Lebendiges Eintauchen in das Allgäu des dramatischen Jahres 1525

Altusried – „Frei sind wir und frei wollen wir sein!“ Der Forderung der Bauern anno 1525 ist der Titel der diesjährigen Aufführung des Freilichttheaters Altusried. Am vergangenen Samstag, 14. Juni, war Premiere des beeindruckenden Stückes, bei dem 500 Leute aus dem Dorf mitspielen. Unser Reporter Hans Reichert war dabei. Hier sein Bericht:

Auf dem Weg zur Premiere. Die Musikanten aus Kimratshofen hatten zuvor die Gruppen im Umzug durch den Ort zur Freilichtbühne begleitet.
Altusried, ein Ort mit über 130 Jahren Theatertradition, präsentiert in diesem Sommer ein beeindruckendes Freilichtspiel, das die Geschichte des Volksaufstands von 1525 im Allgäu auf faszinierende Weise lebendig werden lässt. Das Stück verbindet historische Genauigkeit mit emotionaler Dramatik und bietet den Zuschauern eine einzigartige Gelegenheit, in die Vergangenheit einzutauchen.
Im Mittelpunkt steht die junge Bauerntochter Emilia, die heimlich lesen gelernt hat – eine außergewöhnliche Fähigkeit für eine junge Frau aus einer armen Bauernfamilie. Sie liest in der Bibel, kennt Martin Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ und das Flugblatt der Zwölf Artikel der Schwäbischen Bauernschaft. Diese reformatorischen und demokratischen Ideen, verbreitet dank der kurz zuvor errungenen Druckerkunst, beschleunigen den Konflikt zwischen Obrigkeit und dem „gemeinen Mann“. Emilia fordert mutig die freie Wahl der Ortspfarrer und stellt die gottgewollte Ordnung in Frage, wofür sie vom der alten Ordnung verbundenen Ortspfarrer und den Obrigkeiten als ungebildetes Schandmaul abgestempelt wird.
Geschichte vergegenwärtigt

Altusrieds Bürgermeister ist stolz auf die Leistung seiner Gemeinde.
Das Stück zeigt eindrucksvoll, wie die Bauern im Allgäu für ihre Rechte aufstehen. Bürgermeister Max Boneberger (seit 2023 im Amt; zuvor war er Ortsvorsteher von Rohrdorf bei Isny) lobt den Einsatz der über fünfhundert Mitwirkenden, die die Geschichte in die Gegenwart holen: „Sie bringen unsere Geschichte in die Gegenwart, der Abend wird zu einer Reise in die Vergangenheit von Aufruhr, Hoffnung und Freiheit.“ Besonders die Szene, in der Emilia und ihr Bruder Jakob in der Gewalt der Landsknechte sind, bildet den dramatischen Höhepunkt des Stücks und macht die historische Spannung greifbar.

Schlüsselszene des Stücks: Emilia soll ihren Freiheitsideen abschwören.
Das Theaterstück thematisiert auch die Konflikte um Allmendrechte, die Enteignung der Waldnutzung und die schmerzliche Abgabe des Zugochsen einer Familie als Todfall-Abgabe, was die Härte der damaligen Lebensumstände verdeutlicht. Die Obrigkeit, vertreten durch Pfarrer, Bauernjörg und den Fürstabt aus Kempten, versucht, die aufkommende Revolution zu unterdrücken, doch die reformatorischen Ideen und die Forderung nach Freiheit gewinnen an Kraft. Der Historiker Peter Blickle (aufgewachsen in Leutkirch, Professor in Bern geworden) beschreibt dieses Erwachen treffend: „Der Bauer ist witzig geworden.“ „Witzig“ meinte früher: wissend.
Die Naturkulisse passt einfach
Das Freilichtspiel macht deutlich, wie mutig und revolutionär es war, wenn ein Bauernmädchen wie Emilia die Zwölf Artikel zitiert und für Freiheit eintritt. Es ist eine Geschichte, die im Allgäu spielt, aber universelle Themen von Gerechtigkeit und Selbstbestimmung anspricht. Die lebendige Naturkulisse, die authentischen Darstellungen und die engagierten Mitwirkenden sorgen für ein unvergessliches Theatererlebnis.

Kanonenfeuer im Allgäu-Idyll.
In einer Zeit, in der das Thema Freiheit aktueller denn je ist, lädt dieses Stück dazu ein, die Vergangenheit zu reflektieren und die Bedeutung von Mut und Gerechtigkeit neu zu entdecken. Tausende Interessierte haben in diesem Sommer die Gelegenheit, diese spannende Geschichte hautnah zu erleben und sich von ihrer Kraft inspirieren zu lassen.
Die Story haben große Teile der Altusrieder Spielergemeinschaft in mehrtägigen Workshops selbst mitentwickelt, gemeinsam mit Autor Christian Schönfelder und Regisseur Sebastian Schwab.


Der Bauer verweigert die Abgaben.

Emilia pocht auf die Freiheit, die aus dem Evangelium kommt. Von links nach rechts: Christian Kaps (spielt Blasi Brack), Manuel Brunner (spielt Alois), Katja Wirthensohn (spielt Emilia), Thomas Öder (spielt Dorfpfarrer Reicher).

Schwur auf den Bundschuh.

Natürlich war die Premiere ausverkauft. Unter den Besuchern aus nah und fern war auch Leutkirchs Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle mit Frau.

Der Hauptmann der Landsknechte.

Auf in den Kampf.

Der Maibaum wird aufgestellt.

Das Mai-Fest.

Der Ortspfarrer – ein Exponent der alten Ordnung – findet kein Gehör.

Die Mienen der Bauern: Versteinert. In Pfarrers Gesicht spiegelt sich Resignation.

Franz und Emilia – eine zarte Liebesgeschichte.

Die Gefahr naht, die Festesfreude verfliegt.



Landsknechte sind im Anmarsch.

Adelige Damen.

Trommler künden Unheil an.

Die feine Gesellschaft.

Herrschaftliches Gespann. Pferde sind im Freilichttheater einfach unverzichtbar.

Landsknechte und Berittene begleiten die Adelsgesellschaft.

Der Fürstabt von Kempten vertritt die vermeintlich göttliche Ordnung.

Franz und Emilia treffen sich beim Wasserholen.

Zwei Bauersfrauen.


Bauern plündern eine Burg.


Kanonenfeuer. Das Freilichttehater bietet Spektakel für alle Sinne.

Landsknechte werden vom Hauptmann (rechts) vergattert.

Brennendes Bauernhaus.

Die Staatsmacht, der Schwäbische Bund, ist aufmarschiert.
Fazit: Das Freilichtspiel in Altusried verbindet historische Genauigkeit mit emotionaler Dramatik und schafft so ein beeindruckendes Erlebnis, das sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt. Ein absolutes Muss für alle, die Geschichte lebendig erleben möchten!
Text, Fotos und Video: Hans Reichert