Skip to main content
ANZEIGE
Nichtalltägliche Ausstellung im Schauraum von Flaschnermeister Wolfgang Huber

Von der Schönheit alter Bleche



Foto: Wolfgang Huber
Dachlandschaft des Kaiserlichen Mausoleums in Graz.

Kißlegg – Zur Eröffnung einer ganz besonderen Ausstellung drängten sich am Samstag, 28. September, knapp 200 Besucher in den schönen Räumen von Wolfgang Huber, darunter Architekten und Denkmalpfleger, aber auch viele Kißlegger Handwerker sowie Kunstinteressierte aus der Region. Über elf Jahre hat sich der Flaschnermeister mit hochprofessionellen Präsentationen zeitgenössischer Kunst einen Namen gemacht. In der neuen Ausstellung geht es nun um sein eigenes Metier: die Arbeit an historischen Blechdächern.

Bei der Eröffnung drängten sich die Besucher zwischen den ungewöhnlichen Ausstellungsstücken. Im Vordergrund ein Caravaca-Kreuz (hat zwei Querbalken). Foto: Herbert Eichhorn

ANZEIGE

Historische Blechdächer zwischen Kißlegg und Altötting

Unter dem Motto „In eigener Sache“ hat sich der Hausherr, wie er in seiner Eröffnungsrede berichtet, einen lange gehegten Wunsch erfüllt: eine Schau, die erzählt von der – so der Untertitel der Ausstellung – „Schönheit historischer Blecheindeckungen und deren Erhalt“. Mit der Restaurierung und Ertüchtigung von Blechdächern vor allem aus dem 18. und 19. Jahrhundert hat sich Wolfgang Huber längst überregional, ja international einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet.

Im Schauraum und im anschließenden Kabinett begegnet der Besucher rund 20 Projekten, an denen Wolfgang Huber und sein Team beteiligt waren. Das Spektrum der Baudenkmäler reicht dabei von der Kißlegger Pfarrkirche über die Gnadenkapelle in Altötting bis zum kaiserlichen Mausoleum in Graz. Einige Infotafeln mit knappen Texten zu ausgewählten Bauten liefern hilfreiche Informationen. Auf kleinen Bildschirmen dokumentieren kurze Fotoserien anschaulich den Fortgang der Arbeiten.

ANZEIGE

Turmspitzen und Kirchturmkugeln. Foto: Herbert Eichhorn

Objekte, die man sonst nie von Nahem sieht

Der eigentliche Clou der Ausstellung sind aber die zahlreichen originalen Objekte: die Dachbleche mit ihrer malerischen Patina, die Kirchturmspitzen und Kirchturmkugeln, die Aufsätze und Zierknöpfe, selbst solche Kleinteile wie Rollnieten oder Nägel. Dinge also, die der Laie sonst nie von Nahem sieht. Diese Sachen seien ja eigentlich Ausschuss, erläutert die Tübinger Kunsthistorikerin und Restauratorin Dr. Julia Feldtkeller in ihrer Einführung in die Ausstellung. Es handelt sich also um Teile, die an den Dächern nicht weiterverwendet werden konnten, von Wolfgang Huber aber aufbewahrt wurden.

ANZEIGE

Die Bedeutung der Denkmalpflege

Die Eröffnungsrednerin ordnet die Ausstellung überzeugend in einen größeren Zusammenhang ein. Mit der wachsenden Bedeutung des Denkmalschutzes und ganz allgemein des Gedankens der Nachhaltigkeit geht auch eine neue Wertschätzung des Handwerks und seiner traditionellen Techniken einher. Dass die Denkmalpflege in der Diskussion an Stammtischen und in manchen Gemeinderäten nur als Hemmschuh für vermeintlich sinnvollere, schnellere Lösungen gilt, sei dabei leider ein unvermeidlicher Nebeneffekt.

„Das Glück des Kupfergrüns.“ Foto: Herbert Eichhorn

ANZEIGE

Dächer als Bedeutungsträger

Julia Feldtkeller verweist darauf, dass Dächer in der Vergangenheit bei wichtigen Bauten eben nicht nur die Funktion hatten, das Gebäude nach oben abzuschließen. Geschmückte und verzierte Dächer waren regelrechte „Bedeutungsträger“, die den Anspruch eines Baues auch in die Ferne unterstreichen sollten. Daher lag auf der Auswahl der Formen und Materialen ein besonderes Augenmerk der Bauherren. Am anschaulichsten wird das vielleicht bei der schönen grünen Patina, die Dächer aus Kupferblech mit der Zeit ausbilden. Für das „Glück des Kupfergrüns“, wie die Rednerin dieses Phänomen fast poetisch benannte, bietet die Ausstellung viele wunderbare Beispiele.

