Bauernschule setzt Zeichen für achtsames Essen

Bad Waldsee – Bereits vergangenen Oktober startete an der hiesigen Bauernschule das vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) geförderte Projekt „Ernährungsstrategie Bad Waldsee – regionale Kulinarik für nachhaltigen Genuss“. Mit diesem Projekt soll für Genuss und Geschmack regionaler landwirtschaftlicher Produkte sensibilisiert werden, wobei alle daran Beteiligten vom Anbau bis zur Ernte und Veredelung einbezogen werden sollen. Ernähren und Probieren sollen auch ein Erleben des Essens und der Schätze der regionalen Landwirtschaft beinhalten. Dafür sollen möglichst große Teile der Bevölkerung erreicht werden. Am 28. Mai lud die Bauernschule die Öffentlichkeit zum Erfahren, Lernen und Probieren ein. Kompetente an der Wertschöpfungskette Beteiligte berichteten aus ihren Betrieben über neue Ideen zur Herstellung hochwertiger regionaler Produkte, unabhängig davon, ob konventionell oder ökologisch angebaut.
Eröffnet wurde der Abend von Regina Steinhauser und Florian Straub vor einem einladend gedeckten Tisch mit schwäbischen Getränken, Brezeln, Seelen und knackig frischem Salat. Im Zwiegespräch wurde über die überhandnehmenden, stressbedingten und achtlosen Essgewohnheiten bzw. Essen aus der Hand (To go) und nur noch im Vorbeigehen gesprochen. Straub berichtete dann über Ansätze des MLR zur Umsetzung des ambitionierten Projekts und über das Herabzonen zur kommunalen Ebene. Er skizzierte kurz das Projekt vor Ort und stellte die lokalen Kooperationspartner vor. Straub sagte, er sehe hier am Gesundheitsstandort Bad Waldsee gute Voraussetzungen, das Thema bei den Menschen zu verankern. Nicht thematisiert in diesem Projekt werden die kulinarischen Feinheiten.


Dr. Florian Straub von der Bauernschule spricht über das Projekt “Ernährungsstrategie Bad Waldsee – regionale Kulinarik für nachhaltigen Genuss”. Gereon Güldenberg vom Rösslerhof bei Schlier hört ihm konzentriert zu.

Andrej Hänel (Bild) vom MLR kam in Vertretung der terminlich verhinderten Ministerialdirektorin Isabel Kling. Das für die Kampagne zuständige Grundsatzreferat für Ernährung habe bereits in Großstädten wie Mannheim, Freiburg und Stuttgart entsprechende Aktivitäten durchgeführt, berichtete Hänel. Er hob den Stellenwert gesunder Ernährung besonders für breite Bevölkerungsschichten hervor, begrüßte den Ansatz des Projekts und wünschte besten Erfolg hier in Oberschwaben.
Grußwort der Stadt
Die Stadt selbst als Projektpartner stellte die Erste Bürgermeistervertreterin Sonja Wild in Vertretung von Oberbürgermeister Matthias Henne vor. Sie erinnerte an den Slogan der Stadt „Bad Waldsee tut gut“. Die örtlichen Kurkliniken praktizierten die drei Säulen des Wasserdoktors Sebastian Kneipp und bemühten sich erfolgreich, die Wertschöpfungsketten der Nahrungsproduktion hier zu halten und zu nutzen, meinte Wild. Somit leiste auch Bad Waldsee einen positiven Ansatz zur Genussregion.
Die geplanten Abschnitte des Projekts seien: Konzepte und Ideen für die berufstätige Bevölkerung, die finanziellen Möglichkeiten in der Ernährung und Ansätze für gute Außer-Haus-Verpflegung. Zum Gesicht des Projekts gebe es ein gelungenes Logo, erstellt von der in Bad Waldsee ansässigen Werbeagentur „Alpenblickdrei“, vertreten von Heike Fässler und Marvin Lang. Es zeige Blätter, Blüten, Landschaft und Speisegabel als Genusssymbol mit viel Zeit zum Essen.

