Veränderungssperre im Bereich “Östliche Parkstraße”
Kißlegg – „Das nimmt die Bevölkerung so nicht wahr.” Was Gemeinderatsmitglied Christian Horn von den Freien Wählern bei der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend (25.6.) im Esther-Saal des Neuen Schlosses zu den Bauten entlang der Parkstraße feststellte, sah die Mehrheit seiner Ratskolleginnen und -kollege anders. Sie beschloss für den Bereich „Östliche Parkstraße'” eine Veränderungssperre. Also eine auf zwei Jahre befristete Vorgabe, “keine erheblichen oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen” vorzunehmen. Ein Bebauungsplan soll dann festlegen, was dort künftig errichtet werden darf – und wie – und was nicht.
Parkstraße 32. Flurstück Nummer 279/1. Dort soll ein noch stehendes Wohnhaus abgebrochen werden. Stattdessen plant die Bauherrschaft dort ein Mehrfamilienhaus mit „fünf altersrechten Wohneinheiten”. So das Bau- und Umweltamt des Rathauses in der Vorlage für den Gemeinderat. Vorgesehen sei demnach “ein Wohngebäude mit 2 Vollgeschossen und Penthouse mit Flachdach.”
Diese Pläne stören “das ruhig wirkende, straßenseitige Erscheinungsbild”. So das Bau- und Umweltamt. Es sei „geprägt durch traufständige, in annähernd einer Flucht stehende Gebäude mit Sattel- beziehungsweise Walmdächern sowie durchgängige Vorgärten.” Das Ganze erweise sich so als „Hintergrundkulisse” zum denkmalgeschützten Schlosspark. Da „sollte der bestehende Bereich erhalten werden”, sagt Architektin Karin Koch vom Bau- und Umweltamt. “Man wünscht sich durchaus Ordnung.”
Und die soll einen förmlicher Bebauungsplan bringen. Zu entwickeln in bis zu zwei Jahren. Bis dahin soll die Veränderungssperre gelten. Eine „Käseglocke”? Genau diese möchte Bürgermeister Dieter Krattenmacher nicht über die Östliche Parkstraße gestülpt sehen. Der Rathauschef: „Wir können sofort von der Veränderungssatzung Ausnahmen erlauben.”
„Die Leute machen lassen”
Ratsmitglied Christian Horn von den Freien Wählern Kißlegg schätzt das Ganze anders ein. „Man muss schon die Leute machen lassen”. Also auch Bauherrschaften, die Wohnungen schaffen möchten. Da passe eine einstweilige Veränderungssperre samt einem erst noch zu erarbeitendem Bebauungsplan für die Östliche Parkstraße überhaupt nicht. Horn: „Ich werde gegen den Bebauungsplan stimmen.” Wohl begründet, wie Christian Horn erklärt. Denn das bestehende „Erscheinungsbild – das nimmt die Bevölkerung so nicht wahr.” Damit ist der Freie Wähler im Gemeinderat nicht allein. „Wir schließen uns dem Herrn Horn an”, betont Meike Sontheim von den Grünen.
„Die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen”
Debatte pur. Mit Meinung und Gegen-Meinung. Für Bürgermeister Dieter Krattenmacher Gelegenheit, sich dazu grundsätzlich zu äußern. „Was ist eigentlich Kißlegg?”, fragt der Kißlegger Schultes in die Rats-Runde. Und beantwortet die Frage dann gleich selbst: „Der Kern von Kißlegg war die Herrenstraße, die Schlossstraße, die Bahnhofstraße und dann die Parkstraße.“ Mitten drin der große Schlosspark. Diese Form lasse den Mehr-Seen-Ort einzigartig in der Umgebung wirken.
CDU-Fraktionsvorsitzender Christoph Dürr spricht sich dann für eine „klare Struktur” an der Östlichen Parkstraße aus. Freie-Wähler-Fraktionshäuptling Bernd Dux findet so eine „Struktur” zwar auch grundsätzlich richtig, warnt aber davor, dass sich die vorgeschlagene Veränderungssperre als „ein bißle mächtiges Instrument” erweisen könne. Dux: „Wir sind dafür, dass wir in den Dialog gehen mit den Bauherren und den Angrenzern.” Ohne einen förmlichen Bebauungsplan für die Parkstraße „haben wir keine Widerspruchsmöglichkeiten”, erwidert Karin Koch dazu vom Bau und Umweltamt. Allenfalls noch den Rechtsweg. Dazu erläutert Bürgermeister Dieter Krattenmacher: „Wir haben heute über den Bebauungsplan die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen”. Da folgt ihm Ratsmehrheit – bei einer Enthaltung und zwei Gegenstimmen. Zustimmung daher auch für die Veränderungssperre.
Julian Aicher