Aulendorf feierte
Aulendorf – Auf Plakaten im gesamten Stadtgebiet war es seit Wochen zu lesen: „Aulendorf, wir feiern dich“. Somit war es spannend, wie die Menschen dieser Stadt am 28. September des Jahres 2025 die 75 Jahre Stadterhebung feiern würden. Selbst das Datum der Feier war optimal gewählt, denn das Grau und die Nässe der vergangenen Tage wich einer standesgemäßen Aufheiterung mit zeitweisen Sonnenstrahlen. Ein ökumenischer Gottesdienst eröffnete den Festtag mit Jubiläumsumzug, Fassanstich, verkaufsoffenem Sonntag, einer Leistungsschau ortsansässiger Betriebe, viele Mitmachaktionen, an vielen Stellen gab es Deftiges, Süßes und Flüssiges. Und zudem lockte ein Mittelaltermarkt zwischen Hotel Arthus und Herrenmühle. Vermutlich waren wohl fast alle Aulendorfer, ergänzt durch auswärtige Fans, auf dem Fest.

Die Stadterhebung wurde 1950 vom Innenministerium des Landes Württemberg-Hohenzollern ausgesprochen. Gefeiert wurde am 8. Juli 1951.

Die Bürgermeister Aulendorfs der letzten 138 Jahre: Josef Bammert (1887 – 1929), Gustav Vochezer (1929 – 1945 und 1947 – 1954), Josef Hudelmaier (1945 – 1946), August Kink (1954– 1967), Heinz Lang (1968 – 1988), Johannes Heinzler (1988 – 2004), Dr. Georg Eickhoff (2004 – 2008) und Matthias Burth (seit 2008).
Der feierliche Gottesdienst fand in der Pfarrkirche St. Martin statt und wurde von den Pfarrern Anantham Antony (katholisch) und Matthias Braun (evangelisch) gefeiert. Musikalisch begleitet wurden sie unter anderem vom Shalom-Chor und vom Posaunenchor. Beim Propheten Jeremia war die bestens passende Bibelstelle gefunden, wo es heißt: Suchet das Wohl der Stadt, in die ich euch weggeführt habe und betet für sie zum Herrn, denn in ihrem Wohl liegt euer Wohl. Gut aber daran ist doch, dass alle Aulendorfer bereits in der Stadt ihrer Träume leben dürfen!
Nach dem Gottesdienst gab es Gelegenheit, den zum Festplatz umfunktionierten Schlossplatz samt Hauptstraße zu besuchen. An großen Tafeln war die Geschichte der bisherigen Stadt-Ära zu betrachten. Die Freiwillige Feuerwehr, ein Simulator, ein Stadtcafé und die Festbühne waren bereit. Eine Jagdhornbläsergruppe erläuterte die Bedeutung der verschiedenen Signale, teilweise gar mit Echo aus dem Wald. Zwischen Hofgarten und Schloss waren lange Reihen Original-Aulendorfer Hela-Traktoren, The Junkers präsentierten super gepflegte US-Straßenkreuzer und der BMW-Club Röhren seine getunten Geräte. Vor der Bühne waren lange und festlich geschmückte Tischreihen, die später komplett besetzt waren.
Der Umzug
Der lang gehegte Wunsch der Aulendorfer, mal wieder einen Umzug durch ihr Städtchen erleben zu dürfen, ging an diesem Festtag in Erfüllung. Etwa 1500 Ehrenamtliche boten einen Umzug, auf dem Geschichte und Geschichten der Stadt und zugleich auch die heutige Breite ihrer Möglichkeiten zu sehen war. 50 Gruppen zogen durch die Hauptstraße zum Schloss, sogar unterstützt von Bad Waldsee und Molpertshaus. Angeführt wurde der Umzug von einem Wagen mit großformatiger Vergrößerung der Stadtverleihungsurkunde, dem der Wagen mit Bürgermeister und Gemeinderat folgte. Gruppen aus allen Kindergärten, der Klassen der Grundschule und des Studienkollegs St. Johann präsentierten Beispiele ihrer aktuellen Schwerpunkte. Fehlen durften natürlich nicht die Stadtkapelle, auch nicht die Bad Waldseer, Fanfarenzüge, die Narrenzunft, Gräfin Paula zu Königsegg-Aulendorf mit Zofe in weißer Kutsche, vierspännig gezogen, die Blutreitergruppe, die Gruppen aus den Teilorten wie beispeilsweise die Tannhauser Torfstecher und Fanfarengruppe oder die sieben Zwerge aus Blönried, unter ihnen natürlich Hartmut Holder. Eine Gruppe bestand ausschließlich aus Vertretern des Jahrgangs 1950! Sehr humorvoll kommentierte Michael Weißenrieder jede vorbeiziehende Gruppe.
