Gut besuchter Bauernkriegs-Vortrag in Kißlegg

Kißlegg – Am 30. April hielt der Archivbeauftragte der Gemeinde Kißlegg, Thomas Weiland, im Neuen Schloss Kißlegg einen Vortrag zum Gedenkjahr „500 Jahre Bauernkrieg“. Bis zum Beginn des Vortrags um 19.00 Uhr füllte sich der Veranstaltungsraum mit zahlreichen Besuchern. Im Gegensatz zu einigen weiteren Veranstaltungen, die ebenfalls in der Region stattfanden, konzentrierte sich Weiland in seinem Vortrag nicht hauptsächlich auf den Bauernkrieg im Allgemeinen beziehungsweise dessen weiträumigen Verlauf, sondern auf die Situation in Kißlegg und die Situation der Kißlegger Bauern im Jahr 1525 während des Bauernkriegs.

Sehr gut besucht war der Vortrag von Thomas Weiland im Neuen Schloss zum Thema Bauernkrieg.

Quellen aus einer lang vergangenen Zeit
Natürlich stellt sich zu Beginn die Frage, woher die Quellen aus dem 16. Jahrhundert, also 85 Jahre nach der Erfindung des Buchdrucks, stammen. Weiland erklärte, dass der Schriftverkehr eine wichtige Quelle zur Situation in Kißlegg ist. Hervorgehoben wird dabei der Schriftverkehr zwischen den Städten, der des Adels sowie der Schriftverkehr der Städte mit ihren Amtleuten und Gesandten. Während des Vortrags präsentiert Weiland immer wieder Teile dieses Schriftverkehrs. Neben dem Schriftverkehr sind Artikelbriefe von Bauern, Verträge zwischen den Kontrahenten und Unterlagen zu Rechtsakten nach dem Krieg wichtige Quellen. Wie Weiland erklärt, wurden einige dieser Quellen im Jahre 1871 und 1877 durch den Historiker Dr. Franz Ludwig Baumann publiziert.
Die Situation in Kißlegg zur Zeit des Bauernaufruhrs

Weiland (Bild) erläuterte, wie um 1500 mit der Entdeckung Amerikas, der Erfindung des Buchdrucks, einer Entwertung der Landwirtschaft und den damit verbundenen zahlreichen Umzügen vom Land in die Stadt sowie vielen weiteren bahnbrechenden Entdeckungen und Veränderungen eine Zeit des Umbruchs stattgefunden habe. Zudem herrschte aufgrund von Willkür und zahlreichen Missbräuchen im Rechtswesen eine große Rechtsunsicherheit. Gerade die Bauern sahen sich gegenüber Fürsten und Stadtbürgern benachteiligt. Weiland erklärte ausführlich die Abhängigkeit der Bauern von ihren Herren. Für den Schutz, den die Herren ihren Leibeigenen gewährten, mussten diese zahlreiche Abgaben leisten. Kißlegg wurde um das Jahr 1500 vom Haus Schellenberg regiert, wie Weiland erklärte.
Am 12. Februar 1525
Wie Weiland erklärt, gab es schon während des 15. Jahrhunderts erste Unruhen in der Schweiz, in Tirol, Salzburg und Kärnten. Die Predigten reformatorisch gesinnter Geistlicher und Laien spielten bei der Mobilisierung der Landbevölkerung eine wichtige Rolle. So erhoben sich auch die Kißlegger Bauern am 12. Februar 1525, doch ihre Erhebung dauerte nur bis zum 24. Februar. Während dieser Zeit versuchte die Stadt Wangen, zwischen den Bauern und den Herren zu vermitteln, was ihr auch teilweise gelang.
Die „Kißlegger Artikel“
Die Kißlegger Artikel entstanden während des Aufruhrs zwischen dem 12. und 22. Februar. In ihnen fassten die Kißlegger Bauern ihre Beschwerden und Forderungen in 18 Artikeln zusammen, wie Weiland erklärte. Es sei „ein außerordentlich bemerkenswertes, für die Geschichte Kißleggs sehr bedeutendes Zeitdokument“.
Wie Weiland erklärte, wurden diese Artikel von Anführern des Aufstandes sowie beigezogenen, sympathisierenden Geistlichen, Laienpredigern und Amtsleuten verfasst. Adressat der Artikel war die Herrschaft Kißlegg. In den Artikeln wurden laut Weiland konkrete Forderungen und Missstände aufgezeigt. Im Vergleich zu den bekannten Zwölf Artikeln aus Memmingen seien die Kißlegger Forderungen recht moderat gewesen, da sie keinen völligen Umsturz der damaligen Verhältnisse anstrebten.
Kampf oder Vertrag – der weitere Verlauf
Während in Kißlegg die 18 Artikel verfasst wurden, organisierten sich die Allgäuer Bauern. Die aufständischen Bauern schlugen rund um Kißlegg mehrere Schlachten und rückten auch auf Kißlegg vor, um die Kißlegger zum Anschluss zu bewegen, so Weiland. Als die Kißlegger Bauern davon erfuhren, baten sie den truchsessischen Vogt in Wolfegg um Hilfe, da sie sich andernfalls den Aufständischen anschließen müssten. Letztendlich kam es in Kißlegg zu Verhandlungen mit den Bauern, an denen unter anderem die Städte Ravensburg und Lindau beteiligt waren. Nach mehreren Verhandlungen und Kämpfen gelang es jedoch nicht, eine vertragliche Lösung zu finden. Die Bauern wurden wieder unterworfen. Als Strafe für den Aufstand musste jeder beteiligte Bürger eine Brandsteuer von sechs Gulden zahlen, was ungefähr dem Wert einer Kuh entsprach. In Kißlegg mussten 366 Bürger diese Brandsteuer zahlen. Im Laufe der Jahre verbesserte sich die Situation der Bauern in manchen Gebieten leicht, so Weiland.
Adäquate musikalische Begleitung

Drei von 13: Die 13-köpfige Gruppe “Ohrenschmalz” umrahmte den Bauernkriegsabend mit passenden Liedern.
Der Vortrag wurde musikalisch von der Kißlegger Gesangsgruppe „Ohrenschmalz” untermalt. Die 13-köpfige Gruppe begleitete die Veranstaltung mit den mittelalterlichen Liedern „Egos und Paupern”, „Des Geiers schwarzer Haufen”, „Eiris sazun idis”, „Eine kühle gute Wein”, „Nota bene” und „Ehefrieden”. Die Gruppe präsentierte dem Publikum nicht nur zeitgenössische Musik, sondern passte sich auch in ihrer Kleidung der damaligen Zeit an.

Die “18 Artikel” der Kißlegger Bauern von 1525, auf die Leinwand projiziert, wurden von Thomas Weiland erläutert.
Text und Fotos: Fritz Rinninger