Bad Buchau – Wie sieht ein typisches Moor aus? Und was hat es mit dem Treibhausgas Kohlendioxid zu tun? Wie wichtig Moore für den Klimaschutz sind, lässt sich auf einer Führung des NABU-Naturschutzzentrums Federsee sehr kurzweilig lernen.
Als Ausflugstipp für Gruppen, die sich über die Rolle der Moore beim Klimaschutz informieren möchten, beschreibt Katrin Fritzsch, die Leiterin des NABU-Naturschutzzentrums Federsee das interaktive Führungsangebot ihres Hauses. „Das Besondere an diesem neuen Veranstaltungsformat ist, dass die Führungsgäste eingeladen werden, aktiv mitzumachen, ihre Vorstellungen über Moore auf den Prüfstand zu stellen, in der Gruppe zu überlegen, welche Multitalente Moore eigentlich sind.“ Nur wenige Schritte nach dem Start beim NABU-Zentrum in Bad Buchau beginnt das Federseemoor. Viele Gäste sind erstaunt. Sie stellen sich Moore anders vor. Vor ihrem inneren Auge entstehen Bilder mystischer Landschaften, tiefgründiger dunkler Moorlöcher. Von Moorleichen. Sind die weiten Riedwiesen, die von der Aussichtskanzel der ersten Station vor den Augen der Führungsgäste liegen, tatsächlich Moor? „Der größte Teil der Moore Oberschwabens ist durch die großflächige Abtorfung, die teilweise jahrhundertlange Entwässerung und die Überprägung durch nicht standortgerechte, zu intensive Nutzung heute nicht mehr auf den ersten Blick als Moore zu erkennen“, erklärt Kerstin Wernicke, die für den NABU die Leitung des von der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg geförderten Bildungsprojekts „Moorschutz am Federsee im Zeichen des Klimawandels“ innehatte. In diesem Rahmen entstanden zwei Veranstaltungsangebote, die von Gruppen gebucht werden können und die Rolle der Moore beim Klimaschutz beleuchten. „Denn Moore sind eminent wichtig bei der Fixierung von Kohlendioxid, das zusammen mit weiteren Moorgasen wie Methan und Lachgas als wichtigster Treiber der Klimaerwärmung gilt“, führt Wernicke weiter aus.
Den Zusammenhang zwischen eigenem Handeln und den Auswirkungen auf das Klima zu erkennen, die Sensibilisierung für den immensen Beitrag intakter Moore zum Klimaschutz – diese Mammutaufgabe hat sich NABU seit Jahrzehnten auf die Fahnen geschrieben.„Spielerisch überprüfen unsere Gäste ihre mitgebrachten Vorstellungen über Moore. Erkennen die wichtige Rolle feuchter Riedlandschaften. Und vielleicht auch etwas überrascht, dass Moore ganz anders aussehen können als gedacht“ verrät die Naturschützerin. Dabei setze diese Führung noch stärker als die anderen Angebote des Naturschutzzentrums wichtige Prinzipien der UNESCO um: Die Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) sei darauf ausgerichtet, Menschen zu unterstützen, zukunftsfähig zu denken und zu handeln, schildert Wernicke die konzeptionelle Intention. Dabei dürfe Bildung durchaus lebendig und unterhaltsam sein. „Wir machen beispielsweise ein Szenario auf: Wie würden unsere Führungen aussehen, wenn die Klimaerwärmung weiter voranschreitet? Erscheinen dann unsere Führungsgäste in Badelatschen und Badehose?“ fragt Wernicke mit einem Augenzwinkern.
Klimaschutz durch Moorschutz ist ein zentrales Anliegen des Landes Baden-Württemberg. Der NABU ist seit vielen Jahren in Moorschutzprojekten aktiv und erhielt Fördermittel der für das Projekt „Moor-schutz am Federsee im Zeichen des Klimawandels“ von der Stiftung Naturschutzfonds B-W. Das Projekt startete im Februar 2021 und wurde im Dezember 2023 erfolgreich abgeschlossen. Es gab zielgruppengerechte Veranstaltungsangebote, Multiplikatoren wurden ausgebildet.
Das Federseemoor mit einer Fläche von mehr als 30 km² ist das größte zusammen-hängende Niedermoor in Südwestdeutschland und Teil des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000. Es beherbergt zahlreiche speziell an Moorlebensräume angepasste Arten. Dem entgegen steht die seit mehr als 250 Jahren andauernde, tiefgründige, planvolle Entwässerung sowie der systematische Torfabbau zu Heizzwecken – Faktoren, die zum Verlust eines großen Teils der Torfauflage geführt haben, mit negativen Folgen nicht nur für die Lebensraumqualität und Artenvielfalt, sondern auch für das Potenzial des Federseemoores, als Kohlenstoffsenke zu wirken.
In zwei von der EU geförderten Renaturierungs-Projekten haben das Land und der NABU bereits rund 450 Hektar entwässerte Moorflächen im Süden und im Norden des Federsee-beckens revitalisiert. Aktuell plant das Land ein weiteres Projekt im westlichen Teil des Federseeriedes. Sämtliche Maßnahmen des Naturschutzes werden seit über 25 Jahren durch intensive Öffentlichkeitsarbeit von Seiten der Staatlichen Naturschutzverwaltung und des NABU-Naturschutzzentrums Federsee begleitet. Öffentlichkeitsarbeit sorgte für eine überregionale Wahrnehmung des Projekts. Im Rahmen des Projekts wurde die zweistündige Führung „Mythos Moor – faszinierend, unheimlich und wertvoll“ entwickelt. Es handelt sich um eine drei Kilometer lange Führung mit neun Stationen. Nach einer Einführung im NABU-Zentrum erfolgt der Wegeverlauf zunächst über eine Aussichtskanzel („Sauden“) mit Blick auf das Federseebecken und dann auf dem Federseesteg bis zum Umkehrpunkt Aussichtsturm. Für den Einstieg in die Führung, während des Führungsverlaufs und für die Schlussstation wurden verschiedene Varianten der Aktivitäten und Spiele konzipiert. Die Führenden können spontan und flexibel die für ihre individuelle Gruppe und Führungssituation passenden Aktionsformen auswählen. Die Führungen sind das ganze Jahr über möglich. Angesprochen werden alle Altersklassen von Schulklassen bis Seniorengruppen. Viel Spaß macht den Gästen das kollektive Lösen von kleinen Aufgaben mit Wettbewerbscharakter. Termine der Führungen mit Schwerpunkt Klimaschutz auf Anfrage. Die zweistündigen Führungen kosten für bis zu 15 Personen 60 €.
www.NABU-Federsee.de
Infos und Buchungen unter Tel. 07582/1778-1
Autorin: Andrea Reck