„Osterhofen“ reduzieren! „Urbach“ und „Aulendorf Ost-1“ streichen!
Bad Waldsee – Der Gemeinderat der Stadt Bad Waldsee hat in seiner Sitzung am 26. Mai die offizielle Stellungnahme der Stadt zum überarbeiteten Entwurf des Teilregionalplans Energie des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben (RVBO) beschlossen. Ziel des Regionalplans ist die Ausweisung von Flächen für Windkraft- und Photovoltaikanlagen zur Umsetzung der Vorgaben des baden-württembergischen Klimaschutzgesetzes. Die Stadt protestiert in ihrer Stellungnahme gegen eine überproportionale Inanspruchnahme ihrer Gemeindefläche.
“Überproportional betroffen”
Bad Waldsee sieht sich durch die im Plan vorgesehenen Flächen überproportional stark betroffen – insgesamt wären rund 4,27 % der Stadtfläche als Vorranggebiete für Windkraft vorgesehen.
Trotz einzelner Reduzierungen kritisiert die Stadt vor allem die weiterhin große Fläche bei Osterhofen, die sensiblen Naturraum und geschützte Vogelarten betrifft. Hier fordert die Stadt eine deutliche Reduzierung auf maximal 188 ha (bisher im Plan: 376 ha) und verweist auf Risiken für das Ökosystem des Mühlhauser Rieds.

Die derzeitigen Windkraft- und Freiflächen-PV-Planungen im Raum Bad Waldsee (Stand: vor den am 26. Mai beschlossenen Einwendungen der Stadt). WEA = Windenergieanlage; FFPV = Freiflächenphotovoltaik. Derzeit sind auf Bad Waldsee einwirkende Windenergieanlagen geplant: östlich von Tannhausen (“Aulendorf-Ost-1), bei Michelwinnaden (“Osterholz”), bei Osterhofen und bei Oberurbach / Mennisweiler (“Urbach”). FFPV soll es geben bei Michelberg, Mattenhaus, Haslanden (“Hierbühl”), Unterurbach, Oberurbach (drei Bereiche) und Mennisweiler. Karte: RVBO(entnommen den Sitzungsunterlagen).
“Aulendorf Ost-1” und “Urbach” werden abgelehnt
Weitere Vorrangflächen für Windenergie, denen Bad Waldsee ablehnend gegenübersteht:
- Aulendorf Ost-1: Fläche bei Elchenreute soll gestrichen werden wegen touristischer und naturschutzfachlicher Bedenken.
- Urbach: Ablehnung wegen Belastung des Ortsteils Oberurbach und ökologischer Konflikte mit bestehenden Moorflächen und Vogelarten.
Zustimmung mit Einschränkungen
Einzige Fläche, der Bad Waldsee unter Bedingungen zustimmt, ist Osterholz mit 71 ha – hier fordert die Stadt jedoch Rücksicht auf die Anwohner von Michelwinnaden und Beteiligung der Nachbargemeinden.
Photovoltaik: Unterstützung und Ablehnung je nach Standort
Bei den Freiflächen-Photovoltaikanlagen (FFPV) begrüßt Bad Waldsee die Einbeziehung des Solarparks Sankt Johannes, lehnt aber mehrere geplante Flächen ab – unter anderem in Mattenhaus, Mennisweiler-Süd und Unterurbach, meist wegen geplanter Infrastrukturprojekte, landwirtschaftlicher Nutzung oder Belastung von Ortsteilen.
Zentrale Forderungen der Stadt
- Reduzierung der Vorrangflächen für Windkraft auf maximal 259 ha (bisher im Plan:
464 ha = 4,27 % der Gemeindefläche) - Schutz sensibler Naturräume und Moorgebiete
- Einhaltung ausreichender Abstände zu Wohnsiedlungen
- Rücksicht auf lokale Besonderheiten wie Tourismus, Landwirtschaft und Heilbad-Status
Engagierte Debatte
Die Aussprache über die Stellungnahme führte zu einer lebhaften Diskussion unter den Räten. Christof Rauhut (FW) meinte, er könne dem Vorschlag der Verwaltung nicht zustimmen. Als Gründe nannte er die Selbstverpflichtung der Stadt zur Klimaneutralität, die auch im Leitbild der Stadt verankert sei. Daneben wünschte er sich mehr konkrete Aussagen sowohl von Seiten der Befürworter als auch seitens der Gegner der WKA. Auch die Landwirte, auf deren Grund und Boden die WKA errichtet werden sollen, verhandeln hinter verschlossenen Türen. Außerdem verwies er auf die Konsequenzen, wenn die Ziele, die das Land vorgibt, im Regionalplan nicht erreicht würden: „Dann ist der Katzenjammer groß“, führte er aus. Er wünschte sich von der Stadt ein positives Signal, zum Beispiel den Ausweis von Flächen für 25 WKA. Dann könnte man mit den Planern reden und die Ungewissheit und Verunsicherung der Bürger abwenden. „Lasst uns die Klimaneutralität mit Vollgas anpacken und vorangehen. Im Privaten habe ich das schon lange vollzogen.“
Oskar Bohner (FW) gab seinen Vorbehalten gegen WKA Ausdruck und meinte, Windräder gehören nicht in ein Feriengebiet. Das würde Immobilienhaie anlocken, die sich jetzt schon im Haistergau tummelten. Außerdem wies er auf die WKA in Bad Saulgau hin, die sich oftmals gar nicht drehten: Brauchen wir etwa gar nicht soviel Strom?
