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Leserbrief

Bürgerbus ja, aber zusätzlich zum Citybus



Zur Einstellung des Citybusses im Dezember 2024 und Umstellung auf einen Bürger-Rufbus hat uns unsere Leserin Brigitte Düngelhoff nachstehenden Brief zukommen lassen, den sie am 23. Juli an die Stadt, die Gemeinderäte, den Seniorenrat und an Omnibus-Müller gerichtet hatte. Sie bat nun die Redaktion der Bildschirmzeitung „Der Waldseer“ um Veröffentlichung des Briefes als Leserbrief. Ihr Text wird hiermit ungekürzt publiziert:

Am 1. Juli fand ich den Flyer der Stadt Bad Waldsee bzw. des Vereins Bürgerbus Bad Waldsee e.V. in meinem Briefkasten, weil ich Anwohnerin im Dachsweg bin, der zu einer Wohngegend Bad Waldsees gehört – wie darin richtig bemerkt wurde – in der der Citybus regelmäßig genutzt wird (ebenso wie zum Beispiel auch im Eschle).

Ich selbst bin vor zwei Jahren hierhergezogen, bin 71 Jahre alt und habe nur selten ein Auto zur Verfügung. Deshalb nutze ich den Citybus bisher relativ häufig, zum Beispiel vor allem, wenn ich zum Einkaufen zum Edeka muss oder zum Bahnhof, um von dort mit Bussen oder dem Zug weiterzufahren, zum Friedhof, zum Wohnpark am Schloss oder Richtung Innenstadt. Dass es schon bei diesen Fahrten, bei bestimmten Routen (aus der Stadt nach Hause) und zu bestimmten Zeiten (Wochenenden / Abend- und Morgenstunden / Beerdigungen) nicht immer optimale Bedingungen gibt und die Routen vielen älteren Bürgerinnen und Bürgern zu kompliziert erscheinen, wäre ein eigenes Thema und hat sicherlich mitunter auch dazu beigetragen, dass die Busse nicht immer gut ausgelastet waren.

Ich möchte vorausschicken, dass ich grundsätzlich die Idee eines Bürgerbusses gut finde und dass ich die positiven Seiten, die Sie herausstellen, sehr unterstützenswert finde: von der Förderung des Gemeinsinns durch den Einsatz Ehrenamtlicher, über den Klimaschutz, flexiblere Routen (auch in die Ortschaften), die angefragt werden können, bis hin zu weit geringeren Kosten. Außerdem finde ich es sehr positiv, dass Sie sowohl in der Presse als auch durch die Flyer-Informationen versuchen, die Bürger „mitzunehmen“ und zu motivieren, bevor das Projekt startet.

Allerdings gibt es meiner Meinung nach noch viele offene Fragen. Es gibt dazu auch viel Unruhe und Kritik in den Wohngebieten, die ich an der Bushaltestelle, im Bus und unter den Nachbarn mitbekomme. Ich möchte jedoch nicht einfach „mitschimpfen“, sondern mit meinen Hinweisen und Überlegungen gerne ein wenig dazu beitragen, dass das Projekt keine „Bauchlandung“ erfährt.

Bevor ich auf einige konkrete Punkte zu sprechen komme, möchte ich etwas Grundsätzliches sagen:
Sie beschreiben den Bürgerbus als „Neue Mobilitäts-Ära“! In der Tat, das ist sie, wenn man die öffentliche Mobilitätsverantwortung komplett auf die Schultern Ehrenamtlicher verlagern will. Es klingt für mich nachgerade etwas „zynisch“, auf diese Weise dafür zu werben. Viel ehrlicher hätte ich es gefunden, etwas bescheidener zuzugeben, dass es hauptsächlich ums Geld geht. Busse von Busunternehmen, die nicht gut genutzt werden und oft leer oder mit wenigen Mitfahrenden unterwegs sind, sind für eine Stadt sehr teuer und es ist verständlich, dass da gespart werden muss. Aber das Angebot komplett zu streichen? Das finde ich für eine Stadt in der Größenordnung von Bad Waldsee geradezu beschämend, zumal andererseits mit Stolz die „Altstadt für alle“ als Aushängeschild für Bad Waldsee gilt. Gäbe es da nicht andere Möglichkeiten? (zum Beispiel eine geringere, aber regelmäßige Taktung oder kleinere Busse?).

