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750-jähriges Ortsjubiläum und Kapellen-Innenrenovation

Der zweite Festtag der Brugger: Konzertante Andacht und Lichtbildervortrag



Foto: Foto: Uli Gresser
Auf dieses Bild hat er 40 Jahre lang gewartet: Nachdem ihm sein Vater Franz Reischmann anlässlich der Renovation im Jahre 1984 von der auf der Innenseite des Brugger Altares angebrachten Jahreszahl „1722“ berichtet hatte – damals war aber leider kein Foto gemacht worden – konnte Sohn Gerhard Reischmann 40 Jahre später das Foto von der Jahreszahl “1722” schießen und es beim Lichtbildvortrag am 18. August in Arnach zeigen. Zu sehen ist die Innenseite des Brugger Altars; darauf finden sich neben der Jahreszahl „1722“ der Stiftername: Dr. Johann Wilhelm Rom. Dr. Rom war 40 Jahre lang Pfarrer in Arnach gewesen bis zu seinem Tod im Jahre 1752.

Brugg / Arnach – An zwei Tagen haben die Brugger die Ersterwähnung ihres Weilers und die damit verbundene Kapellen-Innenrenovation gefeiert. Über Festakt und Rochus-Messe, beides am Freitag, 16. August, hat die Bildschirmzeitung bereits berichtet. Am Sonntag, 18. August, gab es in der Pfarrkirche in Arnach eine konzertante Dankandacht mit den Soulsisters Judith und Ruth Angele sowie im Anschluss einen Lichtbildervortrag im Gemeindehaus St. Ulrich, bei dem die meisten Arbeitsschritte der Renovation gezeigt wurden. Die Lichtbilder sind zu finden in einem gesonderten Bericht (Link am Ende dieses Artikels).

Konzertante Dankandacht

Judith (links) und Ruth Angele, weithin bekannt als Soulsisters, singen in berührender Weise geistliche Lieder in der Arnacher Kirche bei der Dankandacht, die die Brugger zusammen mit der Pfarrgemeinde Arnach und Gästen aus nah und fern am 18. August gehalten haben. Anlass war die Ersterwähnung des Weilers Brugg vor 750 Jahren. Am 11. März 1274 hatte Rudolf von Arnach zwei Höfe in Brugg dem Kloster Baindt geschenkt.

Pfarrer Patrick Meschenmoser (Bild), der am Rochus-Tag (16. August) bereits die erste Heilige Messe in der frisch renovierten Kapelle zelebriert hatte (mit Altarsegnung), eröffnete die konzertante Andacht mit einem Dankgebet. Die Soulsisters, die Zwillinge Ruth und Judith Angele aus Starkenhofen, sorgten mit Liedern wie „Näher mein Gott zu Dir“, „Ich bete an die Macht der Liebe“ und „Wo ich auch stehe“ für den feierlichen Charakter der Andacht, in deren Rahmen durch Margit Reischmann der verstorbenen Brugger der letzten 60 Jahre gedacht wurde.

Margit Reischmann beim Verlesen der Namen der 29 seit 1965 verstorbenen Brugger Männer und Frauen; sie nannte auch den Namen des 1947 mit neun Jahren gestorbenen Wirtssohnes. Die Liste ist am Ende dieses Artikels angehängt.

Mit dem vertonten Gedicht „Von guten Mächten treu und still umgeben“ des NS-Widerstandskämpfers und evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, das dieser im Angesicht des Todes in Gestapo-Haft schrieb, eröffneten die Sängerinnen passend zur Totenerinnerung den zweiten Teil ihres Lieder-Zyklus.

