Für die Verlegung des Wochenmarktes spricht – nichts
Zum Leserbrief von Gisela Brodd zum Thema Wochenmarkt auf dem Klosterplatz (DBSZ am 30. Mai)
Sehr geehrte Frau Brodd,
Sie schreiben:
“Als Stadträtin aus Unterschwarzach/Truilz habe ich, Gisela Brodd, den Antrag zur Verlegung des Wochenmarkts auf den Klosterplatz in unsere Fraktion eingebracht – und möchte mich nun auch öffentlich dazu äußern. Mein Ziel ist es, die Attraktivität des Wochenmarkts zu steigern und ihn weiter zu einem lebendigen Treffpunkt für unsere Bürgerinnen und Bürger auszubauen.”
Da frage ich mich, wie oft sie in den letzten zehn Jahren auf diesem Wochenmarkt waren. Keinem der regelmäßigen Marktbesucher wäre aufgefallen, daß es ein derart großes Attraktivitätsdefizit gäbe, welches es wert wäre, dass man durch stoisches Ignorieren des erkundeten und bekundeten Willens der Marktbeschicker wie auch der Marktbesucher den weiteren Fortbestand des Wochenmarktes riskiert. Und nebenbei: Es ist schon ein lebendiger Treffpunkt für die Bürgerinnen und Bürger. Mich würde interessieren, warum Sie sich dann bemüßigt fühlen, sich dieses Ziel auf ihre Fahnen zu schreiben.
“Der Klosterplatz bietet hierfür ideale Voraussetzungen: barrierefrei, zentral gelegen, mit ausreichend Sitzmöglichkeiten für Gespräche in entspannter Atmosphäre. Geplant ist ein Trinkbrunnen und die öffentlichen Toiletten im benachbarten Naturschutzzentrum stehen bereits zur Verfügung. Kurzum: Ein Ort, der zum Verweilen einlädt – nicht nur zum Einkaufen, sondern auch zum Begegnen.”
Der jetzige Standort ist barrierefrei. Viele ältere Marktbesuchern werden den Klosterplatzmarkt nicht besuchen wegen dessen Bodenbeschaffenheit, welche den Begriff “barrierefrei” relativiert. Der jetzige Standort ist zentral gelegen. Viel zentraler als der nicht zentral liegende Klosterplatz. Die Marktbesucher des jetzigen Standortes haben jeden Donnerstag Gespräche in entspannter Atmosphäre.
Die Idee eines Trinkbrunnens ist gut. Gut für 7 Tage die Woche. Für Radfahrer, für Spaziergänger, für Alt und Jung. Aber es ist kein Argument für eine Marktversetzung gegen den Willen der Marktbeschicker und Marktbesucher. Der Trinkbrunnen wird ja auch nicht nur für die sechs Stunden Wochenmarkt installiert.
Wieviel kaufen Sie auf dem Wochenmarkt ein? Wenn ich Fisch, Wurst, Käse, Oliven und Obst gekauft habe, dann brauche ich nicht noch einen Platz zum Verweilen. Dann ist mir ein kurzer Weg zum Auto wichtiger. Die gekauften Lebensmittel sollten ja auch zeitnah in den Kühlschrank.
“Auch praktisch gesehen spricht Vieles für den neuen Standort: Aktuell muss der Bauhof für jeden Markttag Absperrungen auf- und abbauen – ein erheblicher personeller Aufwand, der eingespart werden könnte. Zudem verschärft sich die Parkplatzsituation am jetzigen Standort durch die laufende Bebauung im WI-SE-LE-Gebiet. Rund um den Klosterplatz stehen hingegen ausreichend Parkmöglichkeiten zur Verfügung.”
Ich wüsste gerne, warum die großen Beton-Absperrungen aufgebaut werden. Wenn es um die Verhinderung von Terroranschlägen mit Lkw oder Pkw geht, reichen die Metall-Pfosten am Klosterplatz nicht aus. Dann müssen noch viel mehr Beton-Absperrungen zur Absicherung des Klosterplatzes aufgebaut werden. Wenn das nicht der Grund ist, dann stelle ich die Beton-Absperrungen am Breiteweg generell in Frage.