Das Logo der Aktion.
Projektpartner
Als Projektpartner wurden zusätzlich gewonnen: Landwirt Klaus Oberhofer (Heurenbach), Gastronom Simon Mayer (Scala), Bettina Schmidt (Ökotrophologin im Ernährungszentrum) und Jule Wessely (Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing). Oberhofer plädierte für mehr Wertschätzung zu Anbau und Ernte bzw. zu Viehhaltung. Auch er will Landwirtschaft und Verbraucher zusammenbringen und erinnerte daran, dass unsere schöne oberschwäbische Landschaft ohne Landwirtschaft eine völlig andere wäre. Jule Wessely nahm Bezug auf die Gesundheitsstadt Bad Waldsee, die die Idee einer Genussregion voll unterstützen werde. Simon Mayer wünscht sich ein Erlebbarmachen des Essens und würde den Leuten gerne erklären, welche Ansprüche heute vertretbar seien. Anliegen Bettina Schmidts ist die nachhaltige Ernährung, die bereits mit dem Einkauf regionaler und wenig verarbeiteter Lebensmittel beginne und sie setzt sich für gesunde Schul- und Kantinenverpflegung ein. Jule Wessely will den Gesundheitsstandort interaktiv erlebbar machen.

Die Ernährunsgfachfrau Bettina Schmidt (rechts) im Gespräch mit einer Teilnehmerin.

Christian Bernhart vom Marktgarten/Roots bei Kißlegg.
Nun erläuterten Spezialisten verschiedener Produktionsrichtungen ihre Erfahrungen. Andreas Hepp vom Neuurbacher Sonnenhof produziert Eier und Gemüse. Für ihn spielen Bodenorganismen, Luft und Wasserhaushalt der Flächen eine zu beachtende Rolle. Für Christian Bernhart vom Marktgarten/Roots in Kißlegg spielt auch der Boden eine entscheidende Rolle. Insbesondere habe er eine völlig neue Technik zur Lagerung seiner Produkte entwickelt. Statt Erdmieten wie früher und heute Kühlung, lagert er bspw. Rüben in Mieten erfolgreich aus reichlich bei ihm vorhandenem Laub. Auch Nutzinsekten spielen bei ihm eine zu beachtende Rolle. Gereon Güldenberg vom Schlierer Rösslerhof produziert Öle aus Hanf und Lein sowie Apfelbalsamico. Er erläuterte den Ablauf von Anbau über Ernte bis Drusch und Pressung seiner Öle. Auch die aufwändige und sorgfältige Lagerung und Reifung des Essigs in Holzfässern durch das Unternehmen „Vom Fass“ wurde beschrieben.

Andeas Hepp.

Ivanka Seitz, Leiterin der Bauernschule, im Gespräch mit Christian Bernhart.

Fazit der Veranstaltung war, man möge Herzblut in der Schüssel finden, so Florian Straub, Projektleiter von „Bad Waldsee-Genussregion“. Mit „da haben wir nun den Salat“ luden er und Regina Steinhauser zum Verkosten knackfrischen, genüsslichen und regionalen gemischten Salats, inklusive regionalem Getränk ins Foyer der Bauernschule. Diese Gelegenheit nutzten die Teilnehmenden zu intensivem und produktivem Gedankenaustausch an Bistrotischen.

Weitere Veranstaltungen der Reihe
Die weiteren Veranstaltungen des Projekts sind: (Regional-)Tastings, Esszimmer unter freiem Himmel, Abendmarkt, die oberschwäbische Seele (5. Juni), Vortrag Arved Meinzer „Feldfreude Gemüse“ (1. Juli), Vernetzungsworkshop Bio-Musterregionen Biberach und Ravensburg (3. Juli) und Bad Waldseer Gesundheitstag (21. September).
Text und Fotos: Peter Lutz