Gstach‘s Lindenhof in Hinznang ist „Stall des Jahres 2025“
Warendorf / Hinznang – Mit dem Titel „Stall des Jahres 2025“ zeichnen die Persönlichen Mitglieder der Deutschen Reiterliche Vereinigung (FN) in diesem Jahr gleich zwei Pferdebetriebe aus, die auf ganz unterschiedliche Weise zeigen, wie pferdegerechte Haltung in der Praxis aussieht: Gstach‘s Lindenhof in Hinznang sowie Gut Schmuttermühle bei Augsburg.
Gstach‘s Lindenhof in Leutkirch-Hinznang beeindruckte die Jury mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung eines langjährig bestehenden Betriebs. Durch Betriebsleiterin und Pferdewirtschaftsmeisterin Michaela Gstach wurde hier Schritt für Schritt ein Umfeld geschaffen, das den Bedürfnissen von Pferden in besonderer Weise gerecht wird.
Gstach‘s Lindenhof
Wenn am frühen Morgen die ersten Sonnenstrahlen über das Allgäu streichen, herrscht auf Gstach‘s Lindenhof schon emsiges Treiben. Rund 20 Pferde, darunter Zuchtstuten und Pensionspferde, leben hier nachts in ihren Paddockboxen und tagsüber in klar strukturierten Ausläufen. Für Michaela Gstach ist ihr Morgen mehr als Routine, es ist Berufung. Gemeinsam mit ihrem Mann Joachim bewirtschaftet sie den Hof im Nebenerwerb. „Wenn die Pferde ruhig ihr Heu fressen, sie interagieren und man merkt, es geht ihnen gut – das sind die Momente, für die ich das mache“, sagt sie. Und diese Haltung durchzieht den gesamten Betrieb. Strukturiert, ruhig und ganz im Sinne des Pferdes.
Paddockboxen, Gruppenausläufe, Wiesen: Alles ist darauf ausgerichtet, dem Pferd viel Bewegungsfreiheit, Struktur und Sozialkontakt zu bieten. Die Pferde leben in kleinen Herden mit fester Aufteilung: Wallache, Pensionsstuten und die eigene Zuchtstutengruppe. Ein weiteres Merkmal dieses Pferderesorts im Allgäu: Jedes Pferd hat täglich mindestens zehn Stunden freie Bewegung an der frischen Luft. Sommer wie Winter. Die Pferde stehen in Kleingruppen auf großzügigen, befestigten Paddockflächen mit Heuraufen, Tränken und Sozialkontakt. Die Integration neuer Pferde erfolgt mit großer Sorgfalt: über Sichtkontakt im Stall und getrennte Ausläufe. Erst wenn das Verhalten der Gruppe Stabilität zeigt, wird vollständig zusammengeführt. Ganz bewusst finden Neuaufnahmen ausschließlich während der Weidesaison statt, denn das reduziert Stress und Verletzungsrisiken.
„Wenn das Gras Bierflaschenhöhe hat“
Dass auf Gstach‘s Lindenhof mit Kompetenz gearbeitet wird, zeigt sich auch an den kleinen Details. So etwa bei der Weideöffnung: „Die Pferde dürfen raus, wenn das Gras Bierflaschenhöhe erreicht hat“, erklärt Michaela Gstach schmunzelnd, ein Merksatz aus ihrer Ausbildung zur Pferdewirtschaftsmeisterin. Was humorvoll klingt, ist Ausdruck einer verantwortungsbewussten Haltung, denn ein zu früher Weidebeginn kann die Gesundheit gefährden. Schließlich ist Zuckergehalt in dem frischen Grün deutlich höher. Hier im Allgäuer Pferde-Resort wird nach Augenmaß entschieden, aber mit dem nötigen Fachwissen dahinter. Mit Blick auf die weitere Fütterung erhält jedes Pferd eine individuell abgestimmte Ration Kraftfutter sowie Heu ad libitum. Die Gruppenpaddocks sind jeweils mit ein bis zwei Heuraufen ausgestattet, damit keine Fresspausen entstehen. Auch bei der Entwurmung und Impfung geht die Betriebsleiterin mit System vor. Seit 2009 arbeitet sie mit dem Pferdegesundheitsdienst der Tierseuchenkasse zusammen, betreibt selektive Entwurmung auf Basis von Kotproben und führt einen präzisen Impfplan. Neue Pferde werden nur nach erfolgtem Gesundheitscheck aufgenommen.
Durchdachte Bauweise
Die Gebäude auf dem Lindenhof spiegeln den Anspruch der Betriebsleitung wider: pferdegerecht, praktisch, sicher. Ställe mit angeschlossenen Paddocks, Reithalle mit Ebbe-Flut-Boden, 20 x 60 Meter Außenplatz, Führanlage. Stolperstellen, enge oder rutschige Bereiche? Fehlanzeige! Das Stallmanagement ist so organisiert, dass Arbeitsabläufe effizient und pferdeschonend sind. Während die Pferde tagsüber draußen sind, wird gemistet, gefüttert und vorbereitet. Auch die Abendfütterung erfolgt individuell angepasst an Alter, Ernährungszustand und spezielle Bedürfnisse.
