„Abbürsten und essen”
Leutkirch – Von der kleinsten Karotte zum „Delikatess-Möhrchen”. Darüber und über noch viel mehr sprach am Montagabend, 3. November, beim 224. „Talk im Bock” Gemüse-Biobauer Roland Palm-Kiefl aus Kißlegg-Oberreute mit Joachim Rogosch, dem TiB-Gastgeber. Der welterfahrene Ex-Entwicklungshelfer riet dem landwirtschaftlichen Nachwuchs zur Zuversicht: „Auf keinen Fall zu viel rechnen.“ Das Publikum im rappelvollen Bock-Saal klatschte lange – und spendete 1200 Euro für die „Ärzte der Welt”.

Am 3. November Gast beim Talk im Bock: Roland Palm-Kiefl. Foto: Christine Abele-Aicher
Eine gelbe Rübe mit etwas Bodenresten dran. „Das wollen unsere Kunden so”, erklärte Roland Palm einmal bei einer amtlichen Kontrolle. Ein Arzt am Platz bestätigte den Biobauern. Denn die Mini-Lebewesen in der Acker-Erde lieferten beim Verspeisen Vitamin B 12. Inzwischen gelten winzigen Karotten als „Mini-Möhrchen”-Delikatesse in Restaurants. Die Rübchen schmecken aber auch nach wie vor lecker an den Palm‘schen Marktständen – wie etwa montags in Leutkirch und samstags in Kißlegg. Also: „Abbürsten und essen.”
„Die Hälfte kenn ich“
Kein Wunder also, dass Roland Palm-Kiefl mit Blick ins Bocksaal-Publikum verschmitzt lächelnd bekannte: „Die Hälfte kenn ich.” Und zwar nicht nur als Kundinnen und Kunden, sondern teils auch Leute mit helfenden Händen. Ihnen allen dankte Roland Palm-Kiefl am Montagabend mehrmals. Denn ohne sie lasse sich der Biobauernhof mit viel Gemüse nicht erhalten.
Dabei wenden die Palms selbst viel Energie auf. Kraft, die sie sich auch aus der Zustimmung der Kundschaft und der Mithelfenden holen. Viel Arbeit, die an Markttagen im Sommer schon mal um 4.30 Uhr beginnen kann. Seine 60-Stunden Woche beziffert Palm-Kiefl am liebsten gar nicht, „sonst macht bei mir keiner einer Ausbildung.”

Ohne Helfer geht es nicht. Roland Palm-Kiefls Demeter-Hof ist handarbeitsintensiv. Foto: Christine Abele-Aicher
Auch junge Leute aus Vietnam lernen am Palm‘schen Hof
Dabei bringt der Biobauer allerhand Lehrbuben und Lehrmädchen die Weisheit naturnahen Feldanbaus nahe. Es kommen sogar junge Leute etwa aus Vietnam, um von den Palms mehr zu erfahren. Maria Kiefl hat solchen Besuch aus vielerlei Staaten „so gewollt”, sagt ihr Mann Roland. Maria sei eigentlich in einem sozialen Beruf ausgebildet – und helfe jetzt vielerlei Nachwuchs zur Berufserfahrung. Ihr Mann Roland Palm-Kiefl dazu: „Jetzt hat sie den Salat.” Und er die Lacher auf seiner Seite.

Roland Palm-Kiefl sieht die Viehwirtschaft kritisch. Und propagiert “Vollkorn statt Weißbrot”. Foto: Christine Abele-Aicher
Kann biologische Landwirtschaft die Menschheit ernähren? So die Frage von Moderator Joachim Rogosch. „Ja” – so die so kurze wie klare Antwort von Biobauer und Ex-Entwicklungshelfer Roland Palm-Kiefl. Dann erläutert er: „Es kommt drauf an, mit was.” Denn ein Vollkornbrot mache eher satt als eine ähnlich große Scheibe mit Weißmehl. Dann ergänzt Palm: „Wenn das ganze Tierfutter, das in Deutschland verfüttert wird, in Deutschland angebaut werden müsste, dann müsste Deutschland doppelt so groß sein.”
Hartes Beginnen
Die „Postkarte” Biobauernhof müsse jene ernähren, die das Land des Anwesens bewirtschaften. Und da haben die Palms auch sehr schwere Zeiten durchgestanden. Eine Zeitlang hauste das junge Paar in einem Bauwagen. „Es war weniger cool als kalt”, erinnert sich Roland Palm-Kiefl an manchen Winterabend dort. Heute ernten die Palms aus ihrem Ackerboden 32.000 Euro für sich pro Jahr. Der Hof bringe aber auch 64.000 Euro „gemeinnützige Leistung”. Mal mit allerhand Pflanzen, die an den Palm‘schen Ackerrändern wachsen, mal mit der Lehrlingsausbildung.

Sehr gut besucht war der erste Talk im Bock bei der Wiederaufnahme der Reihe nach dem Ausscheiden der früheren Moderatoren Karl-Anton Maucher und Nina Poelchau. Foto: Julian Aicher
Leuten, die heute ihre Zukunft in der Landwirtschaft erkennen, rät Roland Palm, „dass Du nicht dumm bist und beobachtest”. „Ich habe ein Stück weit Glück gehabt”, fasst Palm zusammen und weiß: „Es öffnet sich immer ein Türchen”.
Julian Aicher
Palms-Kiefls Gärtnerhof in Kißlegg-Oberreute
Der kleine, vielfältige und handarbeitsintensive Demeter-Gemüsebaubetrieb des Ehepaars Palm-Kiefl liegt auf 720 m Höhe in Oberreute (zwischen Kißlegg und Immenried). Der Hof ist ca. 15 ha groß, davon sind 3 ha Gemüse, 1 ha Kartoffeln, 2 ha Kleegras in Rotation und 600 qm unter Glas. „Wir verkaufen nur unsere eigenen Produkte und bauen deshalb eine große Vielfalt von ca. 50 verschiedenen Gemüsekulturen übers Jahr verteilt an. Dazu noch viele verschiedene Küchen- und Teekräuter, Erdbeeren, Blumen. Fast alle unsere Jungpflanzen ziehen wir selber an. Auf zwei Wochenmärkten (in Leutkirch und Kißlegg) und in ca. 50 Abokisten verkaufen und verteilen wir alle Produkte”, schreiben die Inhaber auf ihrer Webseite. In der Gärtnerei arbeiten Maria Kiefl, Landwirtin und Soz.-Pädagogin, und Roland Palm-Kiefl, Dipl. agr.-biol., sowie Teilzeitangestellte, Praktikanten, Lehrlinge, Freiwillige vom Bundesfreiwilligendienst und freiwillige Helfer. In Leutkirch ist der Gärtnerhof von Roland Palm-Kiefl und Maria Kiefl montags von 8.00 Uhr ist 12.30 Uhr auf dem Wochenmarkt in der Marktstraße präsent; in Kißlegg sind sie samstags vor Ort (8.00 Uhr bis 12.30 Uhr). Markt-Winterpause ist zwischen Weihnachten und Ende Februar. Entnommen der Webseite www.gaertnerhof-oberreute.de. (dbsz)














