Artillerie eine erste Salve auf die auf der Bleiche vor dem Schloss stehenden Bauern, die sich nach zwei weiteren Salven ins Ried flüchteten, um sich später mit anderen Bauernhaufen in Gaisbeuren zu vereinigen.

Stadtarchivar Michael Wild zweifelt an beiden Darstellungen über die Opferzahlen, weil keine als objektiv gelten kann. Die Horroropferzahlen, die von anderer Seite (aus Köln!) darüber kolportiert wurden, seien ebenso mit Vorsicht zu genießen wie diejenigen des Schreibers von Heerführer Georg III. Truchsess von Waldburg-Wurzach, genannt der Bauernjörg. „Tatsache ist, auf der Bleiche beim Schloss werden sie keine Massengräber finden.“ Das Interesse des Bauernjörgs, die Aufständischen zu verfolgen, hielt sich in Grenzen und die Kavallerie war im Ried nicht einsetzbar. Schließlich war der Bauernjörg der Stadtherr von Wurzach und hier war für Georgs Kämpfer wie für die Bauern Heimat.

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Beide Seiten beriefen sich in dem Konflikt auf Gott: Der Adel, weil er seine Stellung als von Gott gegeben ansah, während die Bauern den Bibeltreuen nahestehen, die nur akzeptierten,  was in der Bibel niedergeschrieben wurde. Deren rasante Verbreitung ja kurz nach der Erfindung des Buchdrucks plötzlich in ganz Deutschland stattfand.

Das Wesen des Gedenkens

Bernhard Maier (Bild), als Vorsitzender des Leprosenhaus-Fördervereines  – sozusagen der Hausherr – ging in seinem Grußwort mit einem Zitat der Romantikerin Bettina von Arnim auf den Begriff des Gedenkens ein. „Was wir vergessen, töten wir, wessen wir gedenken, das beleben wir. Was uns vergisst, das tötet uns …“ Gedenken meine ja, sich erinnern, etwas ins Gedächtnis zurückrufen, zu mahnen. „In der Kulturwissenschaft gibt es den Begriff der öffentlichen Erinnerungskultur (Geschichtspflege), der den Umgang des Einzelnen und der Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit und Geschichte bezeichnet.“ Sie dokumentiere sich in Denkmälern, deren Errichtung eine besondere Bedeutung zukomme. In diesem Fall sei aber nicht nur die Errichtung, sondern auch der Zeitpunkt wichtig: Auf den Tag genau 500 Jahre nach der Schlacht werde diese Gedenktafel enthüllt, mit der in besonderer Weise der Opfer gedacht wird. Dafür bedankte er sich im Namen des Leprosenhaus-Vereines, da dies „unsere erinnerungskulturellen Aufgaben, die wir mit dem Leprosenhaus haben, doch erleichtern wird.“ Dazu zählen Führungen durch das Haus, aber auch Konzerte, Ausstellungen, Vorträge und Lesungen in der Kapelle. Nachdem die Stadt das Haus von 1982 bis 1987 restauriert hatte, eröffnete sie es mit einer großen Ausstellung des überregional bekannten Malers und Schriftstellers Sepp Mahler, dessen Geburtsort ja das Leprosenhaus war.

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Er erinnerte auch an die Geschichte des Hauses, dessen Umgebung von Krankheit, Krieg und Tod geprägt war. War der nahegelegene Richtplatz bis Ende des 16. Jahrhunderts doch Schauplatz von Hexenverbrennungen, war das Haus doch während der Befreiungskriege 1813/14 Lazarett für über 4000 Soldaten der österreichischen Armee, woran das Denkmal draußen, eine Gedenktafel in der Kapelle sowie ein Themenzimmer im Haus erinnert. In der Kapelle erinnern und erinnerten die Deckenfresken daran, dass man Trost im Glauben und Hoffnung auf Erlösung finden werde. „Auch dieses Deckengemälde ist eine Art Gedenktafel und Erinnerung.“

Robert Häusle, Stefan Maier, Lothar Dopfer (von links).

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Der katholische Stadtpfarrer Stefan Maier verlas gemeinsam mit Lothar Dopfer, Gemeindevorsteher der Freien Christengemeinde Bad Wurzach, die Fürbitten. Nach einem weiteren Musikstück von Robert Häusle spendete Uwe Kirschner von der Neuapostolischen Kirche den Segen und beendete damit die Feierstunde in der Kapelle.

Uwe Kirschner.

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Nun wurde es Zeit für den eigentlichen Höhepunkt der Veranstaltung, die Enthüllung der Gedenktafel, die gemeinsam von Bürgermeisterin Alexandra Scherer und Stadtarchivar Michael Wild unter dem Applaus der rund 100 Gäste vorgenommen wurde.
Text und Fotos: Uli Gresser

Weitere Bilder in der Galerie

Dokumentation: Der Text der Gedenktafel

Im Gedenken an die Schlacht von Wurzach.
Am 14. April 1525 ereignete sich hier im Zuge des Bauernkriegs die Schlacht von Wurzach. Die aufständischen Bauern erlitten dabei eine Niederlage gegen die Truppen des Schwäbischen Bundes. Die Bewertung des Bauernkrieges ist aus heutiger Sicht schwierig: Die Bauern versuchten dabei, Freiheitsrechte zu erkämpfen, die Fürsten sahen sich als Garanten gottgewollter Ordnung.

Nachdem Truchsess Georg III. – bekannt unter dem Namen Bauernjörg und Oberkommandierender des Schwäbischen Bundesheeres – von den Unruhen in Waldsee und Wurzach erfahren hatte, lenkte er sein Heer, welches wenige Tage vorher östlich von Ulm bei Leipheim eine Schlacht geschlagen hatte, um und zog nach Wurzach. Georg III. hatte zudem die Herrschaft Wurzach inne, er war also der Stadtherr und kannte Land und Leute sehr gut.

Das Hauptquartier des Bauernjörgs befand sich hier im Leprosenhaus. Von diesem Hügel herab feuerte wohl auch die Artillerie, welche in dieser Schlacht kampfentscheidend war. Die Bauern hingegen lagerten auf der Bleiche, die sich damals vor dem Schloss Wurzach befand. Als Verhandlungen scheiterten, kam es zur Schlacht.

Nach intensivem Beschuss zogen sich die Bauern zurück, wobei sie durch das schwierige Gelände allerdings Verluste erlitten. Einige hundert flohen in die Stadt Wurzach, wo sie gefangen gesetzt wurden.

Der Bauernjörg verbot seinen Truppen die Verfolgung der Fliehenden. Im Schutz der aufziehenden Nacht gelang vielen die Flucht Richtung Gaisbeuren (Waldsee), wo sich verschiedene Bauernhaufen sammelten.


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BILDERGALERIE

Fotos: Uli Gresser

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