Die Festbühne
Nun war es Zeit für Auftritte auf der Festbühne, wo bis zum Schluss des Festtages beste Unterhaltung geboten war. Die Stadtkapelle unter neuer Leitung von Hermann Stehle spielte gleich zu Beginn auf. Michael Weißenrieder und Braumeister Flo Angele kamen hinzu, um den Fassanstich ihres Bürgermeisters standesgemäß vorzubereiten. Nach heiteren Wortwechseln zwischen den Beiden kam die Aufforderung „hau en nei, dr Zapfa!“ Die nachsichtige Zählung der Schläge kam zum Ergebnis: „Eins“! Von der Stadtkapelle wurde das mit einem erlösenden „Prosit der Gemütlichkeit“ gewürdigt. Keine ausschweifende Jubiläumsrede war geplant. Stattdessen dankten Weißenrieder und Angele den vielen Vorbereitern und Helfern zu diesem Festtag. Silke Johler und Mirella Bachmann wurden für ihr Engagement bei der Dekorierung der Stadt und für Organisatorisches mit einem Blumengebinde geehrt.
Der Wunsch des Bürgermeisters an die Fee
Drei Aulendorfer Schülerinnen, Liana, Lena und Carla durften den Bürgermeister interviewen. Eines der Mädchen stellte sich dem Stadtoberhaupt als Fee vor und wollte wissen, welchen Wunsch sie Burth erfüllen dürfe. Er wünschte sich für die kommenden 75 Jahre weiterhin Zusammenhalt und Miteinander in der Stadt. Weißenrieder stellte ihm Fragen zu seiner inzwischen 17-jährigen Amtszeit und was ihn bewogen hatte, sich um dieses Amt zu bewerben. Gute Eindrücke aus dem Berufsschulwesen hatte er bereits gehabt, erzählte Burth. An einem sehr heißen Sommertag sah er sich gemeinsam mit seiner Frau in der ganzen Stadt um. Wegen der Hitze landete man schließlich am Steegersee. Den fand die Gattin so schön, dass sie ihn zur Kandidatur ermunterte.
Nach großen Herausforderungen in seiner Amtszeit gefragt, nannte Burth die Bewältigung der damals extrem schwierigen Finanzsituation, Modernisierung und Ausbau von Schulen und Kindergärten oder Schaffung von Arbeitsplätzen, was insbesondere mit der Ansiedlung von Carthago gelang. Er sei stolz auf seine Aulendorfer und auch in Zukunft soll neuer Wohnraum geschaffen werden und der Kur- und Stadtpark müsse umgestaltet und noch einladender werden.
Burth als Sänger
Auch die Sangeskunst Burths wurde geprüft! Er solle bitte mit Weißenrieder und Angele zusammen mit allen Besuchern die Aulendorfer Stadthymne „I bee an Auladorfer, i bee was Bsonderes“, begleitet von der Stadtkapelle, intonieren. Am sichersten klappte es natürlich beim Refrain. Schließlich dankte der Bürgermeister allen, die dieses Fest ermöglicht haben, insbesondere dem Betriebshof, den Bediensteten der Stadt, der Freiwilligen Feuerwehr, der Polizei den Firmen, den Vereinen und dem bereits erwähnten Organisationsteam Bachmann/Johler, das so viel Freizeit geopfert hatte.
Im Schlosshof, in der Hauptstraße und in der Unterstadt
Nicht nur oben auf dem Schlossplatz und in der Hauptstraße gab es Attraktionen. Im Schlosshof drehte eine nostalgische Miniaturdampfbahn ihre Runden für Klein und Groß. Unten zwischen Hotel Arthus und Herrenmühle waren ein Mittelaltermarkt und Handwerk aufgebaut. Als Waldseer staunte der Verfasser nicht schlecht, hier den vor 500 Jahren vom Bauernjörg vernichtet geglaubten „Seehaufen“ voller Leben wieder zu finden! Dass dies von den Waldseer Highland Pipes and Drums in ihren schmucken Uniformen und mit ihren Dudelsäcken und Trommeln, wie eben bei Bravehearts üblich, auch musikalisch gefeiert werden musste, war nur logisch! Das stilgerecht dazu passende Hotel Arthus öffnete seine Türen und zeigte neu entstandene Gästezimmer, im Ritterkeller konnten am Essensstand erworbene Speisen verzehrt werden und Arno von der Biegenburg spielte die Harfe.
Putzmunteres Mittelalter
Draußen auf dem Platz hatte sich der Seehaufen mit Schwertkämpfern, mit Gaukler Fraxinus und Handwerkern in mittelalterlichen Gewändern breit gemacht. Auch die Tannhauser Fanfarengruppe erfreute Gäste und Seehaufen. Ein hochbegehrtes Glücksrad versprach tolle Gewinne und Kinderbasteln gab es obendrein. Man sah die Hexenschenke, Buchdrucker, Seilmacher, Schnitzer, Pfeil- und Bogenmacher, Wachszieher, Graskorbflechter, Kettenhemdenmacher, Zimmerleute und natürlich wurden auch leckere Dinnete für jeden Geschmack feilgeboten. Mittelalter im Schatten des Schlosses und zwischen Arthus und Wassermühlenrad der Herrenmühle war überzeugend und authentisch zu spüren.
Text und Fotos: Peter Lutz
Viele Bilder in der Galerie
















