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Die neugemalten Fensterläden am „Mohren“

Ein lindes Grün



Foto: Gerhard Reischmann
Der altehrwürdige „Mohren“ mit seinen frisch gestrichenen Läden.

Leutkirch – Jeder, der ein Haus mit Fensterläden hat, steht vor der Frage: Welche Farbe gebe ich diesen optisch (und da und dort auch funktional) so wichtigen Elementen. Die Eigentümerschaft beim Leutkircher “Mohren” hat den Ton getroffen.

Der Verfasser dieser Zeilen hat als Kind oft ein Bauernhaus mit rotem Dach und grünen Läden und einem Pferd davor gezeichnet. Als er das elterliche Bauernhaus dann Jahrzehnte später übernahm und ein Neubemalen der Fensterläden anstand, haben er und seine Frau es sich bei der Farbgebung nicht leicht gemacht, hat ihr Bauernhaus doch 300 Jahre auf dem Buckel. In der Nachbarschaft stand ein Bauernhof, der anno 1782 erbaut worden war. Flugs war von dort ein Laden ausgeliehen und der Grünton kopiert. Das Grün geriet vielleicht etwas zu hell, denn das Muster war ausgebleicht gewesen. Beim übernächsten Malen riet ein tüchtiger Malermeister zu einem Tannengrün. Es ist also gar nicht so einfach, den passenden Grünton zu treffen.

Auch Gottfried Härle und die Seinen haben es sich beim Neuanstrich der Läden am „Mohren“ nicht leicht gemacht; sie haben unseres Erachtens ein attraktives dezentes Grün gefunden. Seit 1897 befindet sich der „Mohren“ im Familienbesitz. Das ortsbildprägende Gebäude ist sichtlich gut in Schuss. Wir wollen es kurz betrachten.

Die Lüftlmalerei stammt aus den 1930er-Jahren. Es ist ein Werk des Kirchenmalers Josef Lutz. Foto: Reischmann

Zur jüngeren Geschichte des „Mohren“

Zur neueren Geschichte des „Mohren“ – einst „Hecht“; erstmals erwähnt im Jahre 1618 – zogen wir die Broschüre von Albert Wegmann zu Rate, die 1997 in der „Schriftenreihe zur Leutkircher Heimatkunde“ unter dem Titel „Das Wirtschafts- und Brauwesen in Leutkirch“ erschienen ist. Die Schriftenreihe wurde von der Heimatpflege herausgegeben. Stadtarchivarin Nicola Siegloch hat uns darauf aufmerksam gemacht und uns die den „Mohren“ betreffenden Seiten 44 bis 50 im PDF-Format zukommen lassen; mit ihrer Erlaubnis hängen wir die genannten Seiten diesem Artikel an.

Laut Wegmann kaufte Bräumeister Clemens Härle das Anwesen im Jahre 1896 und errichtete nebenan eine neue Brauerei. „Nach kurzer Bauzeit wurde der erste Sud bereits im Februar 1897 gebraut. Seither ist der Brauereigasthof Zum Mohren im Besitz der Familie Härle und verpachtet. Für die Jahre 1896 bis 1913 werden verschiedene Pächter genannt. 1913 ist dann eine Marie Härle als Wirtin genannt, offenbar ein Mitglied der Familie. Nach dem Ersten Weltkrieg wird ein Johannes Küchle genannt, dem 1925 für fast drei Jahrzehnte Ludwig Hurt folgt. Nach dem kurzen Intermezzo des Anton Wermelskirchen (1951 bis 1953) beginnt 1953 die Ära Bitterwolf. Pauline und Josef Bitterwolf und ab 1968 bis 1997 Konstantin Bitterwolf prägten den „Mohren“ für mehr als vier Jahrzehnte. Ähnlich prägend war die Gasthof-Leitung auch durch Christine und Manfred Pferdt, die von 1997 bis 2019 auf dem „Mohren“ waren. Seit 2019 führen Thomas Werner und Simone Haas den Gasthof als Pächter. Gottfried Härle ist stolz auf die Kontinuität in der Reihe der Pächter. „Seit dem Krieg hat es nur drei Verpachtungen gegeben“, sagte im Gespräch mit der Bildschirmzeitung „Der Leutkircher“. Und berichtet in diesem Zusammenhang davon, dass der renommierte Kunstmaler Erwin Henning, einst im „Mohren“ einquartiert, die Wirtstochter Irma Hurt geheiratet habe (1939). Auch der bekannte Fernsehmoderator Frank Plasberg, der bei der „Schwäbischen Zeitung“ sein Volontariat absolvierte, habe die erste Zeit im „Mohren“ gewohnt. Sicherlich könnte Gottfried Härle eine Vielzahl namhafter Hotel-Gäste aufzählen. Doch wir wollen uns dem Äußeren des stattlichen Gebäudes zuwenden.