Schlusswort

Gerhard Reischmann (Bild), Vorstand des Brugger Kapellenvereines, nahm das Thema Krieg in seinen Dankesworten nach dem „Vaterunser“ und der Segensspendung durch Pfarrer Meschenmoser noch einmal auf. „Wir Brugger dürfen dankbar sein. Unser Weiler ist – soweit man das weiß oder vermuten kann – alles in allem wohl gut durch die Zeiten gekommen.“ Inwieweit die Schlacht bei Wurzach im Bauernkrieg (1525) oder die Einnahme von Leutkirch durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg (1632) Auswirkungen auf Brugg gehabt hatte, sei nicht bekannt. In den beiden Weltkriegen habe es drei Todesopfer gegeben; Josef und Bernhard Kling vom Andreas-Hof fielen im Ersten Weltkrieg, Anton Kling vom Zachäus-Hof kam aus dem Zweiten Weltkrieg nicht zurück. Der einzige Kriegstag, den Brugg im Zweiten Weltkrieg unmittelbar erleben musste, der 28. April 1945, sei glimpflich abgelaufen. „Zur Mittagszeit fuhren französische Panzer zwischen der Kapelle und unserem Hof nach Leutkirch und auf der Abzweigung vor der Kapelle nach Arnach.“ Reischmann schloss mit den Worten: „Hoffen wir, dass wir alle weiterhin in Frieden leben können.“ Zum Abschluss seiner kleinen Ansprache dankte er noch einmal allen Schaffern und Spendern, die zur gelungenen Innenrenovation der Brugger Kapelle beigetragen hatten.

Der Lichtbildervortrag

In 85 Bildern zeigte Gerhard Reischmann (Bild; stehend: Restaurator Erwin Roth) im Anschluss an die Andacht im Gemeindehaus die Dokumentation zur Renovation, angefangen mit dem Ausräumen des Kapellenraumes und dem Abbau des Altares zur Restaurierung in der Werkstatt von Restaurator Erwin Roth in Ausnang bis hin zum erfolgreichen Wiederaufbau desselben sowie der Wiederaufstellung der Heiligen-Figuren und dem Anbringen der Kreuzwegbilder pünktlich zum Patroziniumstag am 16. August.

Erwin Roth beschreibt die uralte steinerne Altarplatte, die ziemlich sicher in der alten Brugger Kapelle (erstmals erwähnt 1584) vorhanden gewesen ist.

Speziell rund um den Altar konnten einige „Geheimnisse“ gelüftet werden, wobei Erwin Roth sein großes Expertenwissen mit den rund 40 Zuhörern teilte. So konnte 40 Jahre nach der letzten Kapellenrenovierung die Jahreszahl „1722“ hinten am Altar in Augenschein genommen und fotografiert werden. Zugleich konnte das Altarbild „Jesus am Kreuz“ eindeutig Maler Schley aus Wurzach zugeordnet werden und es wurde sogar das Jahr, in dem Schley es geschaffen hat, bekannt: Auf der Rückseite des Gemäldes fand man die Eintragung „1866“. Beim Abbau des von Pfarrer Dr. Rom im Jahre 1722 gestifteten Altares kam ein Steinaltar zum Vorschein, der in der Zeit zwischen Erbauung der Kapelle (um 1700) bis zur Rom’schen Stiftung (1722) im Gebrauch war. Was Restaurator Erwin Roth als geradezu sensationell empfand, war die steinerne Altarplatte, eine Kostbarkeit, die, wie Roth fest vermutet, bereits in der alten Brugger Kapelle vorhanden war und demnach ein halbes Jahrtausend alt ist. Roth stellte auch fest, dass der Rom’sche Altar in Teilen schon in einer anderen Kirche oder Kapelle gestanden hatte, wie bauliche Veränderungen am „Auszug“ nahelegen.

“Ka i Ui helfa?”

Gerhard Reischmann berichtete in seinem launigen Lichtbilder-Vortrag auch, wie es dazu kam, dass neben der ursprünglich alleinig geplanten Altarrestaurierung plötzlich eine komplette Innensanierung entstanden ist. Und wie etwa Helfer von sich aus auf ihn zugekommen sind: „Ka i Ui helfa?“ Und wie intensiv sich manche Helfer im Wortsinne in die Arbeit hineingekniet haben. Oder wie er einmal angesprochen worden sei, dass sich vor der Kapelle „Ein Bild für Götter“ dargestellt habe, als einige der „Arbeiter“ gerade mal auf einer Wagenpritsche Pause machten. Oder wie lustig der Einkauf des Materials für den Holzboden, mit dem die bisherigen „1B-Fliesen“ nun bedeckt sind, endete. „Eikehra ghört au zum Renoviera“, sagte er. Und dass so manche Helferinnen sie eher wie scheue Rehe vor seiner Chronisten-Kamera verhielten – er habe sie aber trotzdem erwischt.

