Das Isnyer Kultur-Schloss
Isny – Es ist gut ein Jahr her, als an einem Wochenende rund 2000 Isnyer neugierig ins Schloss strömten, um das nach mehrjährigem Umbau neu eröffnete kulturelle Zentrum für sich wiederzuentdecken: Zeit also, einmal nachzuschauen, wie sich das ungewöhnliche Drei-Institutionen-Haus bewährt.
Kulturzentrum in historischem Ambiente
Es sind vor allem die drei Ausstellungseinrichtungen Städtische Galerie, Stadtmuseum und Kunsthalle Friedrich Hechelmann, die das Kulturzentrum in den prächtigen historischen Gemäuern des ehemaligen Klosters mitten in der Stadt prägen. Daneben bietet es aber zusätzlich weitere, teils ausgesprochen stimmungsvolle Räume. Auch in diesen kann sich das entfalten, als was der Komplex von der Kommune gedacht ist: als „kreatives Forum“ und als „Bildungs- und Lernort“, wie es im Faltblatt zum Schloss heißt.
Wechselvolle Geschichte
Der am Rand der historischen Altstadt gelegene Gebäudekomplex blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück, vor allem seit Napoleon vor gut 200 Jahren im Deutschen Reich einiges durcheinanderwirbelte und auch diese stolze reichsunmittelbare Benediktinerabtei aufgelöst wurde. Für lange Jahre dienten die Klostergebäude nun den ursprünglich vom Niederrhein stammenden Grafen von Quadt als Residenz. 1942 erwarb die Stadt Stuttgart die Gebäude und nutzte sie zunächst für die Hitlerjugend und später als Hilfskrankenhaus. In den 1990er-Jahren konnte schließlich ein Kreis von Isnyer Bürgern die Anlage erwerben. Damit waren im Grunde die Weichen gestellt für die Entwicklung hin zum attraktiven Kulturzentrum, als das sich Schloss Isny heute präsentiert.

Kunsthalle Friedrich Hechelmann im zweiten Stock, Foto: Herbert Eichhorn
Friedrich Hechelmann spielte eine Schlüsselrolle
Mit dabei war damals auch der Isnyer Maler und Illustrator Friedrich Hechelmann, dem bald eine Schlüsselrolle bei der Weiterentwicklung des Anwesens zu einem Ort der Kultur zukam. Als sehr erfolgreicher Künstler verfügte er offensichtlich wohl über die nötigen finanziellen Mittel, die Räume nach und nach zu restaurieren und umzugestalten. Friedrich Hechelmann, der im vergangenen Jahr verstarb, und sein Werk spielen weiterhin eine wichtige Rolle für die Außenwirkung und Strahlkraft der neueröffneten Einrichtung. So betritt man das Kulturschloss auch nach dem Umbau weiterhin durch die Raumfolge des Shops, in dem vor allem Bücher, Reproduktionen und plastische Arbeiten des Künstlers verkauft werden. Immer am Wochenende öffnen zusätzlich Räume, in denen ebenfalls Hechelmann-Werke erworben werden können. Und wenn man sich umschaut, stellt man schnell fest, dass Hechelmanns Popularität offensichtlich in der Tat viele Besucher ins Haus bringt.
Auch Hechelmanns persönliche stilistische Vorlieben, die von einer Sehnsucht nach der Vergangenheit, etwa nach der Kunst der Antike, geprägt waren, drücken der Einrichtung ihren Stempel auf. So finden sich überall Abgüsse nach Skulpturen aus der Antike. Bereits im Innenhof weist eine mächtige Kopie der berühmten Siegesgöttin Nike aus dem Louvre dem Besucher den Weg zum Eingang. Im Treppenhaus und in der Hechelmann-Kunsthalle bestimmt der meistens weiße Marmor der Fußböden, die er dort hat verlegen lassen, den Raumeindruck.

Ein Zeitstrahl verdeutlicht die fast 1000-jährige Geschichte des Gebäudekomplexes, Foto: Herbert Eichhorn
Neues Design in Schwarz und Gold
Der Neustart im vergangenen Jahr wurde auch mit einem neuen Design für das großzügige Kulturhaus signalisiert. Dieses knüpft an das in der Zwischenzeit legendäre Erscheinungsbild an, das der renommierte Gestalter Otl Aicher in den 1980ern für die Stadt Isny entwickelt hatte. So kommt für die Beschriftungen im ganzen Haus die von dem Gestalter entwickelte Schrift „Rotis“ zum Einsatz, benannt nach dem Weiler zwischen Leutkirch und Legau, wo er lebte und arbeitete. Und wie bei Otl Aicher wird auch hier mit Piktogrammen gearbeitet.
Ob aber das neue Design Aicher wohl gefallen hätte? Während nämlich sich sein Erscheinungsbild für Isny konsequent auf Motive in Schwarz vor weißem Grund beschränkte, hat man sich jetzt für die Farben Gold und Schwarz entschieden. Das soll wahrscheinlich – wie das stilisierte S in historisiernder Frakturschrift als Haus-Logo – auf die barocke Prachtentfaltung der ehemaligen Abtei verweisen. Bei dem elegant gemachten Flyer funktioniert das. Im Erdgeschoss aber, wo Schwarz und Gold großflächig für die Wandgestaltung eingesetzt wurden, wirkt diese eher beengend. Deutlich wohler fühlt man sich, wenn man schließlich in den hellen Raum der Städtischen Galerie oder in das Stadtmuseum im ersten Stock gelangt ist. Dort wird übrigens für die meisten Wandtexte die Rotis-Schrift wieder in Schwarz auf Weiß eingesetzt.

