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Julian Aicher zur Energiewende

Sonne, Wasser und auch Biogas – die bringen’s



Leutkirch – Windkraft. Darüber wird derzeit im schwäbischen Oberland viel gestritten. Am Donnerstagabend (26. Juni) hatte die Stadt Leutkirch dazu bei einer Bürgerinformation ab 19.00 Uhr in der Turn- und Festhalle Diepoldshofen geladen, Thema: Windkrafttürme im Diepoldshofer Wald. Am Montagabend, 30. Juni, berät der Gemeinderat Leutkirch (18.00 Uhr, Verwaltungsgebäude am Gänsbühl) öffentlich darüber, ob 7 Hektar Wald im Besitz der Großen Kreisstadt Leutkirch im Diepoldshofer Wald an die Windfirma RES verpachtet werden sollen. Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle hatte am Donnerstagabend in Diepoldshofen gesagt, dass die stadteigenen Waldparzellen in Diepoldshofen entgegen ursprünglicher Planungen durch RES vorerst nicht beplant würden.

Windkraft ist eine starke Erneuerbare-Energie-Trägerin. Doch es gibt noch einige weitere Möglichkeiten auf Markung der Großen Kreisstadt Leutkirch, Strom aus natürlich-erneuerbaren Energiequellen zu gewinnen.

Zum Beispiel aus Sonnenlicht selbst. Genannt Photovoltaik. Die Sonne schickt zur Erde rund 15.000 mal mehr Energie als die Menschheit derzeit dort aus Erdgas, Erdöl, Kohle und Uran bezieht. 15.000 mal mehr. Kein Wunder daher, dass Sonnenlicht an sich auf Markung Leutkirch einen beachtlichen Beitrag zur Stromerzeugung liefern kann. “Bezogen auf den Bedarf sind rund 60% Erzeugung auf Dachflächen möglich”, schreibt die Energieagentur Oberschwaben” jetzt (17. Juni 2025) auf Anfrage der Bildschirmzeitung.

Die Energieagentur Oberschwaben (Vorgängerin: Energieagentur Eavensburg) hatte Dachflächen genauer in den Blick genommen. Sowohl für den Landkreis Ravensburg als auch den Kreis Biberach. Ergebnis im Jahre 2019: 90 % der Summe aller elektrischen Kilowattstunden, die im Landkreis Ravensburg verbraucht werden, könnten aus Solarmodulen auf Dächern schon im Landkreis Ravensburg bestehender Gebäude stammen. 90 % von Dächern (im Kreis Biberach fast 100 %.)

Solarmodule lassen sich auch senkrecht montieren. Also nicht allein auf Dachflächen. Dann etwa an Hauswänden. Dabei erzeugen die Sonnenplatten zwar ein rundes Viertel weniger Strom als ähnliche Technik auf Dächern. Senkrecht solar wirkt aber im Winter mehr. Denn da verlaufen die Sonnenbahnen flacher. Und im Winter wird üblicherweise mehr Energie verbraucht.

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Senkrecht angebracht

Senkrecht verschraubte Solarmodule passen außerdem etwa auf Lärmschutzwände. Aus Solarmodulen können auch Gartenzäune entstehen. Zu bewundern etwa in Ausnang. Selbst Parkplätze lassen sich mit Dachkonstruktionen mit Solarplatten vor Schnee, Starkregen und Hagel teilweise schützen. Zudem spenden sie an heißen Tagen Schatten. Ähnlich bieten sich Solar-Überdachungen für Verkehrswege an. So verläuft in Freiburg ein Radweg unter Solarmodulen. In der Schweiz wird geplant, zwischen Eisenbahnschienen solch flache Sonnenplatten zu verlegen. Frankreich hat damit begonnen, Autobahn-Fahrbeläge aus Solarzellen zu verlegen.

Die Energieagentur Oberschwaben gibt aktuell, Juni 2025, zu bedenken, dass der Gesamt-Strombedarf steigt. Etwa für Elektro-Autos, KI oder Wärmepumpen. Andererseits bringen neuere Solarmodule mehr elektrische Kilowattstunden als alte. Wer etwa Solarmodule, die 2005 aufs Dach geschraubt wurden, 2025 durch neue ersetzen lässt, darf daraus rund ein Fünftel mehr elektrische Kilowattstunden erwarten als aus den alten von 2005. 