Zucht mit Verantwortung
Eine besondere Rolle auf dem Lindenhof spielt die Zucht. An einer Wand im Stall hängen zahlreiche Plaketten und Schleifen von Zuchtschauen, stille Zeugnisse sorgfältiger, langjähriger Zuchtarbeit. Jeder dieser Preise erzählt seine eigene Geschichte von Fohlenbeurteilungen, Staatsprämien oder Verbandsanerkennungen und vom Stolz der Betriebsleiterin auf „ihre“ Stuten. Für Michaela Gstach ist jedes Tier ein Individuum. Ihre eigenen Zuchtstuten, zum Teil längst in Rente, bleiben bis zum letzten Tag auf dem Hof. Eine von ihnen ist Rebeka, eine Stute, die sie aufgenommen und liebevoll aufgepäppelt hat. Heute ist Rebeka Teil der alten Stutengruppe. Gelebte Verantwortung, bei der das Engagement nicht mit dem Verkauf der Nachzucht endet. „Unsere Pferde bleiben bis zum Schluss“, sagt die Betriebsleiterin.
Betrieb mit Haltung
Es ist diese Haltung, die den Hof prägt: Zucht bedeutet Verantwortung, nicht nur für den Erfolg, sondern fürs ganze Pferdeleben. Pferde werden auch im Alter mit derselben Wertschätzung versorgt wie in ihren aktivsten Jahren. Dass der Hof im Nebenerwerb geführt wird, merkt man nicht. Außer vielleicht daran, dass hier nichts auf Masse oder Maximalbelegung ausgelegt ist, sondern auf Qualität, Zeit und Liebe zum Pferd. Vielleicht ist es genau das, was Gstach‘s Lindenhof ausmacht: ein Ort, an dem man spürt, dass jedes einzelne Pferd zählt.
Das Juryurteil
Die Jury würdigt Gstach‘s Lindenhof als beispielhaften Betrieb, in dem pferdegerechte Haltung, fachliche Kompetenz und ethisches Verantwortungsbewusstsein gelebt werden.
Ausgezeichnet wird der Betrieb insbesondere für:
- täglich mindestens zehn Stunden freie Bewegung aller Pferde, kombiniert mit Weidegang oder Winterpaddocks inklusive Heuraufen.
- das strukturierte Herdenmanagement.
- die hohe fachliche Qualifikation der Betriebsleiterin und ihre konsequent umgesetzten Standards im Gesundheitsmanagement.
- die durchdachte, sichere Bauweise, die Risiken minimiert und den Bedürfnissen der Pferde gerecht wird.
„Wir bewundern die tiefe Verbundenheit mit den eigenen Zuchtstuten, die auf dem Hof ihren Lebensabend verbringen dürfen – ein Zeichen von Verantwortung und Respekt gegenüber dem Tier. Was auf den ersten Blick nach einem idyllischen Pferdebetrieb aussieht, ist das Ergebnis jahrzehntelanger Arbeit, durchdachter Planung und einer großen Portion Herz.“
Steckbrief – Gstach‘s Lindenhof
- Betreiber: Familie Gstach
- Adresse: Leutkirch im Allgäu (Hinznang), Frauenzeller Straße 30
- Pferdezahl: 20
- Fläche: 5 ha
- Haltung: Paddockboxen mit tgl. Auslauf in Gruppen auf Weide oder Paddock
- Fütterung: individuelle Fütterung der Pferde morgens und abends in den Paddockboxen, Heu ad libitum auf den Paddocks.
- Ausstattung: Reithalle, Reitplatz mit Ebbe-Flut-System, Führanlage, tolles Ausreitgelände
- Besonderheiten: hervorragendes Gesundheitsmanagement inkl. Überwachung der einzelnen Pferde durch den geschulten Blick der Pferdewirtschaftsmeisterin, individuelle Betreuung der einzelnen Tiere
- Preis für Einstaller: ab 590 Euro, weitere Leistungen zubuchbar
Zitat von Michaela Gstach
„Ich mache das aus Überzeugung – und mit dem Herzen. Unsere Pferde bleiben bei uns, bis sie alt sind. Sie gehören zur Familie. Und wenn sie zufrieden auf der Weide stehen und miteinander wirken, dann weiß ich: Es war richtig, den Weg so zu gehen.“
Der Wettbewerb: Stall des Jahres
Zwar erstmalig unter dem neuen Namen „Stall des Jahres“, zeichnen die Persönlichen Mitglieder der FN bereits seit mehr als 30 Jahren jedes Jahr artgerechte Pferdehaltungen mit Vorbildfunktion aus. Herausgestellt werden Ställe, die den Bedürfnissen der Pferde nach Bewegung, Sozialkontakten, Licht und Luft in herausragender Weise gerecht werden. Mehr Informationen unter www.pferd-aktuell.de/stalldesjahres.
- 2025 wurde die Auszeichnung „Stall des Jahres“ unterstützt von den FN-Partnern Agria Tierversicherung und Großewinkelmann. Die Gewinner-Ställe erhalten jeweils Sonderehrenpreis und Gutscheine im Gesamtwert 3500 Euro, außerdem einen Film über die eigene Pferdehaltung. Die feierliche Ehrung fand im Rahmen der Al Shira’aa Bundeschampionate am 6. September auf der Sparkassen-Bühne statt.
Text: Cosima Meyer / Alle Fotos: FN-Archiv/Meyer
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