Den Dächern und den Blechen ist Geschichte eingeschrieben

Von den historischen Blechdächern sind vor allem im 20. Jahrhundert viele verlorengegangen, entweder weil man ihre Bedeutung nicht erkannte oder weil eine Sanierung als zu kostspielig erschien. Der Erhaltung und fachgerechten Ertüchtigung der noch vorhandenen kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Diesen Dächern und den dort verwendeten Blechen ist gewissermaßen auch Geschichte eingeschrieben, was in der Kißlegger Präsentation eindrucksvoll erlebbar wird: Überall finden sich die Spuren der handwerklichen Bearbeitung in Techniken, die in den Werkstätten weitergegeben wurden. Es finden sich außerdem die Spuren von Wind und Wetter, auch von größeren Wetterkatastrophen. Und es finden sich Spuren politscher Katastrophen wie etwa bei dem ausgestellten Stück von der Waldseer Pfarrkirche. In der Nachkriegszeit war es von französischen Besatzungssoldaten unter Beschuss genommen worden.

ANZEIGE

Jedem Objekt in der Ausstellung ist sozusagen Geschichte eingeschrieben. Foto: Herbert Eichhorn

Die Referentin ging schließlich noch einen Schritt weiter, als sie auf den österreichischen Kunsthistoriker Alois Riegl, einen der Gründerväter der Idee der Denkmalpflege im 19. Jahrhundert, verwies. Er sprach vom Trost, den das gealterte Denkmal für den Menschen bedeutet, dessen Schicksal es eben auch ist, zu altern und die Spuren des Älterwerdens zu ertragen.

ANZEIGE

Wolfgang Huber bei der Arbeit am Kißlegger Kirchturm. Foto: WH

Baukultur auf höchstem Niveau

Wolfgang Hubers bereits in der fünften Generation betriebene Flaschnerei führt sie als Musterbeispiel für einen Betrieb an, der sich die fachkundige Bewahrung und Ertüchtigung historischer Schätze auf die Fahnen geschrieben hat. Dadurch ist sie der ideale und hoch geschätzte Partner der Denkmalpflege. Hubers Team stehe für „Baukultur auf höchstem Niveau“, zitiert sie einen Architekten. Der Hausherr selber hatte zuvor seine verschiedenen Mitarbeiter namentlich erwähnt und ihre hochspezialisierten Kenntnisse und ihr Einfühlungsvermögen im Umgang mit den historischen Materialien gewürdigt. Wie wichtig in so einem Betrieb auch die Weitergabe von Erfahrungen über Generationen hinweg ist, wurde einem schlagartig bewusst, als er erwähnte, dass auch sein Vater Erich Huber mit insgesamt 72 (!) Jahren Berufserfahrung („Das 75. Jubiläum wird dann gefeiert!“) weiterhin in der Werkstatt mitarbeitet.

ANZEIGE

Die bei der Sanierung der Karseer Kirche beschädigte Kirchturmkugel oder doch eine moderne Plastik? Foto: Herbert Eichhorn

Der an zeitgenössischer Kunst geschulte Blick

Der in der Ausstellung gezeigte von Wolfgang Huber über Jahre zusammengetragene Bestand ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die Auswahl der ausgestellten Dinge und die Art ihrer Präsentation verrät darüber hinaus auch den Kunstfreund Wolfgang Huber. Sie belegt eindrucksvoll seinen durch die langjährige intensive Beschäftigung mit moderner Kunst geschulten Blick. Nicht zufällig erscheint der Begriff „Schönheit“ im Untertitel der Ausstellung. Wenn man die Infotafeln und alle rein informativen Elemente aus der Ausstellung herausnehmen würde, bliebe immer noch eine geradezu atemberaubende Zusammenstellung von sehr, sehr schönen Objekten.

Geschult wurde dieser Blick zum Beispiel an den eleganten Stahlplastiken des amerikanischen Bildhauers Richard Serra oder an den Verletzungen, mit denen der italienische Maler Lucio Fontana seine Leinwände aufbrach. Die Art, wie in der Ausstellung Kleinstteile, sorgfältig beschriftet, in Gläsern archiviert und präsentiert werden, das erinnert sicher nicht zufällig an die großen Erinnerungsprojekte des französischen Konzeptkünstlers Christian Boltanski.

