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Käthe Kollwitz, Liebespaar, 1909

Schloss Achberg – Einsilbig „Mut!“ lautet der Titel der Ausstellung von 120 Arbeiten der Grafikerin, Malerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz (1867-1945) aus der Sammlung Ute Kahl auf Schloss Achberg. Dass es gelungen ist, diese Ausstellung, die zum Beispiel in New York, Zürich, Frankfurt oder Kopenhagen präsentiert wird, nach Achberg zu holen, ist sensationell. Sie bietet Einblicke in das mutige Werk und Leben einer der bedeutendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts.

Die im damaligen preußischen Königsberg (heute russisch Kaliningrad) geborene und in Moritzburg bei Dresden am 22. April 1945 verstorbene Künstlerin widersetzte sich den Konventionen ihrer Zeit: selbstbestimmt, unangepasst und stets bewundernswert mutig. Gegen die radikalen Umbrüche, Kriege und Krisen ihrer Zeit bezog sie mit schonungsloser berührender Kunst klare Position: für Humanität und Solidarität, gegen Krieg und Unrecht. Mit Gespür für Provokation und Dramaturgie ermutigt sie Menschen, ebenfalls Stellung zu beziehen. Ihre in 50 Schaffensjahren entstandenen Werke konzentrieren sich auf das Wesentliche. Sie berühren eindringlich in zeitloser und zutiefst menschlicher Weise.

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Weil Kollwitz‘ Werke mehr als Abbild menschlicher Emotionen sind, nämlich aktiver Kommentar als Reaktion auf gesellschaftliche Verhältnisse, formulierte die Künstlerin ihren Anspruch in einem Tagebuch so: „Ich will wirken in dieser Zeit, in der die Menschen so ratlos und hilfsbedürftig sind.“ (4. Dezember 1922) Die oft schmerzhaften Wahrheiten des Lebens und existentielle menschliche Erfahrungen sichtbar machend, bewies sie Mut in der Wahl ihrer Themen. Und auch in der Fähigkeit, diese Themen unmissverständlich, zutiefst menschlich und in erschütternder Klarheit zu visualisieren.

Wie sie sich im Berlin der Jahrhundertwende in einer von Männern dominierten Kunstwelt zu behaupten vermochte, ist singulär. Ihre künstlerische Sprache suchte nicht zu gefallen, geschweige sich den Herrschenden anzubiedern. Vielmehr geht es ihr darum, Akte der Solidarität mit sozial Benachteiligten, mit der Arbeiterschaft und mit den Opfern von Krieg und Gewalt zu vollziehen.

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Käthe Kollwitz, Nie wieder Krieg, 1924, Sammlung Ute Kahl

Neben dem Zyklus „Ein Weberaufstand“ enthält die Ausstellung auch einen Zyklus „Bauernkrieg“. In beiden Zyklen nehmen ins Handlungsgeschehen eingebundene Kinder eine bedeutende Rolle ein. Sie sollen die Empathie des Betrachters wecken, denn Kollwitz prangert auch und gerade die Schicksale der Kinder an. Mit Margarete Renner, der „Schwarzen Hofmännin“ aus Böckingen, widmet Kollwitz einer der wenigen historisch belegten Akteurinnen des Bauernkriegs eine ungewöhnliche Darstellung. Die Bauern zum Kampf antreibend, wird die Bäuerin zur weiblichen Identifikationsfigur. Die Radierung „Vergewaltigt“ des Zyklus „Bauernkrieg“ zeigt eine in ihrem verwüsteten Garten liegende vergewaltigte und getötete Bäuerin. Über den Gartenzaun schaut ihre kleine Tochter auf den Leichnam. Kollwitz geht es um die Darstellung von Schrecken, nicht um die des Verbrechens selbst. Es geht also um Empathie mit den Opfern und der Gefühlswelt der Hinterbliebenen.

Nach wie vor spricht Käthe Kollwitz‘ Kunst eine breite, internationale Öffentlichkeit an und ermutigt zu Reflexion über gegenwärtige soziale Herausforderungen. In unserer Welt, die unverändert von Konflikt, Ungleichheit und Unsicherheit geprägt ist, ruft sie eindrucksvoll emotional zu Empathie und sozialer Verantwortung auf. Ihre Arbeiten sind heute (wieder) ein wichtiger Bestandteil der kulturellen und politischen Diskussion. Die Kölner Sammlerin Ute Kahl, die seit 30 Jahren Werke der Künstlerin sammelt, zitiert sie mit den Worten: „Für mich sind die Bilder ein Mahnmal, wach zu bleiben für die Missstände des Lebens“ (Ausstellungskatalog, S.14). Der stattliche Achberger Ausstellungskatalog umfasst mehr als 200 Seiten und ist zum Preis von 28 Euro erhältlich.

Im diesjährigen 500. Gedenkjahr zum Bauernkrieg in Oberschwaben und im Allgäu anno 1525 bietet Schloss Achberg zusammen mit dem Bauernhaus-Museum Allgäu-Oberschwaben in Wolfegg ein Kombiprogramm an. Regionale Geschichte von unten und Käthe Kollwitz’ kritische Kunst, Theater und Konzert – zwei Orte, zwei Ausstellungen, ein Gedenkjahr, unterschiedliche Kulturformate.

Die Ausstellung ist noch bis 29. Juni zu sehen.

Autor: Horst Hacker



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