
Einige Bunker stehen noch

Urlau – Samstagnachmittag, 17. Mai, kurz nach 14.00 Uhr. Ein rundes Dutzend Leute versammelt sich mit seinen Fahrrädern in Urlau. Ihr Ziel: Reste des ehemaligen MUNA-Munitionslagers auf dem Gelände des heutigen Center Parcs. Heimatpfleger Gebhard Blank hat sich über Jahrzehnte damit befasst. Und los geht’s für die kommenden drei Stunden.

Die Muna-Radler, angeführt von Gebhard Blank (mit Karte).
Innehalten. Die Radel-Runde hat Urlau noch nicht verlassen, da hält sie Gerhard Blank an. Am Zugang zur Kirche erinnert eine kleine Gedenktafel an Dekan Dr. August Willburger. Der damalige Pfarrer in Urlau gehörte zu den Mutigen, die verhinderten, dass die MUNA mit 15.000 Tonnen Munition und Tabun-Giftgas im April 1945 gesprengt wurde.

Willburger machte sich zusammen mit Major Günther Zöller dafür stark. Der damalige MUNA-Kommandant Zöller zögerte 1945 die Sprengung des Munitionslagers raus, das zu großflächiger Verseuchung des Allgäus geführt hätte. Zöller verzögerte so lange, bis französische Truppen diese Gefahr beendeten. Heimatpfleger Blank spricht von rund 30 Kilometern im Umkreis der MUNA, die durch die Sprengung zerstört worden wären. Befohlen letztlich von Adolf Hitler und dessen württembergischem Gauleiter Murr. Dieser hauste damals in Kißlegg.

Gerade hat die Radel-Runde den Urlauer Ortskern verlassen, da zeigen sich auf dem Weg die letzten Metallstränge jener Eisenbahn, die bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in die MUNA führte. Französische Truppen entfernten nach 1945 die Gleise und brachten sie nach Frankreich. Einen 1940 errichteten Wasserbehälter nahe der MUNA ließen die französischen Truppen aber stehen. Aus ihm bezieht CenterParcs bis heute das Nass für die Außenteiche.
Steile Bahn. Die Schienen selbst zogen sich im Wald zum eigentlichen MUNA-Gelände vergleichsweise steil nach oben. Mit 30 Meter Steigung auf 1000 Metern. Also 3 Promille. Üblich seien im Bahnwesen 1,2 Promille, erläutert Heimatpfleger Gebhard Blank der Radel-Runde. Entsprechend rollten die Züge nur mit halber Ladung ins Munitionslager, erklärt Blank.
Center Parcs – heute ein Ferienparadies. Lassen sich dort noch bauliche Zeugen jener Zeit erkennen, lange bevor dort Urlaubs-Chalets entstanden? Ja, sagt Heimatpfleger Blank. Er und andere geschichtlich Interessierte hatten seither mit etwa 200 Zeitzeuginnen und Zeitzeugen jener Jahre gesprochen, als der Urlauer Tann ein Munitionslager war.
Einer von ihnen radelte am Samstagnachmittag mit. Nachdem unter französischer Besatzung nach 1945 so gut wie alles in der MUNA abgebrochen worden sei, ließ die Bundeswehr ab 1958/59 bis etwa 1963 neue Bunker errichten. Und zwar in einer “auffällig großen Vielfalt”, berichtet der damalige MUNA-Beschäftigte am Samstagnachmittag. Etwa „Marinebunker“ – mit gewölbten Decken – also ohne störende senkechte Stahlstützen. Dabei plagte ein Problem die Mannschaft dort besonders: Feuchtigkeit in den Unterständen.
„Fledermausbunker”
Heute dienen solche alten Bunker im Center Parcs-Gelände dem Naturschutz. Sie heißen „Fledermausbunker”. Eben, weil sich dort diese klein-wendige Flugtiere besonders gerne aufhalten. Einer der Radler freut sich, dass die neuen Center Parcs-Ferienhäuschen jenen Gedanken abweisen, der sich in Zeiten neuer Rüstung wieder breitmachen könnte: der Urlauer Tann erneut als Waffenlager. Das verhindern heute friedlich angereiste Urlaubsgäste.
Dauerasustellung im “Bock”
Über die Vergangenheit des Urlauer Tann informiert eine Dauerausstellung im Museum im Bock.
Text und Fotos: Julian Aicher
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