Auch kleinste Teile wurden liebevoll archiviert. Foto: Herbert Eichhorn

Die Ausstellung: ein Muss

Die Ausstellung hat also für viele etwas zu bieten: für Handwerker, Architekten und Denkmalpfleger, für alle, die sich für historische Materialien und Techniken interessieren, und überhaupt für alle Kunstfreunde, die an schönen Formen und Materialien Freude haben. Also ein Muss für viele. Zudem wird das Ganze ja präsentiert in einem Gebäude, das mit seinen aufwändigen Blechverkleidungen selber Zeugnis ablegt von dem großen handwerklichen Können der Flaschnerei Huber.

Lieder aus fernen Zeiten

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass der Veranstalter bei der Eröffnung auch für eine fabelhaft passende malerische Umrahmung gesorgt hatte. Die Berliner Musikerin und Musikwissenschaftlerin Dr. Isabel Kraft trug, sich selbst auf der Drehleier oder auf der Viola da Gamba begleitend, historische Lieder vor. In den Liedern, die sie mal in der Originalsprache, mal in Übersetzung und zum Teil in Variationen vortrug, wurden die Besucher der Eröffnung in berührender Weise mit den Leiden und Nöten vergangener Generationen vertraut gemacht. Sie kamen so also vielleicht auch den Menschen näher, denen wir die schönen Bleche verdanken, die wir in der Ausstellung aus nächster Nähe bestaunen dürfen.
Herbert Eichhorn

In der Galerie weitere Bilder von der Eröffnung und aus der Ausstellung. Fotos: Herbert Eichhorn

4. Oktober, 19.00 Uhr

Heult nicht und greint nicht, Ladies!
Lieder aus Shakespeares Zeit
Konzert mit Dr. Isabel Kraft, Berlin

2. November, 16.00 Uhr

Gedanken zum Thema Blech – Texte
Markus Salger, Kißlegg

Die Ausstellung

„In eigener Sache“
Die Schönheit historischer Blecheindeckungen und deren Erhalt
Schauraum und Kabinett Wolfgang Huber
Schlossstraße 58/1, Kißlegg

Bis 10. November
Öffnungszeiten
samstags und sonntags 14.00 bis 17.00 Uhr
oder mit Voranmeldung unter info@flaschnerei-huber.de



BILDERGALERIE

Fotos: Herbert Eichhorn

NEUESTE BEITRÄGE

Fastenkrippe – eine Seltenheit

Passions- und Osterweg in Alttann – vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung

Alttann – Eine „Fastenkrippe“ ist derzeit in der Pfarrkirche St. Nikolaus Alttann aufgestellt. Diese ist allerdings mehr als das, was die klassische Bezeichnung „Fastenkrippe“ zum Ausdruck bringen kann. Es ist vielmehr eine Installation, die den Passions- und Osterweg Jesu Christi in einer dreidimensionalen „Landschaft“ Jerusalem zeigt, wobei der Garten Getsemani, der Kreuzweg Jesu, Golgotha und das leere Grab, auf dem der Auferstandene steht und über den Tod „triumphiert“, konzentriert …
Filmreif

Nach Schäferstündchen abgestürzt

Ravensburg – Nachdem am Freitagmorgen (18.4.) eine verletzte Person bei einem Hotel in der Eisenbahnstraße in Ravensburg gemeldet wurde, rückte neben einem Rettungswagen auch eine Streife des Polizeireviers an, um den Grund der Verletzung zu ermitteln.
Über 100 Gäste kamen zum Vortrag mit PD Dr. Ulmar ins Westallgäu-Klinikum

Reges Interesse an moderner Gelenkchirurgie

Wangen – Großer Andrang im Westallgäu-Klinikum: Über 100 Besucherinnen und Besucher kamen zur Vortragsreihe „Treffpunkt Gesundheit“, um mehr über moderne Behandlungsverfahren bei Hüft- und Kniegelenksarthrose zu erfahren. Referent war Privatdozent Dr. Benjamin Ulmar, seit Anfang April neuer Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie in Wangen und Leiter des dortigen EndoProthetikZentrums der Maximalversorgung (EPZmax). Am Mittwoch, 23. April 2025 hält Dr. Ulmar um 18 Uhr im Kurhau…
Vernissage am 13. April, 15.00 Uhr

