Blamabel
Zum Auftritt des RES-Vertreters bei der Windkraft-Information in Diepoldshofen

Stehend Moderator Peter Aulmann, zugeschaltet der Vertreter des Windkraft-Projektierers RES. Foto: Julian Aicher
Der weltweit agierende Windkraft-Projektierer RES hat nach eigenen Angaben 4000 Mitarbeiter – davon 80 in Deutschland. Der Termin der auf 26. Juni anberaumten Einwohnerversammlung in Diepoldshofen war seit mindestens drei Wochen bekannt. In der am 12. Juni von der Stadt Leutkirch verbreiteten Pressemitteilung war ein Paul Weisser von der Firma RES angekündigt, der das „konkrete Projekt in Diepoldshofen“ vorstellen werde.
Es kam aber kein Paul Weisser. Es erschien auch kein Ersatzmann, der persönlich in der Halle hätte Rede und Antwort stehen können. Stattdessen erschien um 19.35 Uhr an einem Bildschirm in Basketball-Korbhöhe kurz das Konterfei des Nils Dörschlag, der aber gleich zu Beginn bekundete, dass er um 20.30 Uhr wieder weg müsse.
Nachdem Nils Dörschlag den Wunsch geäußert hatte, sein Gesicht nicht mehr zeigen zu wollen, konnte das geduldige Auditorium etwa eine halbe Stunde den Ausführungen des Nils Dörschlag lauschen. Dann war Platz für vier oder fünf Fragen und weg war der Mann.
Mit Verlaub, so kann man mit Menschen, die in großer Sorge sind, die teilweise existentielle Nöte haben („Dann ziehe ich weg“), nicht umspringen. Dass ein Unternehmen dieser Größenklasse es nicht schafft, einen so wichtigen Termin mit einem Repräsentanten vor Ort zu besetzen, ist einfach blamabel. Und dass sich der Bildschirmvertreter vorzeitig aus dem Staub macht, kann man als zynisch empfinden.
Was blieb von dem Phantom? So gut wie nichts. Da war nix mit „konkret“. Nils Dörschlag verbreitete sich, die knappe Zeit verbrauchend, über auswärtige Windkraftanlagen und frühere Leistungen seines Unternehmens.
Schallausbreitungskarte? Fehlanzeige. Die betroffenen Bewohner von Diepoldshofen, Bauhofen, Rimmeldingen, Staighaus, Bodenhaus, Riedlings, Starkenhofen, Hinterberg und Umgebung würden schon gerne wissen, was da an Lärm auf sie zukommt.
Wie verläuft der Schattenwurf? Da muss doch eine Weltfirma wie RES Erkenntnisse haben. Und den Betroffenen reinen Wein einschenken. Solche Karten – Lärm und Schatten – hat zum Beispiel der Projektierer Laoco bei seiner Info-Veranstaltung im Juni vergangenen Jahres in Arnach zum Projekt Hummelluckenwald gezeigt.
Auch sagte Nils Dörschlag nichts zur Anlagenhöhe – dabei ist jeder Meter für die Anwohner wichtig.
Vollmundig sprach der RES-Mann von 0,2 Cent pro Kilowattstunde, die der Standortgemeinde Leutkirch und der von Schlagschatten, Infraschall, hörbarem Schall und Druckpulsen ebenfalls betroffenen Nachbargemeinde Bad Wurzach zufließen würden. Kein Wort davon, dass ein WKA-Betreiber dazu gesetzlich verpflichtet ist. Und keine Erläuterung, in welchem Verhältnis der 0,2-Cent-Benefit zu den Millionenerlösen steht, die die Betreiber absahnen. Da wurde es sogar dem um Neutralität bemühten Moderator Peter Aulmann zu bunt: „Mir fehlt da das Mengengerüst.“
Die Bildschirmzeitung „Der Leutkircher“ kann helfen: Die garantierte Abnahmepreis beträgt derzeit 7,35 Cent / KWh, also das 36-fache von 0,2 Cent / KWh.
Was auf die Diepoldshofer und Bauhofer und auf alle Anwohner im Nahbereich zukommt, ist eine schwere Last. Dafür soll es ein „Nasenwasser“ geben, das für neue Ruhebänke am Soldatengrab und eine schicke Info-Tafel über die Untat des Wehrmachtsmannes reicht!
Am 26. Juni um 14.45 Uhr hat die Firma RES die Genehmigung von zwei Windkraftanlagen im Diepoldshofer Wald beantragt. Wenn der Antrag ähnlich windig ist wie die Präsentation am Donnerstagabend in der Turnhalle in Diepoldshofen …
… dann macht das gar nichts. Sinn und Zweck der Beantragung vier Tage vor Torschluss – am 30. Juni ist ein entscheidender Stichtag – ist es, im Vereinfachten Verfahren zu bleiben. Unterlagen kann man dann noch nachreichen.
Der Eindruck, den RES am Donnerstag machte, war nicht gut. Das ist ein Ergebnis des Info-Abends.
Ein weiteres: Das Haftungsrisiko für die Besitzer von Grundstücken, auf denen Windkraftanlagen zu stehen kommen, ist nicht gleich null. Zwar verlangt das Landratsamt Bankbürgschaften. Aber die werden nicht reichen, um die Rückbaukosten zu decken. Das Restrisiko müssen die Verpächter mit ihrem Projektierer vertraglich regeln.
Und noch etwas wurde klar benannt: 2029 sollen die Windtürme stehen. Diese Zahl war eines von dem Wenigen, bei dem Nils Dörschlag konkret wurde.
Gerhard Reischmann