Drei Viertel aus Solar

Grob überschlagen gerechnet: Ein Fünftel von 60 % sind 12 %. 60 % hielt die Energieagentur bereits 2019 in Leutkirch für machbar. Durchaus denkbar, dass sich mit neuen Solarmodulen nicht nur 60 %, sondern 72% des Strombedarfs in Leutkirch decken lassen. Rund drei Viertel.

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Mancher Ortsteil der Großen Kreisstadt erreicht bereits heute mehr. In Rotis stammten schon 2015/2016 rund 270.000 Kilowattstunden Elektrizität pro Jahr aus erneuerbaren Energiequellen. Hauptsächlich Photovoltaik. Stromverbrauch in diesem Sechs-Anwesen-Flecken auf Markung der Großen Kreisstadt Leutkirch an der bayerischen Grenze nahe Legau damals: Rund 80.000 Kilowattstunden. In Rotis entstanden also bereits vor zehn Jahren rund drei mal mehr elektrische Kilowattstunden erneuerbar als der 35-Seelen-Ort verbrauchte. 

Preiswert

Billig. Wer sich 2025 Solarmodule aufs Dach schrauben lässt, kann die elektrische Kilowattstunden in den eigenen Räumen direkt drunter für (weniger als) 10 Cent nutzen. Zum Vergleich: Eine Kilowattstunde aus dem “normalen” deutschen Stromnetz kostet rund 30 bis 40 Cent. Sonnenlicht als preiswerter Energielieferant.

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Vorbild elobau

Dass sich das auch für Betriebe lohnt, zeigt das Unternehmen mit den meisten Arbeitsplätzen in Leutkirch. An und auf den elobau-Gebäuden entstehen aus Solarplatten pro Jahr insgesamt mehr elektrische Kilowattstunden, als elobau verbraucht. Seit 2013. Es gibt auf Markung der Großen Kreisstadt noch etliche Dächer auf Betriebsbauten ohne Solarzellen.

Doppelter Nutzen: Agri-PV

Dabei für Leutkirch noch gar nicht mit eingerechnet: Sonnenkraftwerke über Äckern, Wiesen und Feldern. Und zwar so montiert, dass Landwirtschaft weiterhin drunter betrieben werden kann. Auch mit großen Traktoren. Solche Sonnenkraftwerke werden Agri-PV genannt. Richtig montiert, könnten mit ihnen nicht nur Millionen elektrischer Kilowattstunden pro Jahr entstehen, sondern auch gespeichert werden. Mit Batterietechnik am Wiesenrand. Damit deren Strom auch dann fließen kann, wenn weder die Sonne scheint noch der Wind weht. Solche Kraftwerke arbeiten bereits im Landkreis Ravensburg. Etwa in Schlier.

200 Meter rechts und links der Autobahn A 96 und entlang der Eisenbahn Memmingen-Lindau wäre viel möglich; Bundesgesetze erleichtern es, auch auf Markung Leutkirch dort solche Anlagen zu errichten. Hunderte Hektar Land gehören in Leutkirch zu diesem Bereich nahe der A 96.

Die Sonne entfaltet ihre Kräfte auf der Erde nicht allein direkt (also mit Licht und Wärme), sondern über mehrere andere Töchter. Wie Windkraft. Aber auch über Pflanzen, die Sonnenenergie speichern. Stichwort: Photosynthese. Heute bekannt etwa aus dem Heizmaterial Holz – oder auch aus Biogasanlagen.

