Deutliche Mehrheit für Windkraft im Diepoldshofener Wald
Leutkirch – Im Verwaltungsgebäude am Gänsbühl tagte am Montagabend (13.10) der Leutkircher Gemeinderat. Der dort am meisten erörterte Tagesordnungspunkt: Verpachtung städtischer Flächen im Diepoldshofer Wald an die Windkraftfirma RES. 17 Ratsmitglieder stimmten dafür, 5 dagegen bei 1 Enthaltung. Zwei Räte durften nicht mitentscheiden. Sie waren befangen.

Für das Vorranggebiet “Diepoldshofener Wald” (orange markiert) nannte der Windkraft-Betreiber RES am Montag in der Sitzung des Leutkircher Gemeinderates zwei Standorte (blau eingekringelt): Ein Standort befindet sich im Nordwesten des Gebietes, links von der Straße Richtung Bauhofen, etwa 800 Meter vom Pferdehof Gronmayer entfernt. Der zweite geplante WKA-Standort liegt im Osten des 38 Hektar großen Vorranggebietes. Das Foto wurde in der öffentlichen Sitzung von unserem Reporter Julian Aicher von einem an die Wand geworfenen Lichtbild gemacht. Die Ortsbezeichnungen wurden von der DBSZ-Redaktion eingefügt (die Buchstaben x bezeichnen die ungefähren Lagen der Wohnplätze Rimmeldingen und Staighaus). Die schwarze Linie im oberen Teil ist die Gemeindegrenze Bad Wurzach / Leutkirch.
So kam die Ratsmehrheit für folgenden Beschluss zusammen: „Die Stadt Leutkirch stellt städtische Grundstücke im Bereich des Diepoldshofer Waldes zur Entwicklung von Windenergieanlagen zur Verfügung. Die Verwaltung wird beauftragt, mit der Firma RES Deutschland GmbH einen Poolvertrag für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen abzuschließen. Redaktionelle Anpassungen am Vertragstext dürfen erfolgen, soweit die Stadt dadurch nicht schlechter gestellt wird.” Der Beschluss entsprach weitgehend der Vorlage der Stadtverwaltung.
Demnach dürften sich voraussichtlich ab 2030 im Diepoldshofer Wald zwei oder drei Windkräder drehen. An Naben auf 179 Metern Höhe. Je Windturm sollen dort pro Jahr rund 13,5 Millionen Kilowattstunden Elektrizität entstehen. „Das entspricht dem Strombedarf von rund 8000 Durchschnitthaushalten pro Jahr”, erklärte Ulrich Fischer von der Windkraftfirma RES.
Pro Kilowattstunde Windstrom vom Diepoldshofen Wald würde dann der Stadtkasse Leutkirch 2 Cent zufließen. Also insgesamt etwa 28.000 Euro je Jahr. Eine Bürgerbeteiligung über Bürger-Energie-Genossenschaften werde angestrebt.
Windfirma RES sagt, es sei genug Fläche gesichert
„Wieviel Hektar sind inzwischen gesichert?”, wollte CDU-Fraktionsvorsitzender Waldemar Westermayer wissen. RES-Vertreter Ulrich Fischer antwortete: So viel, wie notwendig seien, um die zwei bis drei Windkraftwerke zu betreiben. Damit das Ganze rentabel laufe, brauchen die Kraftwerksinhaber 25 bis 30 Jahre Pachtzeit, sagte Fischer.
Diese Angaben überzeugten Waldemar Westermayer allerdings nicht. Noch bevor Windkraftler Fischer geantwortet hatte, sagte Westermayer: „Wir sind der Meinung, dass wir heute nicht zustimmen – weil wir uns keinem Zeitdruck ausgesetzt sehen.” Er nannte noch etliche grundsätzliche Argumente gegen Windkraft wie etwa Rückbaurisiken.
Gottfried Härle, Vorsitzender des Grünen Bürger-Forums, bewertete die Sache ganz anders. 8000 Haushalte, die ein Windturm mit Strom versorgen könne, „das ist beeindruckend”. Härle erinnerte an die Bürgerbeteiligung zum Thema Energie vom Jahr 2012. Damals seien sieben Windkraftwerke auf dem Gebiet der Großen Kreisstadt Leutkirch empfohlen worden. Gottfried Härle ging dann auf die Frage ein, ob die Gründe für sieben Windtürme auf Markung Leutkirch heute noch vorlägen. Der immer extremer wirkende Klimawandel zeige, „dass sich die Dinge so verändert haben, dass der Zeitdruck noch höher ist”. Härle zitierte Papst Franziskus. Demnach habe der Heilige Vater gesagt: „Es ist an der Zeit, die Abhängigkeiten von fossilen Rohstoffen aufzugeben.” Daher sei „schnell und entschlossen zu handeln”. Daraus folgerte der grüne Fraktionshäuptling: „Deshalb bitte ich schon alle Kollegen, diesen Antrag zu unterstützen.” Nämlich: Verpachtung von städtischem Gelände im Diepoldshofen Wald an die Windkraftfirma RES.
„Windkraft braucht viel weniger Fläche”
„Windkraft braucht viel weniger Fläche”, meinte auch Grüne-Stadtrat Alfons Notz. Mehr Boden müsse frei bleiben für die Landwirtschaft. Für Windkraft spreche auch „die Abwägung der Heimatpflege”, erklärte Michael Waizenegger von den Unabhängigen. Constantin Künst vom Jugendgemeinderat appellierte an den Erwachsenen-Gemeinderat, den Nachwuchs vor den Folgen des Klimawandels zu beschützen. Sein Nachnamensvetter Philipp Künst von den Freien Wählern/FDP bekräftige, „dass auch wir dem Antrag zustimmen werden”. Die Windkraft im Diepoldshofen Wald schaffe für Leutkirch „ein wunderbares Paket”.
Bei so viel Einmütigkeit der meisten Fraktionen im Rat wirkte auch das Ergebnis kaum noch überraschend. 17 Mitglieder hoben ihre Hände zum Ja. 5 stimmten mit Nein. Darunter wohl alle fünf an der CDU-Tischreihe (die CDU-Fraktion hat neun Mitglieder). Es gab eine Enthaltung. Zwei Ratsmitglieder durften nicht mitentscheiden; sie galten als befangen.
Kurz vor der Sitzung hatten 35 Bürger aus Diepoldshofen und aus Bauhofen schriftlich an die Fraktionsvorsitzenden appelliert, von einer Verpachtung abzusehen.
Julian Aicher