ALLES auf die Karte „Ehrenamtlichen-Arbeit“ zu setzen, finde ich gerade nicht sehr nachhaltig. Was meinen Sie, wie lange das funktionieren wird mit so vielen Leuten, die dazu bereit und fähig sein müssen? Und auch hier gibt es Kosten zusätzlich zu den Fahrzeugen. Abgesehen von Ehrenamtspauschalen oder einer anderen Art von Vergütung funktioniert auch dieses Modell nicht ohne Hauptamtliche (wie jetzt zum Beispiel den Klimabeauftragten, Einsatzleitungen, Schulungspersonal usw.). Ich habe lange Jahre meines Berufslebens selbst Ehrenamtliche in sozialen Bereichen und Gemeinwesenarbeit geschult und weiß, wie viel Unterstützung nötig ist, damit sie motiviert bleiben, sich nicht ausgenützt fühlen oder überfordert werden.

Ich kann mir vorstellen, dass schon viel Zeit und Mühe in Gespräche und Planungen verwendet wurde, um den Citybus zu optimieren und jetzt das neue Modell auf den Weg zu bringen. Und sicher sind Ihnen manche meiner Erfahrungen und Beobachtungen nicht neu. Außerdem ist mir bewusst, dass ich nicht über genügend Hintergrundwissen verfüge, wo sie vielleicht schon Lösungen im Sinn haben. Dennoch möchte ich ein paar Punkte hier auflisten, damit das Projekt einen möglichst guten Start erfährt. Denn ich bin überzeugt, dass es bei so vielen gravierenden offenen Fragen nicht taugt, wenn man „einfach mal anfängt“ und dann nachbessert. Da ist der Frust in viele Richtungen vorprogrammiert.

  • Es gibt Zeiten, da bin ich gemeinsam mit 2 bis 3 anderen Frauen mit „Einkaufswagen“ im Bus, dazu kann noch jemand mit Rollator und Kinderwagen kommen neben den übrigen Fahrgästen. Sind die geplanten Kleinbusse dafür ausgelegt? (Rollstuhlfahrer sind vermutlich nicht mitbedacht. Die kommen dann leider nicht in die „Altstadt für alle“)
  • Wie lange vorher müssen sich die Fahrgäste anmelden? Wie soll das mit Schülern und Berufspendlern funktionieren, die zum Beispiel von Ravensburg mit dem Bus oder mit dem Zug am Bahnhof ankommen? Müssen sie sich jedes Mal anmelden? – Oder Kurgäste, die nichts davon wissen?

Die „neue Mobilität“ wird zur Immobilität und die Flexibilität wird leiden, wenn es keine regelmäßigen Routen mehr gibt, wenn jemand nicht absehen kann, wie lange er oder sie für Erledigungen und Arztbesuche braucht oder ein Zug Verspätung hat. Davon abgesehen kenne ich etliche Leute hier im Umfeld, die sich schwer tun werden mit dem Anrufen und Organisieren (und wer weiß, wann das nur noch „digital“ oder online mit App geht?!). „Und wie komme ich wieder heim, wenn sich etwas Unvorhergesehen verschiebt und ich als hilfsbedürftiger Mensch nicht mit dem Handy unterwegs bin?“ Viele einsame Menschen hier ziehen sich wegen solcher Unsicherheiten zurück.

