Das Nein verpflichtet
Zur Ablehnung des geplanten Biosphären-Gebietes durch den Bad Wurzacher Gemeinderat
Man kann die im Biosphären-Suchraum Wirtschaftenden – Landwirte, Gewerbetreibende, industriell Produzierende – verstehen. Sie befürchten durch ein Biosphären-Gebiet Beschränkungen ihrer Ökonomien. Wenn nicht sofort, so doch mittelfristig. Die Landwirte seien „gebrannte Kinder“, führte Marga Loritz aus, Gospoldshofens Ortsvorsteherin, in deren Zuständigkeitsgebiet das Naturschutzgebiet Herrgottser Ried liegt. Auch andere Redner in der anderthalbstündigen Aussprache im Bad Wurzacher Gemeinderat prognostizierten eine Eigendynamik Richtung nachgeschobener Nutzungsbeschränkungen, wenn der Einstieg in den Biosphären-Prozess erst einmal realisiert sei. „Irgendwann ziehen sie die Daumenschrauben an“, warnte Heinrich Vinçon, einer der Vorkämpfer der Kontra-Allianz.
In diesen wenigen Schlaglichtern scheint das große Misstrauen gegen die Pläne derer „da oben“ auf. Sybille Schleweck, Ziegelbachs Ortsvorsteherin, sprach von einem „Aufoktroyieren“, einem Aufnötigen oder Überstülpen.
Dass nicht einmal die Zusage einer Ausstiegsklausel bei den allermeisten der Bad Wurzacher Gemeinderäte fruchtete, belegt dieses Misstrauen.
Hier wird auch ein Kommunikationsdesaster deutlich. Die grün-schwarze Landesregierung und ihre nachgeordneten Biosphären-Protagonisten haben es nicht verstanden, ihr Projekt gewinnend darzustellen. Franz Josef Maier von der Fraktion der Mir Wurzacher hat recht, wenn er sagt, das Thema sei nie bei den Bürgern angekommen.
Jetzt ist es entschieden: Mit dem Wurzacher Nein steht ein Herzstück des geplanten Biosphärengebietes nicht zur Verfügung. Es ist wohl das Aus für das ganze Projekt.
Die Allianz der Landbesitzer und Landbewirtschafter hat auf der ganzen Linie gesiegt. Es ist aber ein Sieg, der Verpflichtungen mit sich bringt.
Ewald Frie, der kürzlich mit dem Bad Wurzacher Literaturpreis ausgezeichnete Agrarhistoriker, und sein Laudator Dr. Johan Schloemann haben beim Verleihungsakt im Kursaal den Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft angesprochen: Auf den familiär geführten schon stark mechanisierten Betrieb folge der agrarindustrielle Komplex.
Diese Entwicklung muss einhergehen mit einer Ökologisierung der Produktion!
Wer das Anlegen von Blühstreifen, eine von etwa 400 von „oben“ (oft von der EU) angeregten oder verordneten Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM), als Gängelung diskreditiert, hat nicht begriffen, wie dramatisch das Artensterben ist. Biodiversität ist existenziell – für den Menschen.
Das Instrumentarium sei vorhanden, um all das zu realisieren, was mit einem Biosphärengebiet versprochen wurde. Das ist eines der Kern-Argumente der Allianz.
Das Argument kann man akzeptieren. Aber man muss es auch leben.
Die Landwirtschaft, vor allem ihre Verbandsvertreter, sollten ihre tiefsitzende Skepsis gegen Greening-Vorgaben der EU überdenken. Und: Man muss sich schnellstmöglich von Glyphosat verabschieden, einem Totalherbizid, das unerwünschten Kräutern und Gräsern an den Kragen geht.
Wir wollen hier kein Bauernbashing betreiben. Wir sehen, was sie leisten. Für die Lebensmittelversorgung und die Landschaftspflege. Die allerallermeisten unserer Landwirte üben ihren Beruf fachgerecht aus.
Dennoch muss es möglich sein, offensichtliche Defizite anzusprechen.
An vielen Höfen türmen sich Plastik-Ballen auf. Das passt optisch nicht in unsere Landschaft und faktisch nicht in unsere Zeit.
Vermehrt sieht man wieder Kühe auf der Weide. Ein Bilderbuch-Anblick. Doch könnte man beim Weidegang noch mehr tun.
Das Nein der Bad Wurzacher zum Biosphärengebiet ist ein Triumph für die Allianz der Landbesitzer und Landbewirtschafter. Und jetzt kommt die kleine Bildschirmzeitung ums Eck und gießt Wasser in den Freudenbecher.
Sie will damit sagen: Jetzt gilt es, nüchtern mit dem Ergebnis umzugehen und unsere schöne, aber vielfach gefährdete Raumschaft schonend weiterzuentwickeln. Mit Vernunft in die Zukunft – das ist das Gebot. Vernünftig sein heißt: der Ökologie breiten Raum geben.
Gerhard Reischmann

Solche Plakate hat die Allianz Allgäu-Oberschwaben vielfach in der freien Landschaft aufgestellt. Der Screenshot von der Webseite der Allianz Allgäu-Oberschwaben wurde am 16.10.25 gemacht.