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Biogas

Mit der Gülle einer Kuh gewinnen Biogasanlagen pro Jahr rund 1000 Kilowattstunden Strom (so der technische Stand vor dem Jahr 2000). Auf Markung der Großen Kreisstadt Leutkirch leben Tausende solcher Vierbeinerinnen. Längst tragen die Hinterlassenschaften all dieser Tiere zur Stromversorgung bei. Elektrizität aus Biogasmotoren können auch kleinere Höfen herstellen. Das beweist Familie Waizenegger im Nachbarort Legau-Straß.  Dank 40 Kühen, 20 Schweinen samt ein paar Hennen erarbeitet die hauseigene Biogasanlage dort pro Jahr rund 80.000 Kilowattstunden Strom. Größere Biogasbetriebene arbeiten in um um Leutkirch teils schon vorbildlich. Sowohl zur Strom- als auch zur Gasversorgung. Und für Wärme. Nutzbar bald in der Kernstadt.

Die Eschach hat Kraft

Wirksamer als bisher könnte auch Wasserkraft auf Markung der Großen Kreisstadt Leutkirch die Stromversorgung bestärken. Noch bis in die 1990er-Jahre erzeugte der Generator an der Wasserturbine Schmidsfelden (Eschach) rund 200.000 Kilowattstunden Elektrizität pro Jahr. Mehr als die Leute in dem ehemaligen Glasmacherdorf damals verbrauchten. Die Wasserkraftanlage Schmidsfelden steht heute still. Aber ihre Turbine und ihr Generator sind noch da. Weitere Wassertriebwerke wie die Emerlander Mühle arbeiteten Eschach-abwärts. 

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Eine Million elektrische Kilowattstunden pro Jahr zusätzlich

Der Leutkirch-Uttenhofer Diplomingenieur Josef Dennenmoser hat errechnet, dass mit heutiger Wasserkraft-Technik allein an der Oberen Eschach (von einschließlich Schmidsfelden bis Urlau) übers Jahr etwa eine Million elektrischer Kilowattstunden erzeugt werden könnten. Genug für über 600 Privatleute. Dennenmoser muss es wissen. Er hat nicht nur Hunderte von Kilometern entlang von Bächen und Flüssen abgelaufen, sondern drei ehemalige, zeitweise stillgestandene Wasserkraftanlagen mit neuer technischem Leben wieder “wachgeküsst”.

Erdwärme

Unter dem Boden des Voralpenlandes befindet sich vergleichsweise viel Erdwärme. Also heißes Wasser. Es kann sowohl heizen als auch Turbinen antreiben – also mit Generatoren dran Strom erzeugen. Um München bereits Wirklichkeit. Beim “Energiefrühling Leutkirch” im Frühjahr 2025 sagte Dr. Daniel Bendias, München plane dafür Milliarden an Euro auszugeben. Geologe Bendias lebt in Leutkirch. Kann er sich vorstellen, dass derartig viel Energie auch tief im Erdreich unter der Allgäustadt schlummert? Dazu müssten Probebohrungen in die Tiefe führen. Solch eine Extra-Bohrung in die Tiefe unter der Nibelstadt würde rund 20 Millionen Euro kosten. So Geologe Dr. Daniel Bendias. Ob man dabei weit unten auf Hitze stoße, lasse sich zuvor nicht genau sagen. Ein Risiko. Allerdings eines, mit dem sich Versorger wie die Technischen Werke Schussental (TWS) vertraut machen möchten. Interesse daran auch in Wangen. So der Leutkircher Geologe Dr. Daniel Bendias.

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Es gibt Alternativen

Vielfältig. Wenn sich der Leutkirch Gemeinderat am 30. Juni damit befasst, warum im Diepoldshofen Wald Windkraft genutzt werden soll, dürfen die gewählten Rätinnen und Räte dabei daran denken, dass zahlreiche erneuerbare Energiequellen auf Markung der Großen Kreisstadt Leutkirch sprudeln können. Wenn sie denn genutzt werden …
Julian Aicher 

Transparenzhinweis: Bildschirmzeitung-Reporter Julian Aicher befasst sich seit über 30 Jahren intensiv mit Erneuerbaren Energien. Ergebnisse dieser Erkundigen finden sich auf seiner Seite www.rio-s.de
Auf Aichers Haus arbeiten Solarmodule; nebenan befindet sich das Kleinwasserkraftwerk Rotismühle.

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