„Es war eine ziemliche Drecklerei“, berichtete Margit Reischmann, als sie gemeinsam mit anderen Helfern genau nach Anweisung des Restaurators und des Denkmalamtes, nur mit Schwämmen bewaffnet, die Leimfarbe von den Wänden wusch.

„Dass es bei Altbausanierungen immer zu Überraschungen kommen kann, haben auch wir erfahren müssen“, berichtete Reischmann. Eindringende Feuchtigkeit und falsche Belastung des Deckenbodens mit alten Dachziegeln hätten an der Decke im Bereich der Luke zum Turm erhebliche Schäden angerichtet; es drohte in jenem Bereich ein Stück der Decke herabzufallen, stellte der Restaurator fest, der jenen Bereich danach fachmännisch stabilisierte.

Als wahres Multitalent habe sich Klaus Ringer entpuppt, der sich unter anderem um die Elektrik kümmerte und federführend bei der Sanierung der Eingangstür wirkte. In Reischmanns Bilderfolge sind fast alle Arbeitsschritte der Renovation dokumentiert. Auch der andere Hauptschaffer, Erhard Gut, ist mehrfach abgelichtet. Alles ging Hand in Hand und so mancher unter den sechs Brugger Familien offenbarte neue Talente, die in ihm schlummerten.

Alfred Rudhart, Mitglied des Brugger Kapellenvereins, hatte mit Beamer und Laptop die notwendige technische Ausrüstung mitgebracht.

Kurzfristig wurde noch der Text für ein dann gemeinsam gesungenes Lied in den Laptop eingeladen. Hermann Schick, Leiter des Rochus-Quartetts, schaut Alfred Rudhart über die Schulter.

Zum Abschluss bedankte sich Gerhard Reischmann bei Alfred Rudhart, der mit seinem technischen Equipment den Vortrag ermöglicht hatte, ehe er das Rochus-Quartett, das den Vortrag musikalisch begleitet hatte, zum letzten gemeinsam gesungenen Lied aufforderte.
Text und Fotos: Uli Gresser

Das Rochus-Quartett, bestehend aus (von links) Hermann Schick, Simon Ringer, Hans-Jörg Schick und Manfred Miller. Gemeinsam mit den Besuchern im Saal sang man die deutsche Version von “Amazing grace” (“Ein schöner Tag”).

Ansprechpersonen

Wer die Brugger Rochus-Kapelle anschauen möchte, wende sich an eine der sechs Besitzerfamilien, am besten an die der Kapelle am nächsten wohnenden (Familie Ringer, Tel. 91400, Familie Reischmann, Tel. 4262).

Wer Mitglied im Brugger Kapellenverein werden möchte (Jahresbeitrag: 12,00 €), wende sich an Vorstand Gerhard Reischmann (Tel. 07564 / 30 68 07).

Die Lichtbilder-Serie finden Sie unter dem Link „Lesen Sie hierzu auch ….“

Den Bericht über den ersten Festtag (Festakt und Rochus-Messe) finden Sie ebenfalls unter dem Link „Lesen Sie hierzu auch …“

Unter Download finden Sie die verlesene Liste der Brugger Verstorbenen seit 1965 sowie das Schlusswort von Gerhard Reischmann und den Liedplan bei der Konzertanten Andacht

Die Rückseite des Brugger Altars: Die erste Zeile bedeutet Dr. Johann Wilhelm Rom (D = Dr. ist nachgestellt). In der zweiten Zeile befindet sich die auseinandergesperrt dargestellte Jahreszahl 17-22. Dazwischen die Buchstaben-Kombination P–A–M. Dem Zeiler Archivar Rudolf Beck zufolge bedeutet das Pfarrer von Arnach; das M stehe für die Marienverehrung durch Pfarrer Dr. Johann Wilhelm Rom (1683 – 1752). Foto: Gerhard Reischmann

Weitere Bilder in der Galerie



BILDERGALERIE

Fotos: Uli Gresser

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