Haben Sie schon einmal den personellen Aufwand ausgerechnet, den der Winterdienst für einen Wochenmarkt auf dem Klosterplatz bedeuten würde. Der Kurhausparkplatz muss geräumt werden. Die Fußwege zum Klosterplatz ebenso. Dann auch noch der Klosterplatz selber. Durch dessen Beschaffenheit wird das Räumen alleine nicht reichen, da der unebne Untergrund immer mehr Glättegefahr bedeutet. Und wird ein massiver Streusalzeinsatz direkt an der Wurzacher Ach ökologisch zu vertreten sein? Und nebenbei: Der Breiteweg muss trotzdem geräumt werden.
Die Bebauung Wi-Se-Le zur Breite hin ist seit Wochen abgeschlossen, Parken war trotzdem möglich. Rund um den Breiteweg stehen ausreichend Parkmöglichkeiten zur Verfügung. Unter anderem bei den in der Nähe ansäßigen Supermärkten.
“Viele Bürgerinnen und Bürger schätzen heute die Verbindung von Marktbesuch und Supermarkt-Einkauf. Diese Bequemlichkeit ist verständlich.”
Bequemlichkeit ist ein überwiegend nicht positiv belegtes Wort. Schwingt da ein Anklang von Vorwurf mit? Ist es nicht viel mehr Praktikabilität, die dem Standort Klosterplatz abgeht? Haben Sie sich über die Zunahme des Verkehrs in der Innenstadt Gedanken gemacht, die der Verlust dieser “Bequemlichkeit” bedeuten würde? Würde Sie jedesmal von den Supermärkten über die Ortsrandstraßen II, III und IV zum Kurhausparkplatz fahren, um Besorgungen auf dem Wochenmarkt zu machen?
“Aber wir sollten auch den Blick nach vorn richten: Warum wurde der Klosterplatz vor einigen Jahren aufwendig neugestaltet? Schon damals war die Idee, ihn als zentralen, lebendigen Mittelpunkt der Stadt zu nutzen – sichtbar für alle, auch für Gäste von außerhalb.”
Der Klosterplatz wurde schon immer (zu) recht kritisch von der Bevölkerung gesehen. Richten wir den Blick mal nach hinten. Vielleicht war der Klosterplatz einfach nicht passend geplant? Geht es vielleicht auch darum bei dem fast schon zwanghaften Versuch der Gemeinderäte, den Klosterplatz im Nachhinein zu rechtfertigen? Und jetzt alle Energie in Aktionen zu stecken, diese Platz in blankem Aktionismus künstlich zu beleben und das Ganze auf dem Rücken von Marktbeschickern zu betreiben, die eh schon zu kämpfen haben und sich mehrfach gegen den Standortwechsel aussprachen, aus gemachten Erfahrungen vom vorherigen Standortwechsel, der zu massiven Umsatzeinbußen geführt hatte? Wenn dann noch Stadträte dieses kommentieren mit dem Satz, man müsse Mut beweisen, dann ist das nur noch zynisch.
“Lassen Sie uns den Klosterplatz als Marktstandort einfach einmal ausprobieren. Es lohnt sich, offen für Neues zu sein.”
Frau Brodd, es wurde schon ausprobiert und es war ein absoluter Misserfolg. Wie oft wollen sie das noch probieren? Und ja, es lohnt sich, offen für Neues zu sein. Die Marktverlegung ist aber nichts Neues. Im Gegenteil. Sie riskieren damit den Fortbestand des Wochenmarktes in Bad Wurzach.
Ich konnte ihren Ausführungen kein einziges stichhaltiges Argument für die Verlegung des Wochenmarktes entnehmen. Offensichtlich wird jedoch der verzweifelte Kampf um nachträgliche Rechtfertigung und oktroyierten Belebung eines nicht optimal geplanten Klosterplatzes. Hier könnte der Gemeinderat Mut beweisen und diesen Beschluss zur Markverlegung wieder rückgängig machen. Das wäre etwas Neues.
Mut zu Neuem!
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Butscher
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