  • Kürzlich habe ich 13 Fahrgäste gezählt, die am Bahnhof am Feierabend in den Bus Richtung Eschle gestiegen sind. Auch wenn das eine Ausnahme sein sollte: Wie soll das gehen?
  • Eine Verbesserung in den Abendstunden und an Wochenenden fände ich absolut notwendig und wünschenswert, nicht nur für kulturelle Veranstaltungen und Teilhabe an gesellschaftlichem Leben sondern auch für Kirchgänge. Eine alte Dame, die nicht mehr gut zu Fuß ist, erzählte mir, dass sie an einem Feiertag, an dem ihr der Kirchgang wichtig war, 14 € für ein Taxi von der Wohnanlage Biberacher Straße (Am Bahngleis Richtung Hymer) bis nach St. Peter bezahlt habe. Ohne Rückweg. Wer kann sich das leisten?

Und eine gehbehinderte Nachbarin klagte, dass sie seit Jahren am Wochenende zu keiner Veranstaltung mehr in die Stadt komme! Darf das wahr sein?!

Wenn es nicht ohnehin schon viel nachbarschaftliche und freundschaftliche Hilfe gäbe, ginge das gar nicht!

  • Eine andere Mitfahrerin befürchtet, dass sie („moralisch“) unter Druck kommt, wenn der Kleinbus mit Spenden finanziert wird, weil sie bisher ein Abo hatte und nun noch extra um Unterstützung gebeten wird. Auch wenn die Fahrten wie geplant kostenlos sind, werden viele ältere Menschen – schon aufgrund ihrer Mentalität – eine Scheu haben, den Bus ohne Bezahlung zu nutzen oder ihn gar mehrmals am Tag oder für kleinere Strecken (!) zu rufen. Das trifft gerade Menschen, die es „nötig haben“.

Ich belasse es bei diesen Punkten, die ich Sie bitte zu bedenken und dafür Lösungen zu suchen. Sicher gibt es noch etliche andere, die Sie von anderer Seite hören werden.

Ich habe versucht, diesen Brief wohlwollend und sachlich zu formulieren. Ich kann Ihnen aber versichern, dass der Frust und die Wut hier in der Siedlung ziemlich groß sind.

Es wird angenommen:

  • dass kaum jemand von Ihnen schon einmal regelmäßig auf den Citybus angewiesen war und damit für alltägliche Erledigungen damit fahren musste. Vermutlich sind Sie alle mit Auto oder Fahrrad mobil.
  • dass Ihnen die Leute hier egal sind, für die Sie sich einsetzen sollten und für die sie die „Altstadt für alle“ als Prestigeobjekt hochhalten.
  • Und dass es ja doch nichts nützt, wenn man sich wehrt und seine Meinung äußert. Es sei ja eh schon alles beschlossen.

Ich finde das sehr bitter und möchte mich damit nicht abfinden.

Mein Fazit für eine Lösungssuche heißt:

Eine neue Mobilitäts-Ära würde wirkliche Verbesserungen mit sich bringen. Das geht nur, wenn das Bürgerbus-Projekt zusätzlich zu einer regelmäßigen Versorgung mit einer regelmäßigen Citybus-Linie angeboten würde. Dass diese sicherlich anders aussehen müsste als die momentane, ist dabei unbestritten, zumal ja noch weitere Neubaugebiete erschlossen werden.

Zum Schluss möchte ich eine ausdrückliche Anerkennung und einen Dank an die bisherigen Busfahrer des Citybusses der Firma Müller sagen. Die meisten von Ihnen sind sehr freundlich und hilfsbereit, kennen ihre Kunden schon lange und unterstützen auch hilfsbedürftige Personen beim Ein- und Aussteigen.

Wenn jetzt allerdings die Firma Omnibus Müller durch Ihre Bürgerbusplanungen anderweitig disponiert, bin ich gespannt, ob und wann es möglich sein wird, dass sie wieder in eine Kooperation einsteigt, falls sich das alleinige ehrenamtliche Rufbus-Projekt als Fehler erweist.

Ich hoffe in eigenem Interesse und in Vertretung von vielen Nachbarn und Nachbarinnen hier auf eine gute und wirklich nachhaltige Mobilitäts-Lösung für Bad Waldsee.
Brigitte Düngelhoff, Dachsweg, Bad Waldsee




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