Ricarda Wallhäuser lässt ihre Drucke im Kirchenraum schweben

Leutkirch – Eine Kunstausstellung ist derzeit in der Galluskapelle auf dem Winterberg bei Leutkirch zu sheen. Die in Leutkirch und Berlin lebende Künstlerin Ricarda Wallhäuser hat acht Collagen auf großformatige Stoffbanner gedruckt und lässt diese zwischen den Säulen der Kapelle im Kirchenraum schweben. Titel der Ausstellung: “Wir Passagiere”.
Weingarten

Zwei Personen bei Auseinandersetzung schwer verletzt

Weingarten – Das Kriminalkommissariat Ravensburg hat Ermittlungen gegen einen 32-Jährigen eingeleitet, der am frühen Freitagmorgen (18.4.) in Weingarten zwei Personen im Alter von 31 Jahren schwer verletzt haben soll.

MEISTGELESEN

Passionsspiele in Engerazhofen – Julian Aicher berichtet

Berührend

Engerazhofen – Ein milder, trockener Abend mit klarem Ostermond über dem Kapellenberg war dem Passionsspiel in Engerazhofen gestern Abend (12.4.) beschieden. Starker Besuch (darunter Oberbürgermeister Henle mit Frau, Landrat Sievers, der Abgeordnete Haser). Berührende Inszenierung. Dem Ernst des Gegenstandes entsprechend gab es am Schluss keine Beifallsbekundungen. Schweigend und nachdenklich ging man auseinander. Unser Reporter Julian Aicher war dabei. Nachstehend sein Bericht. Die Fotos sta…
Zwei Bikes frontal ineinandergeprallt

Tödlicher Motorradunfall bei Kißlegg

Kißlegg – Zwischen Kißlegg und Wangen – auf der Höhe von Sommersried – kam es am Dienstagabend (15.4.) gegen 19.00 Uhr zu einem schrecklichen Verkehrsunfall. Zwei Motorräder prallten frontal ineinander. Ein 54-jähriger Motorradfahrer starb. Ein 22 Jahre alter Motorradfahrer erlitt lebensgefährliche Verletzungen. Er schwebt in Lebensgefahr. Die Meldung des Nachrichtendienstes SWD von heute früh wurde von der Polizei bestätigt.
Leserbrief

Ein seltsamer Ton

Zum Bericht über die Passionsspiele in Engerazhofen, in der Bildschirmzeitung veröffentlicht am 13. April um 10.00 Uhr unter dem Titel „Berührend”
von Werner Utz
veröffentlicht am 13. April 2025
Blick hinter die Kulissen des Bad Wurzacher Gesundresorts FeelMoor

Wie aus einer Kurklinik ein Gesundheitshotel wurde

Bad Wurzach – Unter dem Motto „Wer steckt dahinter?“ organisiert der Handels- und Gewerbeverein Bad Wurzach für seine Mitglieder zweimal im Jahr Besuche bei Firmen und Einrichtungen. In dieser Reihe besuchten jetzt 16 Teilnehmer am vergangenen Donnerstagabend (10.4.) das Kurhotel FeelMoor.
mit Bildergalerie
veröffentlicht am 12. April 2025
500 Jahre Bauernkrieg

Enthüllung der Gedenktafel am Leprosenhaus weckt großes Interesse

Bad Wurzach – Es war der 14. April des Jahres 1525: Am Wurzacher Leprosenberg kommt es zur Schlacht zwischen aufständischen Bauern und den Truppen der Obrigkeit. Auf den Tag genau 500 Jahre danach, am 14. April des Jahre 2025, wurde am Ort des Geschehens eine Gedenktafel enthüllt. Unser Reporter Uli Gresser berichtet:
mit Bildergalerie
veröffentlicht am 16. April 2025

TOP-THEMEN

Alttann – Eine „Fastenkrippe“ ist derzeit in der Pfarrkirche St. Nikolaus Alttann aufgestellt. Diese ist allerdings m…
Isny – Gemeinsam mit der Gemeinde feierten neun Konfirmandinnen im Sonntags-Gottesdienst Judika (6. April) in der Eva…
Kißlegg – Zwischen Kißlegg und Wangen – auf der Höhe von Sommersried – kam es am Dienstagabend (15.4.) gegen 19.00 Uh…

VERANSTALTUNGEN