Lüfterlmalerei von Josef Lutz

Bei Wegmann heißt es: „In baulicher Hinsicht erhielt der Mohren an Stelle der Giebelfront zur Wangener Straße hin ein Walmdach. Wann dies geschah, ließ sich bis jetzt (1997) nicht ermitteln. 1936 gab die Familie Härle dem Mohren ein neues Gesicht in Form einer sehr gefälligen Lüfterl-Malerei, die der Leutkircher Kirchenmaler Lutz entwarf und ausführte. Sie wurde 1967 komplett von H. Lutz erneuert, nachdem offenbar der Putz-Untergrund abblätterte. Zum 100-jährigen Betriebsjubiläum der Brauerei Härle restaurierte bzw. frischte der gebürtige Leutkircher Kirchenmaler Reinhold Leinmüller (Ravensburg) die Bemalung auf. Der Mohren behielt also von 1936 bis heute sein einladendes, charakteristisches und schönes Äußere.“

Der „Mohren“-Dienstmann mit dem alten Rappen

„Alte Leutkircher“, schreibt Albert Wegmann, der ein tüchtiges Mitglied der Leutkircher Heimatpflege zu Zeiten von Manfred Thierer und Georg Zimmer war, „erinnern sich noch, daß Mohren- und Post-Wirt zu den Ankunftszeiten der Züge am Bahnhof mit einer Pferdekutsche auf ankommende Gäste warteten. Im Mohren wurde zu diesem Zweck ein Rappe gehalten, mit dem der ,Hausel‘ zum Bahnhof kutschierte. Der Hausel trug unter seinem dunklen Jacket eine grüne Schürze und hatte auf dem Kopf eine Schirmmütze, auf der über dem Schirm ein goldglänzendes Messingschild prangte mit der Aufschrift Hotel Mohren. Mit zunehmender Verlagerung des Verkehrs auf die Straße lohnte sich die Fahrt mit dem Einspänner zum Bahnhof nicht mehr, und das Räpple war wohl auch altersschwach geworden, so daß nun der Hausel mit dem Fahrrad zum Bahnhof kam und das Gepäck der Gäste auf dem Fahrradständer transportierte.“

Am „Mohren“ eine Zapfsäule

Albert Wegmann weiß von einer Zapfsäule am „Mohren“ und meint damit nicht die Schankanlage. Er  schreibt: „Den veränderten Verkehrsbedingungen trug man dadurch Rechnung, indem man in den 1930ern eine Benzinzapfsäule an der Ecke zur Wangener Straße errichtete. Der Mohren-Wirt konnte nun seinen motorisierten Gästen sowie den Einheimischen und sonstigen Fremden nicht nur gutes Essen, Getränke und Quartier anbieten, sondern allen Automobilisten Leuna-Benzin. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Zapfsäule abgerissen.“

Ein prächtiger Mohr in königlichem Gewand

„Auf einem reich verzierten und verschnörkelten gusseisernen Ausleger aus Wasseralfingen stand bis 1936 das Wahrzeichen der Wirtschaft, nämlich der Mohr in königlicher Pracht. Er war bunt bemalt und Krone und Szepter glänzten golden und aus seiner Krone ragte steil nach oben ein schwarzes Haarbüschel. Die Figur war aus Blei und hatte im Laufe der Zeit irreparabel gelitten und ist durch ein modernes, weniger originelles Schild ersetzt worden.” (Wegmann, S. 49)

Lob der Küche

Natürlich befasste sich Albert Wegmann auch mit dem kulinarischen Angebot des „Mohren“. Er schreibt: „Unter dem Pächter Hurt entwickelte sich der Mohren zum Hotel, dessen Küche nicht nur damals, sondern auch bei Frau Bitterwolf und ihrer Köchin Frau Lukas weit bekannt war.“

Diesen guten Ruf haben die Pferdts aufrechterhalten und ihm fühlen sich auch die aktuellen Pächter, die seit nun auch schon wieder sechs Jahre das Haus führen, verpflichtet.
Gerhard Reischmann

Unter “Downloads” haben wir den Text von Albert Wegmann zum Leutkircher “Mohren” hinterlegt.

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