Leerguthalle bei Christoph Sonntags Gastspiel rappelvoll
Leutkirch – „Es ist Sonntag”. So Christoph Sonntag, der 1962 in Waiblingen geborene „König des schwäbischen Kabaretts”, seiner Zeit voraus schon am Freitagabend (12. September) vor 400 Leuten in der proppenvollen Leerguthalle der Brauerei Härle. Es war der Beginn des Brauereifests, das bis einschließlich Sonntagabend geht).
Mal steht Sonntag am Freitagabend beim Brauereifest-Auftakt als „Johnny Depp vom Neckar” auf der Härle-Bühne, mal als Mönch, der politischen Amtsträgern die Leviten liest. Mal als dichtender Vers-Akrobat, der zu jedem Namen einen passenden Satz reimt, mal als Rockstar mit E-Gitarre (in Form der Landkarte von Baden-Württemberg). Dabei schwäbelt er den AC-DC-Song „Back in Black” zum “zrück im Glück” um.
Bundeskanzlerin Anton Hofreiter
Mal lästert er über seine Zeit in einer Münchner Wohngemeinschaft, die 1987 der damaligen Volkszählung trotzen wollte, dann aber bei ihren Partys doch feststellte, dass „unser verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol sich darauf beschränkte, ihn nicht zu verschütten”. Dann wieder blickt Sonntag in künftige Jahre mit „Bundeskanzlerin Anton Hofreiter”. Als Sonntag diesen bayerische Politiker nennt, spricht der Kabarettist von „einem Laborunfall aus der Monsanto-Kartoffelforschung”.
Gegen die Zeit geföhnt
„Wie kann die Zeit an einem vorbeischießen”, fragt sich diese württembergische Humor-Haubitze am Freitagabend beim Härle-Brauereifest. Sein Rezept für fast ewige Jugend: „Ich habe angefangen, gegen die Zeit zu fönhen.” Dabei helfen ihm die, die seine Auftritte besuchen. Zu den 400 von ihnen am Freitagabend in der ausgeräumten Härle-Leerguthalle sagt er: „So ein tolles Publikum!” Dabei aktiviert der Schwabe auch viele Lachmuskeln – etwa derjenigen, die die SWR-„Abendschau” wahrnehmen.
Fleischtomaten in der Metzgerei
Am Freitagabend in der Härle-Leerguthalle freut sich Sonntag über Allgäu-oberschwäbische Besucherinnen und Besucher, die lachen, wenn er in die Zukunft blickt. Etwa bei einem Einkauf in seiner heimischen Lieblings-Metzgerei. In einigen Jahren dürfe dieses Fachgeschäft Fleisch höchstens noch in Form von Fleischtomaten bieten. Sonst müsse alles vegetarisch sein. Ausnahme: 20 Gramm echte Fleischwurst – heimlich hinter der Theke dargereicht. Auf die Frage des Kunden, ob das überhaupt noch erlaubt sei, kann die Metzgersfrau dann antworten: „20 Gramm sind Eigenbedarf.”
Das erlaubt doch Zuversicht. Und so spricht Witze-Wunder Christoph Sonntag davon, dass er „in 30 Jahren beim Härle eine Rede” halten werde. Und zwar eine, die er tags zuvor „zur Eröffnung von Stuttgart 21″ in der Landeshauptstadt vorgetragen habe. Also jenen Riesen-Bahnhof, der dann wirke „wie ein Autobahnkreuz, das man nur mit dem Fahrrad erreichen kann.” Dass solche trüben Aussichten die Lebensfreude nicht zu stören brauchen, zeigt Sonntag zum Höhepunkt seiner schwäbischen Schau, wenn er durch die Reihen des laut applaudierenden Publikums zur „Rockin’ all over the world”-Musik die Bühne verlässt. Betont sportlich – dank weggeföhntee Zeit. Sonntag all over the world – zumindest am Freitagabend zu Beginn des Härle-Brauereifests.
Text: Julian Aicher / Fotos: Christine Abele-Aicher
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