In der Städtischen Galerie wird zeitgenössische Kunst gezeigt, jetzt gerade Werke von Barbara Ehrmann, Foto: Herbert Eichhorn
Im Erdgeschoss
Sehr überzeugend genutzt wird der lange Gang im Erdgeschoss für einen Zeitstrahl zur Geschichte des Gebäudekomplexes seit der Stiftung des Klosters im 11. Jahrhundert. Unterstützt von Bildschirmpräsentationen und Hörstationen erfährt man Spannendes über die Geschichte des Schlosses etwa unter den Grafen von Quadt oder dann im 20. Jahrhundert. Unverändert blieb die Situation in der ehemaligen Remise am Ende des Ganges. Der schöne, etwa 300 Quadratmeter große Gewölberaum wird bereits seit 2010 von der Städtischen Galerie genutzt, die hier Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst zeigt. Zur Zeit sind dort Arbeiten der Ravensburger Künstlerin Barbara Ehrmann zu sehen. Ein Bericht der Bildschirmzeitung folgt.

Im Stadtmuseum geht es auch um das römische Reiterkastell Vemania, Foto: Herbert Eichhorn
Stadtmuseum im ersten Stock
Im ersten Stockwerk wurde das neue Stadtmuseum eingerichtet. In den Räumen links vom Eingang wird unter dem Motto „Isny durch die Zeit“ eine interaktive Dauerausstellung zur Geschichte der Stadt gezeigt. Eine entsprechende App kann aufs Handy geladen werden. Rechts ist Platz für wechselnde Präsentationen.
Über die aktuelle Schau zu den 1920er-Jahren in Isny wird hier in der Bildschirmzeitung noch ein gesonderter Bericht folgen. Auch hier beginnt der Rundgang mit einem Zeitstrahl. Ergänzt um zahlreiche interessante Objekte wird hier nun die Geschichte der ganzen Stadt mit den wichtigsten Eckdaten vorgestellt. Aus dem begrenzten Platz und der kleinteiligen Raumstruktur wird hier eine Tugend gemacht. Die Stadtgeschichte wird nicht streng chronologisch oder breit ausschweifend dargeboten, sondern in ausgewählten thematischen Räumen gezeigt. Natürlich finden sich auch hier die üblichen Stadtansichten.
Und auch die Römer dürfen selbstverständlich nicht fehlen. Wobei man sich dabei auf das Reiterkastell Vemania konzentriert, dessen Spuren bis heute eindrucksvoll in der Landschaft sichtbar sind.
Vor allem aber wird in einem kurzweiligen Parcours ganz Unterschiedliches angesprochen – wie etwa Isny als Wintersportort, das Thema Geld, das schwierige Verhältnis zwischen Protestanten und Katholiken, aber auch die Ansichtskartenproduktion des Verlags von Eugen Felle.

Das Stadtmuseum thematisiert auch das oft spannungsvolle Verhältnis zwischen Protestanten und Katholiken in der Stadt, Foto: Herbert Eichhorn
Kunsthalle Friedrich Hechelmann im zweiten Stock
Im zweiten Stock ist die Kunsthalle Friedrich Hechelmann untergebracht, die in ihren großzügigen Räumen verschiedene Werkgruppen aus dem Schaffen des Künstlers präsentiert. Besonders charmant ist gleich links vom Eingang – also der eigentlichen Kunsthalle gewissermaßen vorgeschaltet – die sogenannte Privatgalerie Friedrich Hechelmann. Auch hier werden ausgewählte, aber eher kleinformatige Arbeiten des Künstlers gezeigt. Daneben sind hier viele Gipsabgüsse von antiken Skulpturen aus seiner Sammlung zu sehen. Mit den schönen alten Fußböden und den zum Beispiel in Taubenblau gestrichenen Wänden fühlt man sich fast in die Zeit um 1800 zurückversetzt, etwa ins Weimarer Goethehaus. Wer noch mehr von Hechelmanns privater Lebenswelt sehen will, dem sei eine Führung durch die Kunsthalle empfohlen. Bei ihr kann dann auch die vom Künstler detailgenau restaurierte ehemalige Abtswohnung besichtigt werden.

Das prachtvolle Refektorium aus der Zeit des Rokoko wird für Konzerte mit Kammermusik genutzt, Foto: Herbert Eichhorn
Herzstück des kulturellen Lebens
Alles in allem bleibt festzustellen: Isny kann sich mit diesem ungewöhnlichen und räumlich großzügigen Kulturzentrum in einem so geschichtsträchtigen Ambiente nicht nur sehen lassen. Es besitzt damit unter den Städten des Allgäus so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal. Für den Besucher verbinden sich hier bei seinem Rundgang das Damals und das Heute auf anregendste Weise. Er kann spannende Ausstellungen erleben und kommt durch prächtige barocke Räume wie etwa die Marienkapelle oder das Refektorium, das zum Beispiel für Kammerkonzerte genutzt wird. Durch die Fenster fällt immer wieder der Blick auf die Kirche und die anderen Gebäude der Abtei. Sie verweisen auf die große Geschichte des Gebäudekomplexes, der mit dem im vergangenen Jahr abgeschlossenen Umbau nun endgültig zum Herzstück des kulturellen Lebens der Stadt geworden ist.
Herbert Eichhorn
In unserer Bildergalerie gibt es weitere Impressionen aus Schloss Isny
Schloss Isny
Montag, Donnerstag und Freitag 14.00 bis 18.00 Uhr
Samstag, Sonntag und Feiertag 10.00 bis 17.00 Uhr
Informationen unter www.schloss-isny.de



