Jörg Kirn (Grüne) meinte, „die Energie kommt nicht einfach vom Himmel“. Die geforderten 1,8 % Fläche für WKAs beziehen sich auf die gesamte Regionalfläche und nicht auf eine einzelne Gemarkung. Konfliktfreie Standorte gibt es nicht (Anmerkung der Redaktion: Nicht nur konfliktfrei im Bezug auf die Zustimmung der Bevölkerung, sondern auch in Bezug auf Natur- und Landschaftsschutz). Außerdem werde zu wenig auf die positiven Aspekte der Windkraft eingegangen.
Stefan Senko (FW) gab zu bedenken, dass eventuell keine Weiterentwicklung der Baugebiete möglich wäre, weil die Mindestabstände zu den WKA unterschritten würden.
Wilhelm Heine (CDU) meinte, bevor man so viele WKAs baue, solle man doch die vorhandenen Hausdächer für PV-Anlagen nutzen.
Matthias Covic (CDU) hielt die Einwendungen der Stadt für angemessen.
Andreas Hepp (CDU) ist mit dem gesamten Konzept des Regionalverbandes nicht einverstanden und meint ebenfalls, dass die vorhandenen WKAs ohnehin zu wenig ausgelastet seien.
Achim Strobel (Ortsvorsteher Reute-Gasibeuren) meinte, wir trügen jetzt die Verantwortungen für kommende Generationen und sollten in der Kurstadt mehr auf Solarenergie setzen.
Robert Ettinger (CDU) hielt die Einwendungen der Verwaltung für angemessen.
Bei vier Gegenstimmen wurde der Vorschlag der Verwaltung angenommen.
Windkraftanlage bei Elchenreute: Stadt Bad Waldsee lehnt Antrag ab
Ebenfalls in der Sitzung am 26. Mai hat sich der Gemeinderat mit dem Antrag zur Errichtung einer Windenergieanlage im Vorranggebiet Aulendorf-Ost befasst. Die beantragte Anlage würde auf dem Gebiet nordwestlich des Hofguts Elchenreute errichtet – einer Fläche, die teils im Vorranggebiet für besondere Waldfunktionen liegt und nahe an Natur- und Schutzgebieten grenzt. Die Stadt verweist auf diese ökologischen Bedenken sowie einen bestehenden Bebauungsplan für das Hofgut Elchenreute. Obwohl der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben (RVBO) das Vorranggebiet bereits verkleinert hat, bleibt die Stadt bei ihrer ablehnenden Haltung. Der Gemeinderat beschloss daher, das gemeindliche Einvernehmen zu versagen. Damit spricht sich Bad Waldsee gegen den Bau der Windkraftanlage auf ihrer Gemarkung aus.
Erwin Linder

9 Seiten konstruktiver Protest
Unter „Downloads“ finden Sie das 9-seitige Schreiben von Oberbürgermeister Matthias Henne und Bürgermeisterin Monika Ludy an den Regionalverband. Hier das Fazit im Wortlaut: „Vor dem Hintergrund der touristischen, siedlungsstrukturellen, ökologischen und wirtschaftlichen Bedeutung der Bad Waldseer Gemeindefläche fordern wir eine substanzielle Reduzierung der im Teilregionalplan Energie vorgesehenen Vorrang- und Vorbehaltsflächen auf unserem Stadtgebiet. Die Große Kreisstadt Bad Waldsee würde rund 196 bis 259 ha Vorrangfläche für Windenergie einbringen. Dies entspricht 1,80 bis 2,39 % der Gesamtfläche der Gemarkung Waldsee. Diese Flächeninanspruchnahme übertrifft deutlich das Flächenziel des Landes.
Forderungen der Stadt Bad Waldsee im Bereich Windenergie:
1. Reduktion überdimensionierter Vorrangflächen (WEA-436-007 Osterhofen).
2. Streichung ökologisch und siedlungsstrukturell nicht verträglicher Flächen (WEA-436-019 Urbach und WEA-436-021_1 Aulendorf Ost-1).